Nach den Sommerferien geht’s beim Sigerist-Haus los
Markantes Gebäude in der Herrenstraße wird saniert und modernisiert – Passage zeitweise gesperrt
WANGEN - Seit dem Herbst 2016 steht das frühere Sigerist-Haus leer, mit der Ruhe wird es aber bald vorbei sein. Eigentümer Jürgen Kling will das markante, denkmalgeschützte Gebäude mit den gotischen Treppengiebeln in der Herrenstraße für eine Mischung aus Wohnen und Gewerbe sanieren und modernisieren. Nach den Sommerferien soll es losgehen.
Wer in diesen Tagen durch das einstige Sigerist-Haus läuft, kann die große Leere hören. Die knarzenden Schritte über Böden oder Treppen hallen durch alle Stockwerke des denkmalgeschützten Gebäudes aus der Mitte des 16. Jahrhunderts.
Dass das Haus in der Herrenstraße nach dem Stadtbrand 1541 erbaut wurde, wurde dabei in den vergangenen Monaten durch Fachleute erneut bestätigt – beispielsweise durch Proben tief aus dem Innern des Fachwerk-Gemäuers. „Das Haus ist bauhistorisch und restauratorisch komplett untersucht worden und grundsätzlich in einem guten Zustand“, sagt Architekt Roch Bossert.
Die Gutachten sind erstellt, die Baugenehmigung erteilt, nur das endgültig grüne Licht vom Landesdenkmalamt stehe noch aus. „Wir stehen in den Startblöcken“, so Jürgen Kling.
„Interessenten gibt es schon“
Der Ravensburger Unternehmer hatte Ende 2016 das markante Gebäude mit den Treppengiebeln von den früheren Eigentümern Edith und KarlFerdinand Kiesel erworben, mit dem Verkauf endete eine knapp 200 Jahre alte Wangener Handelstradition. Ein Plakat vom damaligen Schlussverkauf liegt noch in einer Ecke des mit einem Kreuzgewölbe ausgestatteten Ladens, die mit Keller insgesamt rund 100 Quadratmeter große Fläche soll auch nach der Sanierung für Gewerbe genutzt werden. „Interessenten gibt es schon“, sagt Kling.
Schriftzug kommt weg, Wappen sollen bleiben
Ein Teil im hinteren Bereich der einstigen Verkaufsfläche wird künftig wegfallen, hier wird ein Aufzug eingebaut, der im gesamten Gebäude nahezu für Barrierefreiheit sorgen soll.
Das dürfte baulich auch schon die größte Änderung sein, die das denkmalgeschützte Haus erfährt. „Konstruktiv oder statisch darf ins Gebäude nicht eingegriffen werden“, weiß Bossert. So bleiben Böden, Säulen, Treppen oder der liegende Dachstuhl erhalten. Die in Stein gefassten Fenster behalten ebenfalls ihre Form, sie werden nur frisch verglast.
„Außenstehende werden hier keinen großen Unterschied entdecken“, so der Architekt weiter. Die Fassade werde frisch gestrichen, der Namenszug „Sigerist“komme zwar weg, die Wappen links und rechts davon sollen jedoch bleiben.
Im Innern des Gebäudes wird dagegen kräftig saniert und modernisiert. Im ersten Obergeschoss entstehen Büroflächen, in den beiden Stockwerken darüber insgesamt vier Mietwohnungen zwischen 70 und 120 Quadratmeter. Insgesamt ergibt sich auf den vier Etagen plus Keller eine Nutzfläche von knapp 800 Quadratmetern. Das Material Holz dominiert alle Stockwerke, und so werden die Gewerke für Schreiner, Zimmerleute und Fensterbauer einen Großteil der Investitionen, die weit im siebenstelligen Bereich liegen, ausmachen.
Passage ist während der Sanierung teilweise zu
„Es ist eine absolute Faszination, wenn man so ein historisches Gebäude erwerben kann“, sagt Jürgen Kling. Und meint damit auch den von außen nicht einsehbaren, überdachten Innenhof der stattlichen Immobilie, die zu den drei HinderofenHäusern in der Wangener Altstadt gehört.
Der Eigentümer hat die Mörth & Stocker GmbH aus Fronreute als Generalunternehmer beauftragt, das ambitionierte Projekt zu steuern. Sobald die denkmalschutzrechtliche Genehmigung vorliegt, geht es mit den Schutzmaßnahmen für Böden oder Treppen los. Für die Sanierung des Daches wird dann in der Herrenstraße noch dieses Jahr ein Kran aufgestellt. Kling rechnet mit einer Gesamtdauer der Sanierung von anderthalb Jahren, im Frühjahr 2020 könnte das frühere Sigerist-Haus also innen wie außen wieder in neuem Glanz erstrahlen.
Die beliebte Passage zwischen Herrenstraße und Braugasse muss bis dahin zwar zeitweise geschlossen werden, wird aber nach Abschluss der Arbeiten dauerhaft offen sein. „So lautet die Abmachung mit der Stadt, mit der wir bislang gut zusammengearbeitet haben“, sagt Jürgen Kling.