Promenadeschule in Weingarten schließt ihre Pforten
Die letzten 40 Grundschüler verabschiedet – „So etwas wie die letzten Mohikaner“
WEINGARTEN - 108 Jahre Schulgeschichte gehen zu Ende: An der Promenadeschule hat gestern Schulleiterin Bernadette Behr um kurz nach elf Uhr zum letzten Mal den Schlüssel an der Schultür umgedreht. Und als es für die letzten 40 Viertklässler nach der Zeugnisausgabe ans Abschiednehmen ging, da flossen tatsächlich ein paar Tränen.
Der offizielle Festakt und das Abschlussfest zur Schließung der Traditionsschule „Prome“haben bereits vor knapp zwei Wochen stattgefunden, warme, lobende Worte gab es anlässlich des allerletzten Sommerfestes an der Grundschule schon zuhauf. Aber die eigentliche Wehmut, die macht sich erst so richtig gestern, am Tag der Zeugnisausgabe, breit. Die beiden verbliebenen vierten PromeKlassen marschieren artig in Zweierreihen hinauf auf den Martinsberg, morgens um halb neun, um gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern ihrer Schwesterschule, der Oberstadtschule, den Abschluss-Gottesdienst in der Basilika zu besuchen. Und selbstverständlich herrscht in der Kirche quirliges Treiben, denn Ferienlaune liegt in der Luft.
Als die 20 Jungen und Mädchen der Klasse 4d dann aber ein letztes Mal die Stufen in den ersten Stock des altehrwürdigen Schulhauses nehmen, vorbei an der Wimpelparade im Treppenhaus, die in zig Sprachen „willkommen“heißt und sie die Hände ein letztes Mal über den von Generationen von Schülern blank polierten Handlauf des alten Geländers gleiten lassen – da werden selbst die hummeligsten Kinder ganz still. Der Klassenprimus nimmt ungeduldig sein Einserzeugnis in Empfang, vier Mädchen bitten um ein letztes Foto – selbstverständlich gemeinsam mit den Lehrerinnen – vor den Klassenräumen türmen sich bereits Umzugskartons. Und als schließlich im kleinen Innenhof zig Kinderstimmen anheben, um auf Helene Fischers „Atemlos“eine Lobeshymne auf Anja Schick, die kommissarische Konrektorin während der vergangenen beiden Jahre, anzustimmen und sie mit Rosen zu verabschieden, da kämpfen auch die Kolleginnen Regina Nolle und Heidrun Futterer mit den Tränen.
„Wir waren ja so etwas wie die letzten Mohikaner“, sagt Futterer und meint: Im zweistöckigen Schulgebäude, in dem einst bis zu 200 Grundschüler die Schulbänke drückten, haben sie und ihre beiden Kolleginnen gerade noch 40 Grundschüler unterrichtet. Seit drei Jahren nämlich sind keine weiteren Kinder mehr eingeschult, sondern an die Oberstadtschule verwiesen worden. Elternproteste hin oder her. Denn in das Gebäude mit dem üppigen Hinterhof, der von alten Platanen und Linden beschattet wird, soll nach einem großzügigen Umbau ein Kindergarten einziehen. So lange müssen auch die von den letzten Viertklässlern geschriebenen Abschiedsbriefe in einer Kapsel auf das Vergraben warten.
Um ziemlich genau elf Uhr zückt Schulleiterin Behr dann ein letztes Mal den Schlüssel, schart die Lehrerinnen um sich und verabschiedet eine Handvoll Mütter, die ihre Sprösslinge einsammeln. Dass dann ausgerechnet die ganz coolen Jungs in Tränen aufgelöst sind, sich gerne von Anja Schick in den Arm nehmen und von Regina Nolle trösten lassen – das tut auch den beiden Lehrerinnen gut. Denn auch Schick nimmt sichtlich schweren Herzens Abschied – wenngleich es für die Lehrerin nach den Ferien mit einer ersten Klasse in Baienfurt weitergehen wird. „Es ist ja immer schmerzhaft, die Viertklässler am letzten Schultag ziehen zu lassen“, sagt Schick. „Aber diesmal ist es wirklich besonders schwer“, fügt sie hinzu.