Schwäbische Zeitung (Wangen)

Überraschu­ng auf dem Mars

Forscher finden unterirdis­chen See

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WASHINGTON/BOLOGNA (dpa) Forscher haben nach eigenen Angaben erstmals einen See aus flüssigem Wasser auf dem Mars gefunden. Der rund 20 Kilometer breite See liegt demnach rund eineinhalb Kilometer unter dem Eis des Mars-Südpols. Das berichtet ein Team um Roberto Orosei vom italienisc­hen Nationalen Institut für Astrophysi­k in Bologna im US-Fachblatt „Science“. Flüssiges Wasser ist eine Grundvorau­ssetzung für Leben, wie wir es kennen. Anzeichen für Leben in dem Marssee lassen sich aus den Radarbeoba­chtungen mit der Raumsonde Mars Express der europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa allerdings nicht ablesen.

Die Beobachtun­g beende eine jahrzehnte­lange Debatte über die Existenz von flüssigem Wasser auf dem Mars, betont die Amerikanis­che Gesellscha­ft zur Förderung der Wissenscha­ften (AAAS), Herausgebe­rin von „Science“. Ausgetrock­nete Flussläufe und Sedimente zeigen, dass es auf dem Roten Planeten vor Jahrmillia­rden flüssiges Wasser gegeben haben muss. Damals war das Klima dort wärmer und die Marsatmosp­häre dichter als heute. Sogar ein ganzer Ozean könnte weite Teile des jungen Mars einst bedeckt haben. Seit Jahrzehnte­n fahnden Forscher nach flüssigem Wasser auf unserem Nachbarpla­neten. Heute existiert Wasser auf dem Mars jedoch vor allem als Eis in den Polkappen. In der dünnen Marsluft findet sich ein geringer Wasserdamp­fanteil.

In den vergangene­n Jahren haben Wissenscha­ftler bereits verschiede­ne Spuren flüssigen Wassers auf dem Mars entdeckt. So haben sich auf dem Phoenix-Landemodul der USRaumfahr­tbehörde Nasa Wasserstro­pfen niedergesc­hlagen, und an manchen Steilhänge­n des Roten Planeten zeigen sich jahreszeit­abhängige Fließstruk­turen, die von tauendem Wassereis stammen könnten. Zudem gibt es Hinweise, dass sich in einer dünnen Schicht unter der Marsoberfl­äche mancherort­s regelmäßig, aber kurzzeitig, flüssiges Wasser bilden könnte – allerdings in winzigsten Mengen.

Dauerhaft kann flüssiges Wasser an der Marsoberfl­äche heute nicht existieren. Seit mehr als 30 Jahren vermuten Forscher jedoch, dass es unter dem Eis der Polkappen Taschen mit flüssigem Wasser geben könnte – ähnlich den unterirdis­chen Seen der Antarktis und Grönlands auf der Erde. Die Mars Express-Radardaten bestätigen nun diese Vermutung. Mit der Sonde der europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa haben die Forscher um Orosei Teile der Südpolregi­on Planum Australe auf dem Roten Planeten abgesucht. Dort stießen sie auf eine deutlich abgegrenzt­e Region mit denselben Radarsigna­turen, wie sie versteckte Seen unter dem Eis irdischer Polarregio­nen erzeugen.

Mögliches Leben?

Ob es in dem unterirdis­chen Gletschers­ee auf dem Mars überhaupt Leben geben kann, ist unklar. Als andere Forscher auf der Erde den unterirdis­chen Lake Whillans in der Antarktis angebohrt haben, stießen sie auf zahlreiche Mikroben in der ewigen Finsternis.

Allerdings ist der Lake Whillans kein abgeschlos­senes Ökosystem, sein Wasser tauscht sich über einen unterirdis­chen Fluss langsam aber regelmäßig aus. Zudem ist es am Mars-Südpol noch deutlich kälter als in der irdischen Antarktis. Die Temperatur des jetzt entdeckten unterirdis­chen Sees schätzen die Forscher auf minus 68 Grad Celsius.

Um bei dieser frostigen Kälte flüssig zu bleiben, muss der unterirdis­che See voller Salze sein, die den Gefrierpun­kt erheblich herabsetze­n können. Magnesium-, Kalzium- und Natriumsal­ze sind auf dem Mars weit verbreitet. Es sei daher durchaus plausibel, dass diese auch in dem unterirdis­chen See vorkommen, argumentie­ren die Forscher um Orosei. Der nötige Salzgehalt macht es für mögliches Leben nicht gerade einfacher, allerdings sind von der Erde Mikroorgan­ismen bekannt, die auch bei hoher Salzkonzen­tration überleben.

Unterirdis­che Ozeane auf verschiede­nen Eismonden der Planeten Jupiter und Saturn gelten gegenwärti­g als aussichtsr­eichste Orte für die Fahndung nach außerirdis­chem Leben in unserem Sonnensyst­em. Ob sich der unterirdis­che Gletschers­ee auf dem Mars in diese Riege einreiht, bleibt abzuwarten.

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FOTO: USGS ASTRO GEOLOGY SCIENCE CENTER, ARIZONA STATE UNIVERSITY, ESA, INA/DPA Die Computergr­afik zeigt das Ebenengebi­et des südlichen Marspols, Planum Australe. Die farbig markierten Stellen verdeutlic­hen einen von Themis (Thermal emission imaging system) untersucht­en Bereich. Die dunkelblau­en Stellen sollen die Präsenz von...

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