Motorradlärm ist bisher meist legal
Mitglieder eines Projekts fordern strengere Grenzwerte und höhere Bußgelder
OBERALLGÄU - Die wenigen Motorradfahrer, die an diesem heißen Dienstagmittag durch Bad Hindelang Richtung Jochpass fahren, tun das manierlich. Wären alle so gesittet unterwegs wie sie, würde am Straßenrand nicht eine Handvoll Politiker, Polizisten und Verwaltungsbeamte um ein Plakat stehen. „Bitte leise fahren“, steht in großen Lettern darauf. Die Transparente eines grenzübergreifenden Projekts gegen Motorradlärm stehen künftig an den beliebten Biker-Strecken im Oberallgäu und Außerfern. Viel mehr als an die Vernunft zu appellieren, können die Verantwortlichen bisher nicht tun. Denn laute Maschinen sind nicht immer illegal. Doch die Politiker am Straßenrand machen sich dafür stark, das zu ändern.
Der Hintergrund: Mit dem Motorradlärm an den beliebten Passstraßen im Oberallgäu und Außerfern befasst sich ein Runder Tisch, den der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz erstmals im Mai vergangenen Jahres einberufen hatte. Daraus entstand ein mit 25 000 Euro ausgestattetes Interreg-Projekt mit Tirol und Vorarlberg, in dem neben der Kommunalverwaltung auch die Polizei eingebunden ist. Ziel ist laut Landrat Klotz, gemeinsam nach Lösungen für die lärmgeplagten Anwohner zu suchen.
Die Aktion: Als erstes gemeinsames Ergebnis haben Bürgermeister, Landrat und Polizeichefs jetzt die Plakataktion „Bitte leise fahren“vorgestellt. Biker sollen entlang der beliebten Bergstrecken wie Jochbergpass, Riedbergpass an insgesamt 56 Standorten auf die Plakate treffen, „weil man momentan nur appellieren kann“, sagte Klotz und ergänzte: „Alles andere ist Sache der Polizei.“
Das Problem: Diese habe mit einem neuen Gerät, das Geschwindigkeit und Lärm misst, zunächst den Ist-Zustand aufgezeichnet, erklärte Sonthofens Polizeichef Armin Hölzler. Demnach fahren an einem schönen Tag mehr als 1200 Biker den Jochpass hinauf. Die meisten halten sich laut Hölzler an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 Stundenkilometer und auch an die zulässige Lärmbegrenzung der Fahrzeuge. „Es sind einzelne, die ausschlagen“, betont der Polizeichef. Damit sie erwischt werden, brauche die Polizei mehr Personal, forderte Hans Soul, Sachbereichsleiter Verkehr der Stadt Sonthofen.
Auch der Kommandant der Bezirkspolizei von Reutte, Egon Lorenz, verweist auf die negativen Ausreißer in der Masse der moderaten Motorradfahrer. Wenn zum Beispiel eine Ducati mit 105 Dezibel unterwegs sei, sei das zwar so laut wie eine Motorsäge – aber legal. Denn viele Motorradtypen dürften in der Praxis mit deutlich mehr als den laut einer EU-Richtlinie eigentlich erlaubten 80 Dezibel fahren, monieren Hölzler und Lorenz. Das zu ändern sei Sache der Politik, betonten die Polizisten. Zu lasch seien auch die Strafen für zu schnelles Fahren, waren sich Polizei und Kommunalpolitiker einig. Das soll Thema des nächsten Treffens der Projektteilnehmer werden, kündigte Landrat Klotz an. Er ermunterte Bad Hindelangs Bürgermeisterin Dr. Sabine Rödel auch, für den Jochpass eine Geschwindigkeitsbegrenzung zu beantragen, was sie im Gemeinderat besprechen will. Diese treffe nur Biker, da man mit dem Auto dort ohnehin nicht so schnell fahren könne, betonte Rödel.
Die Maßnahmen: Bereits umgesetzt ist beispielsweise ein Tempolimit auf durchgehend 70 Stundenkilometer auf der Strecke von Bühl nach Missen. Die Stadt Sonthofen und der Landkreis kauften ein Blitzgerät, dass Motorradfahrer auch von hinten samt Nummernschild aufnimmt. Außerdem hat die Polizei eine Motorrad-Kontrollgruppe geschaffen. Und es gibt immer wieder Appelle, auf die lärmgeplagten Anwohner Rücksicht zu nehmen. „Die Leute an den Straßen werden sonst krank“, sagt Polizist Lorenz.
„Es sind einzelne, die ausschlagen“, betont Sonthofens Polizeichef Armin Hölzler.