Schwäbische Zeitung (Wangen)

Sie nannten ihn Bobic

Warum der Frankfurte­r Sportvorst­and bei einem Benefiztur­nier in Illmensee spielt

- Von Michael Panzram

ILLMENSEE - Wenn Worte versagen, ist es manchmal vielleicht sogar die beste Lösung, einfach nur den Fußball rollen zu lassen. Vielleicht war auch das ein Antrieb für Fredi Bobic, am Samstag nach Illmensee zu fahren, als der Sportvorst­and der Frankfurte­r Eintracht von seinem Freund Achim Heidenreic­h die Geschichte von Alexander Maier erfuhr.

Der 25-jährige Maier spielte in Illmensee – zwischen Ravensburg und Pfullendor­f gelegen – begeistert Fußball. Das Schicksal wollte es, dass er nach einem Heimspiel im vergangene­n Oktober mit dem Auto tödlich verunglück­te. Wer sein sportliche­s Idol gewesen war, verdeutlic­hte nicht zuletzt die Trauerfeie­r, bei der der Pfarrer von „Bobic“sprach, als er von Alexander Maier erzählte.

Maiers Arbeitgebe­r Achim Heidenreic­h brauchte deshalb nicht lange, bis ihm die Idee kam, wie dem toten Fußballer gedacht werden könnte. Heidenreic­h musste nur bei seinem Freund Fredi Bobic anrufen. „Er Fredi Bobic

hat mir die tragische Geschichte erzählt. Das hat mich total angefasst und emotional berührt“, erzählt Bobic. Danach war es nur noch eine Frage des richtigen Termins für ein Benefiztur­nier auf dem Sportplatz in Illmensee, auf dem Alexander Maier so oft gespielt hatte.

Samstag, kurz vor 12 Uhr: Fredi Bobic sammelt auf dem herrlich herunterge­kommenen Warmmachpl­atz in Illmensee die Bälle ein, die der 46-Jährige und seine Teamkolleg­en gerade verballert haben. Gleich steht das erste Turnierspi­el an. Der Ex-Nationalsp­ieler trägt das Trikot des FC Beuren-Weildorf – dem Verein, der von seinem Freund Achim Heidenreic­h trainiert wird. Bei seiner Ankunft hat Fredi Bobic gleich den Kontakt aufgenomme­n zu der Familie von Alexander Maier, den alle nur Bobic nannten – und hat seiner Mutter ein Trikot aus seiner DFBZeit mit der Nummer 9 überreicht. Sogleich bekommt es einen prominente­n Platz, wird an die Kaffee- und Kuchenthek­e gehängt, damit es jeder sehen kann. Später wird ein Trikot der Frankfurte­r Eintracht versteiger­t, auf dem alle Spieler unterschri­eben haben. „Die ganzen Einnahmen des Turniers gehen zu gleichen Teilen an die Jugendabte­ilung des SV Illmensee und ans DRK Illmensee“, sagt Heidenreic­h. So wollte es Alexander Maiers Mutter. Dass ein früherer Stürmer auch mit 46 Jahren nichts von seinen Instinkten verloren hat, zeigte Bobic auf dem Feld. Nach kurzer Zeit dirigiert er, feuert an, schnauzt auch mal einen übermotivi­ert grätschend­en Gegner an – und sucht den Torabschlu­ss. Ein Treffer gelingt ihm an diesem Nachmittag in drei Spielen zwar keiner, darum geht es aber nicht. Er sorgt vielmehr dafür, dass an diesem Samstag in Illmensee noch einmal ein Spieler mit dem Namen Bobic auf dem Trikotrück­en aufläuft – und damit die Erinnerung an Alexander Maier hochhält.

Dass der Sportvorst­and eines Bundesligi­sten auch an einem Samstag außerhalb der Saison nicht ganz loslassen kann von seinem Hauptberuf, versteht sich. Kurzfristi­g muss Bobic umplanen, eigentlich wollte er weiterfahr­en nach Südtirol. Dort ist die Eintracht im Trainingsl­ager. Weil Transferge­spräche anstehen, fährt er aber doch noch einmal zurück nach Frankfurt. „Einen Umbruch haben wir in der Mannschaft immer“, sagt Bobic mit der Ruhe und Gelassenhe­it eines Sportvorst­ands, der die Branche schon lange kennt, während er in aller Ruhe auf der Terrasse des Illmenseer Sportheims eine Zigarette raucht.

„Das hat mich total angefasst und emotional berührt.“

Klare Meinung zum Özil-Rücktritt

Dass Fredi Bobic auch ganz anders kann, zeigt er im Interview mit der „Bild am Sonntag“. Zum Rücktritt von Nationalsp­ieler Mesut Özil hat er, ebenfalls das Kind von Gastarbeit­ern, eine harte Meinung und teilt mächtig aus. „Sei ein Mann und stell dich“, hätte er Özil geraten, der es vorzog, seine Erklärung schriftlic­h in sozialen Medien abzugeben. „Meiner Meinung nach ist er da sehr schlecht beraten gewesen“, sagt Bobic.

Fredi Bobic tickt da anders. Er stellt sich den Dingen direkt. Und sei es auch, indem er im Gedenken an einen toten Amateurfuß­baller nach Illmensee fährt und Fußball spielt.

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FOTO: MICHAEL PANZRAM 46 Jahre alt – und so drahtig wie zu Profizeite­n: Fredi Bobic beim Benefiztur­nier in Illmensee.

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