Mit gutem Gewissen in der Türkei Urlaub machen?
Nein, es ist beileibe nicht so, dass ich Recep Tayyip Erdogan die Augen küssen möchte, wie der fiese Despot es Mesut Özil angedroht hat. Geschweige denn ein anderes Körperteil.
Über den von Allmachtsfantasien geplagten Autokraten am Bosporus gibt es wohl vernünftigerweise keine zwei Meinungen. Deshalb aber nicht in die Türkei reisen? Das geht dann doch etwas zu weit!
Oder haben wir etwa auch schon andere Länder auf die schwarze Liste gesetzt? Die USA beispielsweise mit ihrem grandiosen Präsidenten, wo Todesurteile nach wie vor vollstreckt werden? Russland mit einem lupenreinen Demokraten an der Staatsspitze? Italien, wo Neofaschisten zur munteren Jagd auf Sinti und Roma blasen? Tunesien, wo Inhaftierte von Folter bedroht sind? Eben. Viel wichtiger allerdings: Gerade in den touristisch bedeutsamen Regionen der Türkei leben und arbeiten die Menschen, die Erdogan nicht die Stange halten, die mit der Demokratie nicht auf Kriegsfuß stehen. Sie müssten besonders leiden unter einem Boykott der Urlauber, nicht der selbsternannte Sultan in seinem prächtigen Palast. Wollen wir die Aufrechten so tatsächlich auch noch in die Arme von Recep Tayyip Erdogan treiben? Es ist ihr sehenswertes Land, nicht das des Despoten.
Ein Boykott der Urlauber trifft die Falschen.
Von Dirk Uhlenbruch