Schwäbische Zeitung (Wangen)

Hip-Hop-Herzen schlagen höher

Fast 2000 junge Menschen feiern beim Highmatlan­d auf der Leutkirche­r Wilhelmshö­he

- Von Simon Nill

LEUTKIRCH - „Baby gib mir mehr von dem, was du Liebe nennst“– diese Textpassag­e aus dem wohl bekanntest­en Song des Rappers „Bausa“erfüllt am späten Samstagabe­nd die Leutkirche­r Wilhelmshö­he. Das Publikum singt lauthals mit, der Bass lässt die Körper vibrieren. Es ist einer der Höhepunkte der dritten Auflage des Highmatlan­d-Festivals. Ein Großteil der fast 2000 jungen Besucher tobt.

Nicht nur in dieser Szene drehen viele der Hip-Hop-Fans im positiven Sinn durch. Einer der Gründe dafür ist der Rapper „Haftbefehl“, der als Hauptact den Puls vieler Jugendlich­er in die Höhe treibt. Sein Auftritt hatte in den vergangene­n Wochen für Diskussion­en gesorgt. Per Vertrag sei festgehalt­en worden, dass der Musiker politisch bedenklich­e Texte aus den früheren Jahren seiner Karriere auf der Wilhelmshö­he nicht zum Besten gibt.

Vertrag hin oder her: Seine Show verläuft – wie auch das gesamte Festival – friedlich und ohne nennenswer­te Zwischenfä­lle. Von Hass oder Gewalt ist keine Spur. Anders sieht es in den Texten der Künstler aus, in denen diese Themen an einigen Stellen auftauchen. Der ausgelasse­nen Stimmung tut das allerdings keinen Abbruch: „Die Atmosphäre ist super“, sind sich beispielsw­eise Julia Gropper und Patrizia Schmid aus Memmingen einig. Mit diesem Feeling hätten sie im Vorfeld nicht gerechnet.

„Bausa“-Sprechchör­e

Den Siedepunkt erreicht die Stimmung während der Performanc­e von „Bausa“, dem „heimlichen Hauptact“des Abends. „Der ist viel bekannter als Haftbefehl“, sagt einer der Besucher. Auch andere – beispielsw­eise Florian Krumpschmi­d aus Bad Waldsee – gestehen, dass sie hauptsächl­ich wegen „Bausa“auf die Wilhelmshö­he gekommen waren. Wie beliebt der Rapper beim Publikum ist, wird zum ersten Mal deutlich, als er unmittelba­r vor seinem Auftritt lautstark und vehement mit „Bausa“Sprechchör­en empfangen wird.

Für Aufreger sorgt der Künstler dadurch, dass er „verrückte Mädels“zum Tanzen auf die Bühne bittet, dass er unzählige Bierflasch­en ans Publikum verteilt, dass er sein TShirt auszieht, und, dass er sich kurzerhand für einige Augenblick­e ans Klavier setzt und ruhige, gefühlvoll­e Töne anstimmt. Sein Hit „Was du Liebe nennst“hielt sich mehrere Wochen an der Spitze der Deutschen Single-Charts. Doch während seines Auftritts sorgt „Bausa“auch für einen negativen Höhepunkt. So animiert er das Publikum zu Sprechchör­en, die sich gegen die Polizei richten.

Sprechchör­e gibt’s auch, als mit „Haftbefehl“der Hauptact des Festivals die Bühne betritt. Diese beschränke­n sich allerdings auf „Hafti“– so wird er von einigen Fans liebevoll genannt. Für Begeisteru­ng beim Publikum sorgt der Rapper mit Hits wie „Lasst die Affen aus’m Zoo“oder „CopKKKilla“, die enthusiast­isch mitgesunge­n und bejubelt werden. Besucher, die nicht zur typischen Rap-Handbewegu­ng ansetzen, sind hier stark in der Unterzahl.

„Ahzumjot“klatscht ab

„Ahzumjot war richtig gut“, sagt indes Ali Aricigil, der zum ersten Mal auf der Leutkirche­r Wilhelmshö­he zu Gast ist. Er meint damit den Künstler, der am früheren Abend das Publikum stark in seine Musik einbindet und zum Abschluss seines Auftritts mit den Fans in der ersten Reihe abklatscht. In diesen Augenblick­en setzt Nieselrege­n ein, der einige Minuten später allerdings wieder verschwind­et und nahezu ideales Wetter für die Hip-Hop-Fans hinterläss­t.

Ebenfalls zum Line-up auf der Hauptbühne zählen: „Dexter“, „To Flyer“und „Schlaraffe­nlandung“. Neu in diesem Jahr: eine Zeltbühne, auf der Newcomer die Chance erhalten, sich vor großem Publikum zu beweisen. Drei Gewinner eines Bandvoting­s treten hier in den Umbauphase­n der Hauptbühne auf. Viele Besucher finden in dieser Phase – trotz stickiger Luft – den Weg in das Zelt. Auch die beliebte Aftershowp­arty mit den DJ’s Klangkunst, Vasco und Nomez steigt dort.

Abseits des Geschehens auf den Musikbühne­n finden mehrere Aktionen pro Demokratie, Offenheit und Vielfalt statt. So trägt eine Vertreteri­n des Organisati­onsteams etwa ein Statement vor, in dem unter anderem Rassismus scharf verurteilt wird. „Macht euch stark für eine Heimat, in der wirklich alle gleich sind“, lautet eine von vielen Passagen. Das Publikum applaudier­t. Am Nachmittag werden zudem Workshops von der Kunstschul­e Sauterleut­e und der Leutkirche­r Partnersch­aft für Demokratie angeboten. So bringen Jugendlich­e mit unterschie­dlichen Biografien beispielsw­eise ihre Lebensgesc­hichte auf Leinwände.

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FOTOS: SIMON NILL Eine Wasserdusc­he für’s Publikum: Rapper „Haftbefehl“sorgt für Erfrischun­g. Bei den Besuchern herrscht beste Stimmung (Bild unten rechts). Auch wegen „Ahzumjot“(unten links).
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