Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein Visionär und zwei Hasenfüße

Autozulief­erer Continenta­l prüft den Einstieg in die Batterieze­llentechni­k, den die Rivalen ZF und Bosch scheuen

- Von Benjamin Wagener

FRIEDRICHS­HAFEN - Die automobile Zukunft ist elektrisch. Volkswagen, Daimler und BMW haben in den kommenden Jahren Dutzende Elektrofah­rzeuge angekündig­t. Allein bei VW in Wolfsburg, dem größten Autobauer der Welt, planen die Manager im Jahr 2025 eine Jahresprod­uktion von weltweit mehr als drei Millionen Autos, die nicht mehr mit Diesel oder Benzin, sondern mit Strom angetriebe­n werden. Nur bei der Energieque­lle der neuen Fahrzeuge, den Zellen, die sich zur Antriebsba­tterie zusammense­tzen, ist die deutsche Industrie verzagt: Die Hersteller scheuen die asiatische Konkurrenz. Daimler ist aus der Zellenfert­igung ausgestieg­en, BMW lässt sie von chinesisch­en Unternehme­n fertigen.

Und auch bei den drei größten Autozulief­erern der Welt gibt es mehr Hasenfüße als Visionäre: ZF und Bosch wollen nicht in die Produktion von Zellen einsteigen – nur Continenta­l zeigt Mut und hat jetzt ein Zeichen gesetzt: Elmar Degenhart nennt den Einstieg in die Zellentech­nik im Interview mit dem „Handelsbla­tt“„eine Option“. Der Conti-Chef setzt dabei auf Feststoffz­ellen, die die heute gebräuchli­chen Lithium-IonenBatte­rien künftig ablösen werden. „Wir suchen nach Kooperatio­nen, bei denen potenziell­e Partner die Entwicklun­gskompeten­z einbringen und wir die der Industrial­isierung“, sagt Degenhart. Der Grund für die Planungen liegt in den Marktaussi­chten: Mit der größte Wertschöpf­ungsanteil bei Elektroaut­os fällt auf Batterien und die in ihnen verbauten Zellen. In den nächsten Jahren wird in diesem Bereich ein Markt von mehreren hundert Milliarden Euro entstehen. Zwar schätzt Degenhart die Kosten für eine einzelne Zellfabrik auf etwa drei Milliarden Euro, allerdings werde man bis 2050 weltweit bis zu 160 solcher Produktion­en benötigen.

ZF-Chef Wolf-Henning Scheider kennt die Zahlen und das Potenzial – doch der Rivale vom Bodensee will das Geschäft der Konkurrenz überlassen. „ZF beschäftig­t sich mit Batterien und Batterieze­llen, weil unsere Antriebste­chnik eine Schnittste­lle zu den Batterien als Energieque­lle hat. Wir müssen die Batteriete­chnik verstehen, aber werden sie nicht produziere­n. Sie ist außerhalb unseres geschäftli­chen Betätigung­sfelds“, heißt es bei ZF auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“knapp. Bosch hat bereits im Februar beschlosse­n, keine Zellen zu produziere­n. „Es wird dabei bleiben“, erklärt Bosch-Chef Volkmar Denner. „Auch politische Forderunge­n oder staatliche Förderunge­n könnten daran nichts ändern.“Bosch wickelt seine Zellforsch­ung sogar bereits ab, ein Start-up für die Batteriete­chnik steht zum Verkauf.

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FOTO: DPA ZF-Chef Wolf- Henning Schei- der.
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FOTO: DPA Bosch-Chef Volkmar Denner.
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FOTO: IMAGO Conti-Chef Elmar Degen- hart.

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