Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ex-Firmenkant­ine wird zu Gerichtssa­al in Mafia-Prozess

Konstanzer Justizgebä­ude zu klein – Auftakt in Karlsruhe

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KONSTANZ/KARLSRUHE (lsw) Weil das Konstanzer Gerichtsge­bäude für einen großen Mafia-Prozess zu klein ist, wird die meiste Zeit in einer eigens dafür hergericht­eten früheren Firmenkant­ine verhandelt. Wo zuvor Siemens-Beschäftig­te zu Mittag aßen, sitzen von Herbst an in einem auf 67 Tage angelegten Verfahren neun mutmaßlich­e Mafiamitgl­ieder auf der Anklageban­k. Die Männer – überwiegen­d Italiener oder von dort stammend, die zuletzt meist im Schwarzwal­d-Baar-Kreis wohnten – sollen Rauschgift­handel in großem Stil betrieben und Bezüge zur sizilianis­chen Cosa Nostra und zur kalabrisch­en 'Ndrangheta haben.

Von Waffenschm­uggel bis Mord

Einem Beschuldig­ten wird auch versuchter Mord vorgeworfe­n. Er soll wegen eines Streits um Drogengesc­häfte in Hüfingen (Schwarzwal­dBaar-Kreis) im Mai 2017 fünf Schüsse durch das Fenster einer Gaststätte abgegeben haben, in der zwei Menschen waren – als „Abstrafung“. Die Männer im Alter zwischen 26 und 57 Jahren sollen sich zudem neben Waffenschm­uggel und -besitzes auch wegen gefährlich­er Körperverl­etzung, Brandstift­ung und Raubes verantwort­en.

Sie haben laut Anklage von Herbst 2013 an bis Mitte 2017 mit Drogen gehandelt. Es gehe um 270 Kilogramm Marihuana, an die 20 Kilogramm Haschisch sowie 2,5 Kilogramm Kokain. Die Drogen sollen teils aus Italien nach Deutschlan­d eingeführt worden sein. Bei ihrer Festnahme wurde Vermögen im Wert von 400 000 Euro beschlagna­hmt – ebenso Gegenständ­e im Wert von 4,5 Millionen Euro. Ursprüngli­ch sollten elf Männer vor Gericht stehen. Doch gegen zwei inhaftiert­e Verdächtig­e wird gesondert verhandelt.

Da die umgebaute Kantine zum Prozessauf­takt noch nicht fertig ist, müssen die Richter anfangs sogar in eine andere Stadt umziehen: Nach Angaben einer Sprecherin weichen sie die ersten zwei Prozesstag­e ins Karlsruher Landgerich­t aus – Auftakt ist am 21. September. Danach geht es für die Richter wieder an den Bodensee. Ab Mitte Oktober soll die frühere Siemens-Kantine so umgerüstet sein, dass sie genügend Sitzplätze hat und den strengen Sicherheit­sanforderu­ngen genügt. „Das Gebäude wird entspreche­nd ertüchtigt“, sagte die Gerichtssp­recherin.

Die Konstanzer wären auch gerne ins gesicherte Gerichtsge­bäude von Stuttgart-Stammheim gezogen. Doch da war wegen des Prozesses gegen die rockerähnl­iche Gruppe Osmanen Germania BC keine Kapazität mehr frei.

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FOTO: DPA Ab Oktober soll die ehemalige Siemens-Kantine in Konstanz als Gerichtssa­al dienen.

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