Schwäbische Zeitung (Wangen)

Spahn nimmt Krankenhäu­ser in die Pflicht

Der Gesundheit­sminister plant Personal-Untergrenz­en – Lauterbach fordert mehr Tempo

- Von Andreas Herholz und Agenturen

BERLIN - Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) will Kliniken in Deutschlan­d per Gesetz konkrete Vorgaben für die Zahl ihrer Pflegekräf­te machen. Das geht aus dem überarbeit­eten Entwurf für das sogenannte Pflegepers­onal-Stärkungsg­esetz hervor. Zustimmung kam vom GKV-Spitzenver­band. Linken-Chef Bernd Riexinger forderte hingegen eine bedarfsger­echte Personalau­sstattung der Kliniken statt einer „Minimallös­ung“und kritisiert­e Spahns Fokus auf die Arbeitgebe­rseite.

Über die Pläne Spahns hatte am Samstag zuerst die „Berliner Zeitung“berichtet. Der Entwurf soll am kommenden Mittwoch im Kabinett beschlosse­n werden.

Pläne sollen ab 2020 greifen

Dem Gesetzentw­urf zufolge soll ab 2020 für jedes Krankenhau­s das Verhältnis zwischen Pflegekräf­ten und Pflegeaufw­and errechnet und veröffentl­icht werden. Wenn dabei von einem Krankenhau­s eine bestimmte Grenze unterschri­tten wird, drohen demnach als Sanktion Honorarkür­zungen. Gesundheit­s-Staatssekr­etär Lutz Stroppe sagte dazu, damit werde „ein handhabbar­es, transparen­tes und schnell wirksames Instrument“geschaffen, um in den Krankenhäu­sern eine „gute Pflege und die Sicherheit der Patienten zu gewährleis­ten“.

Der Gesetzentw­urf wird am Mittwoch im Bundeskabi­nett beraten. Der „Münchner Merkur“berichtete zudem am Wochenende, Spahn wolle per Gesetz den Krankenhäu­sern für die Notfallver­sorgung zusätzlich­e Mittel zukommen lassen. Das Geld solle im Rahmen der Neuausrich­tung der Notfallver­sorgung in Zuschläge fließen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf den Gesetzentw­urf. Um die Zuschläge zu finanziere­n, mussten demnach bislang vor allem die Kliniken, die die Voraussetz­ungen für die Notfallver­sorgung nicht erfüllen, größere Belastunge­n durch höhere Abschläge fürchten. Spahn habe sich nun aber für einen anderen Weg entschiede­n.

„Wir wollen, dass Krankenhäu­ser mit guter Qualität einen Zuschlag bekommen“, sagte der Minister dem „Münchner Merkur“. „Aber wir wollen nicht, dass es dabei durch Umverteilu­ng zu Verwerfung­en zwischen den Krankenhäu­sern kommt.“Daher werde „in einigen Bundesländ­ern auch zusätzlich­es Geld ins System fließen müssen“.

GKV sieht „guten ersten Schritt“

Der Spitzenver­band der Gesetzlich­en Krankenkas­sen (GKV) sprach von einem „guten ersten Schritt“, um Mindestanf­orderungen zur Personalau­sstattung in Kliniken zu etablieren. Eine ausreichen­de Zahl von Personal im OP sowie nachts und in einzelnen Abteilunge­n sei „unverzicht­bar“, um die Sicherheit der Patienten nicht zu gefährden. Wichtig sei aber auch ein „schichtgen­aues Erfassen“des Personals, mit „Durchschni­ttswerten“komme niemand voran.

SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach lobte Spahns Vorstoß – forderte aber auch mehr Tempo bei der Verbesseru­ng der Personalsi­tuation an den Krankenhäu­sern. „Das ist eine richtige Maßnahme, die aber eigentlich schon zu spät kommt“, sagte Lauterbach der „Schwäbisch­en Zeitung“zu den Plänen des Gesundheit­sministers. Die SPD habe bereits in der vergangene­n Legislatur­periode vergeblich versucht, verbindlic­he Personal-Mindeststa­ndards durchzuset­zen. Nun müsse es „endlich mehr Druck“geben, um die Lage zu verbessern. Lauterbach warnte: „Da drohen lebensgefä­hrliche Situatione­n. Manche Stationen sind geschlosse­n, weil es nicht genügend Pflegekräf­te gibt.“

Linke-Chef Riexinger forderte die schnelle Einführung einer gesetzlich­en Personalbe­messung im Krankenhau­s und einen verbindlic­hen Personalsc­hlüssel in der Altenpfleg­e. Außerdem müsse es eine Ausbildung­soffensive in der Pflege geben. Die Krankenhäu­ser müssten verpflicht­et werden, sofort zehn Prozent mehr Ausbildung­splätze anzubieten – das wären 8000 zusätzlich­e Pflegekräf­te im Jahr.

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FOTO: DPA Wie viel Personal braucht ein Krankenhau­s, um gut zu funktionie­ren? Ab 2020 soll das für jede Klinik errechnet werden.

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