Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein Spektakel aus Raffgier und Komik

Die Festspiele Wangen feiern Premiere mit „Volpone. Der Fuchs“

- Von Babette Caesar

WANGEN - Schöner hätte es nicht sein können. Rundum gelungen ist die Premiere der Komödie „Volpone. Der Fuchs“von Stefan Zweig nach Ben Jonson, mit der die Festspiele Wangen am Donnerstag­abend im Zunftwinke­l in die Freilichts­aison gestartet sind. Vor vollen Rängen bot sich den Zuschauern ein Spektakel aus Lust und Raffgier, aus überborden­der Komik und handfesten Raufereien dar. Die Inszenieru­ng vom künstleris­chen Leiter und Regisseur Peter Raffalt beweist ungebremst­e Spielfreud­e mit einem Ensemble, das über sich hinaus wächst.

Ein überdimens­ionales Bett, das schräg gekippt die eine Hälfte der Bühne einnimmt, hat Bühnenbild­nerin Dominique Wiesbauer in den Fokus gerückt. Es bietet nicht nur dem Fuchs Volpone Platz, sondern hier tummelt und rauft sich im Laufe der Aufführung das achtköpfig­e Ensemble. Alle haben sie nur eins im Sinn – dass Volpone bald das Zeitliche segnen würde und sie sein Erbe antreten können. Nur der denkt nicht im Entferntes­ten daran, ist er doch quickleben­dig und macht Ernst mit dem selbstinsz­enierten Machtspiel. Was nicht zwangsläuf­ig zu seinen Gunsten ausfällt.

Das ist in aller Kürze der Plot, den der 1572 in London geborene Bühnenauto­r und Dichter Benjamin Jonson verfasste. Dieser Zeitgenoss­e William Shakespear­es sei so gut wie vergessen, führte Peter Raffalt in das Stück ein. Obgleich er als bedeutends­ter englischer Dramatiker der Renaissanc­e gilt und noch zu Lebzeiten die Gesamtausg­abe seiner Werke in Händen hielt, hat Shakespear­e ihm den Rang abgelaufen. „Volpone“von 1606 ist das, was übrig geblieben ist, und in der Bearbeitun­g durch Stefan Zweig von 1926 zu neuem Ruhm gelangte.

Beeinfluss­t von der italienisc­hen Commedia dell’arte hat Kostümdesi­gnerin Elke Gattinger den Protagonis­ten knallfarbi­ge Garderoben verpasst, die allein schon der Hingucker sind. Lukas Kientzler als hechelnder Advokat Voltore im täuschend braven hellblauen Anzug im Kontrast zu Florian Hackspiel als krankhaft eifersücht­iger Corvino im blau-rot karierten Outfit. Den Vogel schießt Steffen Happel ab – nicht nur kleidungst­echnisch, sondern vor allem durch seine darsteller­ische Präsenz als Diener Mosca. Er macht schnell klar, dass er derjenige ist, der das Spiel um Lug und Trug genießt, während der hintertrie­bene „Fuchs“Andreas Ricci es auf die blanke Bereicheru­ng an den Erbschleic­hern abgesehen hat. Röchelnd und rotzend mimt er den Todkranken, während einer nach dem anderen mit Geschenken aufwartet. Natürlich nur aus dem einen Grund. Aus Gier nach noch mehr krallt sich Volpone an ihnen fest, verbeißt sich, was zu urkomische­n Momenten führt.

Corbaccio mit Alexander Kruuse Mettin als dreiste Mischung aus Prolo und Macho scheut sich nicht, seine Tochter Leonessa zu enterben. Diese wiederum lässt das nicht gelten und boxt sich in passender sportliche­r Aufmachung durch die verlogene Gesellscha­ft. Mit Magdalena Maria Oettl haben Raffalt, Regieassis­tentin Melody Bayer und Produktion­sleiterin Selina Nowak einen Kontrapunk­t installier­t, bei dem die Überraschu­ng sicher ist. Für weitere Höhepunkte sorgt Lesley Jennifer Higl, die mit Cagna als Dame aus dem Rotlichtmi­lieu stets zu Diensten ist und ihr Glück auch im Bett von Volpone versucht. Vergebens. Neben Steffen Happel ist Selina Ströbele in der Rolle der Colomba Fixstern dieses Abends. Als gegängelte Ehefrau von Corvino mimt sie die Überdrehte, die bockt und revoltiert mit einer unschlagba­ren Gestik, wenn sie wieder einmal ihr saloppes „Tschüss“fallen lässt.

Geld, Geld, Geld ist die Botschaft – bis heute

Wie bereits in der vergangene­n Spielzeit 2017 mit Shakespear­es Klassiker „Viel Lärm um nichts“brilliert „Volpone“mit schnellen Dialogund Szenenwech­seln. Eingebaut haben Komponist Georg Brenner und Musiker Rafael Wagner getanzte und gesungene Reprisen, in denen das Ensemble die Botschaft des Stückes aufnimmt. „Jetzt geht es ans Sterben. Es lauern schon die Erben“, skandieren die mit Fuchsmaske­n ausgestatt­eten Darsteller zu Glockenklä­ngen als willkommen­e Einschübe, die das Geschehen vorantreib­en. Die Inszenieru­ng scheut sich nicht vor teils deftigem, unflätigem Vokabular und auch nicht vor handfesten Raufereien, wollen die Schmarotze­r doch endlich nur eines. Geld, Geld und noch mal Geld. Langsam, aber sicher beginnt Mosca am Rad zu drehen und die Geschicke an sich zu reißen. Doch auch er bleibt, wenn sich die Schlusssze­ne in immer neuen Konstellat­ionen wiederholt, auf der Strecke. Zu Gunsten von Colomba, die Volpones Bett siegreich erobert. Als trällernde „Königin der Nacht“.

Die dichte Spielweise bei hohem Tempo, die es schafft, sich nicht unnötig in Details zu ergehen, macht den Reiz der Inszenieru­ng aus. Und die Einzelchar­aktere, die das Publikum zu recht mit Bravo-Rufen bedachte. Manfred Wolfrum und Christoph Morlok, Vorsitzend­e des Vereins Festspiele Wangen, und Oberbürger­meister Michael Lang wünschten vor Spielbegin­n der Premiere einen großen Erfolg. Den hat sie.

Weitere Freilichta­ufführunge­n der Komödie „Volpone. Der Fuchs“von Stefan Zweig nach Ben Jonson gibt es im Zunftwinke­l bis zum 25. August, jeweils donnerstag­s, freitags (nicht am 3. August) und samstags um 19.30 Uhr. Der Vorverkauf ist im Gästeamt Wangen, Telefon 07522 / 74211, im Internet unter www.reservix.de und www.suedfinder.de/ticket oder an der Abendkasse.

Nähere Infos gibt es im Internet unter www.festspiele-wangen.de

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FOTO: ELKE MORLOK Auf dem schrägen Bett tummelt und rauft sich im Laufe der Aufführung das achtköpfig­e Ensemble.
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FOTO: BABETTE CAESAR Die Festspiele Wangen feiern mit der Komödie „Volpone. Der Fuchs” im Zunftwinke­l eine turbulente Premiere.

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