Spahn nimmt Krankenhäuser in die Pflicht
Der Gesundheitsminister plant Personal-Untergrenzen – Lauterbach fordert mehr Tempo
BERLIN - Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will Kliniken in Deutschland per Gesetz konkrete Vorgaben für die Zahl ihrer Pflegekräfte machen. Das geht aus dem überarbeiteten Entwurf für das sogenannte Pflegepersonal-Stärkungsgesetz hervor. Zustimmung kam vom GKV-Spitzenverband. Linken-Chef Bernd Riexinger forderte hingegen eine bedarfsgerechte Personalausstattung der Kliniken statt einer „Minimallösung“und kritisierte Spahns Fokus auf die Arbeitgeberseite.
Über die Pläne Spahns hatte am Samstag zuerst die „Berliner Zeitung“berichtet. Der Entwurf soll am kommenden Mittwoch im Kabinett beschlossen werden.
Pläne sollen ab 2020 greifen
Dem Gesetzentwurf zufolge soll ab 2020 für jedes Krankenhaus das Verhältnis zwischen Pflegekräften und Pflegeaufwand errechnet und veröffentlicht werden. Wenn dabei von einem Krankenhaus eine bestimmte Grenze unterschritten wird, drohen demnach als Sanktion Honorarkürzungen. Gesundheits-Staatssekretär Lutz Stroppe sagte dazu, damit werde „ein handhabbares, transparentes und schnell wirksames Instrument“geschaffen, um in den Krankenhäusern eine „gute Pflege und die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten“.
Der Gesetzentwurf wird am Mittwoch im Bundeskabinett beraten. Der „Münchner Merkur“berichtete zudem am Wochenende, Spahn wolle per Gesetz den Krankenhäusern für die Notfallversorgung zusätzliche Mittel zukommen lassen. Das Geld solle im Rahmen der Neuausrichtung der Notfallversorgung in Zuschläge fließen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf den Gesetzentwurf. Um die Zuschläge zu finanzieren, mussten demnach bislang vor allem die Kliniken, die die Voraussetzungen für die Notfallversorgung nicht erfüllen, größere Belastungen durch höhere Abschläge fürchten. Spahn habe sich nun aber für einen anderen Weg entschieden.
„Wir wollen, dass Krankenhäuser mit guter Qualität einen Zuschlag bekommen“, sagte der Minister dem „Münchner Merkur“. „Aber wir wollen nicht, dass es dabei durch Umverteilung zu Verwerfungen zwischen den Krankenhäusern kommt.“Daher werde „in einigen Bundesländern auch zusätzliches Geld ins System fließen müssen“.
GKV sieht „guten ersten Schritt“
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sprach von einem „guten ersten Schritt“, um Mindestanforderungen zur Personalausstattung in Kliniken zu etablieren. Eine ausreichende Zahl von Personal im OP sowie nachts und in einzelnen Abteilungen sei „unverzichtbar“, um die Sicherheit der Patienten nicht zu gefährden. Wichtig sei aber auch ein „schichtgenaues Erfassen“des Personals, mit „Durchschnittswerten“komme niemand voran.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach lobte Spahns Vorstoß – forderte aber auch mehr Tempo bei der Verbesserung der Personalsituation an den Krankenhäusern. „Das ist eine richtige Maßnahme, die aber eigentlich schon zu spät kommt“, sagte Lauterbach der „Schwäbischen Zeitung“zu den Plänen des Gesundheitsministers. Die SPD habe bereits in der vergangenen Legislaturperiode vergeblich versucht, verbindliche Personal-Mindeststandards durchzusetzen. Nun müsse es „endlich mehr Druck“geben, um die Lage zu verbessern. Lauterbach warnte: „Da drohen lebensgefährliche Situationen. Manche Stationen sind geschlossen, weil es nicht genügend Pflegekräfte gibt.“
Linke-Chef Riexinger forderte die schnelle Einführung einer gesetzlichen Personalbemessung im Krankenhaus und einen verbindlichen Personalschlüssel in der Altenpflege. Außerdem müsse es eine Ausbildungsoffensive in der Pflege geben. Die Krankenhäuser müssten verpflichtet werden, sofort zehn Prozent mehr Ausbildungsplätze anzubieten – das wären 8000 zusätzliche Pflegekräfte im Jahr.