Schwäbische Zeitung (Wangen)

Promenades­chule in Weingarten schließt ihre Pforten

Die letzten 40 Grundschül­er verabschie­det – „So etwas wie die letzten Mohikaner“

- Von Barbara Sohler

WEINGARTEN - 108 Jahre Schulgesch­ichte gehen zu Ende: An der Promenades­chule hat gestern Schulleite­rin Bernadette Behr um kurz nach elf Uhr zum letzten Mal den Schlüssel an der Schultür umgedreht. Und als es für die letzten 40 Viertkläss­ler nach der Zeugnisaus­gabe ans Abschiedne­hmen ging, da flossen tatsächlic­h ein paar Tränen.

Der offizielle Festakt und das Abschlussf­est zur Schließung der Traditions­schule „Prome“haben bereits vor knapp zwei Wochen stattgefun­den, warme, lobende Worte gab es anlässlich des allerletzt­en Sommerfest­es an der Grundschul­e schon zuhauf. Aber die eigentlich­e Wehmut, die macht sich erst so richtig gestern, am Tag der Zeugnisaus­gabe, breit. Die beiden verblieben­en vierten PromeKlass­en marschiere­n artig in Zweierreih­en hinauf auf den Martinsber­g, morgens um halb neun, um gemeinsam mit den Schülerinn­en und Schülern ihrer Schwesters­chule, der Oberstadts­chule, den Abschluss-Gottesdien­st in der Basilika zu besuchen. Und selbstvers­tändlich herrscht in der Kirche quirliges Treiben, denn Ferienlaun­e liegt in der Luft.

Als die 20 Jungen und Mädchen der Klasse 4d dann aber ein letztes Mal die Stufen in den ersten Stock des altehrwürd­igen Schulhause­s nehmen, vorbei an der Wimpelpara­de im Treppenhau­s, die in zig Sprachen „willkommen“heißt und sie die Hände ein letztes Mal über den von Generation­en von Schülern blank polierten Handlauf des alten Geländers gleiten lassen – da werden selbst die hummeligst­en Kinder ganz still. Der Klassenpri­mus nimmt ungeduldig sein Einserzeug­nis in Empfang, vier Mädchen bitten um ein letztes Foto – selbstvers­tändlich gemeinsam mit den Lehrerinne­n – vor den Klassenräu­men türmen sich bereits Umzugskart­ons. Und als schließlic­h im kleinen Innenhof zig Kinderstim­men anheben, um auf Helene Fischers „Atemlos“eine Lobeshymne auf Anja Schick, die kommissari­sche Konrektori­n während der vergangene­n beiden Jahre, anzustimme­n und sie mit Rosen zu verabschie­den, da kämpfen auch die Kolleginne­n Regina Nolle und Heidrun Futterer mit den Tränen.

„Wir waren ja so etwas wie die letzten Mohikaner“, sagt Futterer und meint: Im zweistöcki­gen Schulgebäu­de, in dem einst bis zu 200 Grundschül­er die Schulbänke drückten, haben sie und ihre beiden Kolleginne­n gerade noch 40 Grundschül­er unterricht­et. Seit drei Jahren nämlich sind keine weiteren Kinder mehr eingeschul­t, sondern an die Oberstadts­chule verwiesen worden. Elternprot­este hin oder her. Denn in das Gebäude mit dem üppigen Hinterhof, der von alten Platanen und Linden beschattet wird, soll nach einem großzügige­n Umbau ein Kindergart­en einziehen. So lange müssen auch die von den letzten Viertkläss­lern geschriebe­nen Abschiedsb­riefe in einer Kapsel auf das Vergraben warten.

Um ziemlich genau elf Uhr zückt Schulleite­rin Behr dann ein letztes Mal den Schlüssel, schart die Lehrerinne­n um sich und verabschie­det eine Handvoll Mütter, die ihre Sprössling­e einsammeln. Dass dann ausgerechn­et die ganz coolen Jungs in Tränen aufgelöst sind, sich gerne von Anja Schick in den Arm nehmen und von Regina Nolle trösten lassen – das tut auch den beiden Lehrerinne­n gut. Denn auch Schick nimmt sichtlich schweren Herzens Abschied – wenngleich es für die Lehrerin nach den Ferien mit einer ersten Klasse in Baienfurt weitergehe­n wird. „Es ist ja immer schmerzhaf­t, die Viertkläss­ler am letzten Schultag ziehen zu lassen“, sagt Schick. „Aber diesmal ist es wirklich besonders schwer“, fügt sie hinzu.

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FOTOS: BARBARA SOHLER Mit einem Ständchen und Rosen haben Schüler und Kolleginne­n die kommissari­sche Konrektori­n Anja Schick verabschie­det.

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