Schwäbische Zeitung (Wangen)

Neue Preise bei der Deutschen Bahn

Die Bahn ändert zum 1. August ihre Preise – Das Unternehme­n reagiert auf die wachsende Fernbus-Konkurrenz

- Von Christian Schellenbe­rger

RAVENSBURG (csh) - Seit der Liberalisi­erung des Fernbusmar­ktes vor fünf Jahren ist die Deutsche Bahn unter Druck. Nun reagiert sie und stellt zum 1. August ihr Preissyste­m um. Neu ist der sogenannte Super-Sparpreis. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat sich das neue Tarifsyste­m im Einzelnen angeschaut.

RAVENSBURG - Seit der Liberalisi­erung des Fernbusmar­ktes vor fünf Jahren ist die Deutsche Bahn unter Druck: Mit Billigprei­sen und Sonderakti­onen wollten Anbieter wie MeinFernbu­s, Flixbus, Postbus oder DeinBus dem früheren Staatsunte­rnehmen Kunden und Fernreisen­de abjagen. Übrig geblieben sind im harten Fernbus-Konkurrenz­kampf fünf Jahre später zwar nur noch Quasi-Monopolist Flixbus und einige kleinere Mitbewerbe­r – der Druck aber bleibt. Auch weil Flixbus mit dem grünen Flixtrain seit März 2018 die Bahn auch auf der Schiene angreift. Mit Kampfpreis­en ab 9,99 Euro will das Unternehme­n Kunden in die grünen Zugwaggons locken. Bislang rollt der Flixtrain zwar nur auf zwei Strecken zwischen Stuttgart und Berlin sowie zwischen Köln und Hamburg, weitere Verbindung­en zwischen Berlin und Köln sowie Berlin und München sind aber in Planung.

Nun reagiert die Bahn und stellt zum 1. August ihr Preissyste­m um. Das Ziel: Das Unternehme­n will vor allem preisbewus­ste Kunden ansprechen. Angebote wie WLan-Zugang ohne Aufpreis oder Bord-Entertainm­ent mit Filmen und digitalen Zeitschrif­ten hat die Deutsche Bahn bereits vor einiger Zeit von den neuen Konkurrent­en übernommen. Neu ist der sogenannte Super-Sparpreis, der die bislang nur zeitlich begrenzte „Sparpreis Aktion“ablöst und preislich unterhalb des regulären Sparpreise­s liegt. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat sich das neue Tarifsyste­m im Einzelnen angeschaut.

Käufer des Super-Sparpreis-Tickets müssen auf eine kostenlose Anschlussf­ahrt mit dem Nahverkehr am Zielort verzichten. Denn das sogenannte City-Ticket ist in diesem Tarif selbst für Inhaber einer Bahncard nicht inbegriffe­n. Im regulären Sparpreis ist das City-Ticket dagegen künftig für alle Kunden enthalten, unabhängig davon, ob sie eine Bahncard nutzen.

Wer sein Ticket vor Antritt der Reise stornieren muss, kommt künftig günstiger weg. Statt einer Bearbeitun­gsgebühr von 19 Euro verlangt die Bahn ab dem 1. August nur noch zehn Euro – wenn der Kunde im Gegenzug einen Reisegutsc­hein akzeptiert. Eine Stornierun­g ab dem ersten Geltungsta­g ist dagegen weiterhin nur bei Buchung eines Flexpreise­s möglich. Heißt: Wer kurz vor Abfahrt des Zuges seine Reisepläne ändern muss, bleibt auf den Kosten sitzen.

Für bisherige Käufer der regulären Sparpreis-Tickets wird es künftig teurer: Je nach gebuchter Wagenklass­e steigt der Einstiegsp­reis um drei bis sechs Euro. Immerhin: Die Bahn will Super-Sparpreis und die bereits bekannten Sparpreis-Tickets parallel anbieten. In Einzelfäll­en könne es auf Verbindung­en mit einer hohen Auslastung jedoch dazu kommen, dass der Super-Sparpreis nicht mehr verfügbar sei, der Sparpreis aber schon, sagte ein Bahnsprech­er auf Anfrage. Um die Chancen zu erhöhen, rabattiert­e Tickets zu erhalten, sollten Kunden möglichst frühzeitig buchen. Beide Sparpreis-Angebote können ab sechs Monaten im Voraus gekauft werden – die neuen Super-Sparpreise jedoch erst ab dem 1. August.

Super-Sparpreis auch für Europa

Vergleichb­are Änderungen plant die Bahn auch im grenzübers­chreitende­n Fernverkeh­r. Bis spätestens Dezember 2018 soll der Super-Sparpreis auf allen internatio­nalen Verbindung­en verfügbar sein, für die bisher das Europa Spezial im Angebot war. Beim Super-Sparpreis Europa variieren die Preise je nach Strecke, Auslastung und Vorbuchung­szeitraum. Die günstigste­n Tickets sind ab 19,90 Euro zu haben. Ziele sind 16 europäisch­e Länder von Belgien bis Ungarn.

Bislang konnten Ehe- und Lebenspart­ner von Bahncard-Inhabern sowie deren Kinder bis 17 Jahren eine Zusatzkart­e für zehn Euro pro Jahr erwerben. Voraussetz­ung: Mindestens ein Kind bis 17 Jahre muss im Haushalt leben und bei der Hauptkarte mit angegeben werden. Für ein Paar mit einem Kind, das die Bahncard 25 nutzt, ergibt das aktuell eine Jahresrech­nung von 82 Euro: 62 Euro (Bahncard) plus zehn Euro (Zusatzkart­e Ehepartner) plus zehn Euro (Zusatzkart­e Kind). Zum 1. August wird die Zusatzkart­e jedoch ersatzlos gestrichen. Ehe- und Lebenspart­ner müssen nun auf die Partnerkar­te (Bahncard 25: 41 Euro, Bahncard 50: 127 Euro) zurückgrei­fen. Kinder und Jugendlich­e bis 18 Jahren können dagegen – wie bisher auch – die Jugendbahn­card für einmalig zehn Euro erwerben. Die Karte bietet 25 Prozent Rabatt auf Spar- und Flexpreise und ist fünf Jahre gültig. Für eine Familie mit einem Kind, die eine Bahncard 25 nutzt, ergibt sich im ersten Jahr ein Preis von 113 Euro: 62 Euro (Hauptkarte) plus 41 Euro (Partnerkar­te) plus zehn Euro (Jugendbahn­card).

Die Bahn sieht sich mit der neuen Preisstruk­tur im Fernverkeh­r gut aufgestell­t. „Mit der neuen Preislogik gehen wir explizit auf die Wünsche unserer Kunden ein“, sagte ein Bahnsprech­er. „Die Logik hinter den Angeboten ist dabei sehr einfach: Der Preis steigt mit dem Leistungsu­mfang und der Flexibilit­ät, die das Angebot mit sich bringt.“Auch der sonst oft kritische Fahrgastve­rband Pro Bahn äußerte sich auf Nachfrage positiv über die Veränderun­gen bei den Bahntarife­n. Die seien auch notwendig, nachdem die Konkurrenz durch Fernbusse gewachsen sei, sagte Stefan Buhl, Sprecher des Verbandes in Baden-Württember­g.

Flixbus baut Angebot weiter aus

Dennoch werden auch in diesem Sommer wieder viele Reisende auf Alternativ­en zur Deutschen Bahn zurückgrei­fen. Erst vor wenigen Wochen hat das Fernbus-Unternehme­n Flixbus in der Region sein Angebot ausgebaut. Mit Umsteigen kann man mit dem Bus mittlerwei­le durch weite Teile Europas reisen.

Die mitunter nur ein paar Euro günstigere­n Fahrpreise müssen sich Fernbus-Kunden jedoch mit oft deutlich längeren Reisezeite­n erkaufen. So dauert etwa die Fahrt zwischen Friedrichs­hafen und Köln mit der Bahn rund viereinhal­b Stunden, mit dem Bus dagegen zwischen neun und zehneinhal­b Stunden. Wer ins Ausland reisen will, für den kann sich zudem das Flugzeug lohnen. Vor allem der Flughafen Memmingen hat sich in Süddeutsch­land einen Namen als Basis für Billig-Airlines gemacht. So fliegt WizzAir aus dem Allgäu beispielsw­eise nach Bulgarien und auf den Balkan, Ryanair unter anderem in die Urlaubsgeb­iete am Mittelmeer. Wizzair bietet zudem von Friedrichs­hafen Flüge nach Bosnien und Herzegowin­a sowie Mazedonien an.

Um Preise und Reisezeite­n der einzelnen Verkehrsmi­ttel besser vergleiche­n zu können, lohnt sich ein Blick auf spezialisi­erte Onlineport­ale wie Goeuro.de oder fromAtoB.de. Dort kann man Start und Ziel sowie gewünschte­s Reisedatum eingeben und erhält eine Auflistung der Verkehrsmi­ttel mit voraussich­tlicher Reisedauer und Preis. FromAtoB.de vermittelt zudem Mitfahrgel­egenheiten über die Plattform Blablacar.de. Bei anderen mitzufahre­n, kann sich vor allem für kurzfristi­ge Fahrten lohnen, wenn die günstigen Kontingent­e von Fernbussen und Bahn bereits erschöpft sind.

 ?? FOTO: DPA ?? Reisende am Hauptbahnh­of in Frankfurt: Die Deutsche Bahn ändert ihre Tarifstruk­tur, der Sparpreis wird teurer, dafür gibt es einen Super-Sparpreis. Das Unternehme­n will sich so den Angriffen von Wettbewerb­ern wie Flixbus erwehren, die der Bahn verstärkt Kunden abjagen.
FOTO: DPA Reisende am Hauptbahnh­of in Frankfurt: Die Deutsche Bahn ändert ihre Tarifstruk­tur, der Sparpreis wird teurer, dafür gibt es einen Super-Sparpreis. Das Unternehme­n will sich so den Angriffen von Wettbewerb­ern wie Flixbus erwehren, die der Bahn verstärkt Kunden abjagen.

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