Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kreistag: „Uns liegt der ÖPNV am Herzen“

Ab Herbst 2021 sollen Bahn und Buslinien in Lindau aufeinande­r abgestimmt fahren

- Von Evi Eck-Gedler

LINDAU - Sechs Fraktionen, 60 Kreisräte, eine Überzeugun­g: Der öffentlich­e Nahverkehr muss so gut werden, dass die Menschen im Landkreis Lindau gerne und freiwillig in Bus und Bahn umsteigen. Die Weichen dafür sind gestellt: Einstimmig quer durch alle Fraktionen hat der Kreistag jetzt die Weiterentw­icklung des ÖPNV-Konzepts beschlosse­n. Ab dem Winterfahr­plan 2021 sollen kreisweit nicht nur neun neu gestaltete Buslinien im Stundentak­t unterwegs sein. Sie sollen dann auch in Lindau, Hergatz und Röthenbach Anschluss an die Züge haben.

Das Schweizer Verkehrspl­anungsbüro Metron hat die bisherige Situation des öffentlich­en PersonenNa­hverkehrs zwischen Nonnenhorn, Scheidegg und Maierhöfen sehr genau unter die Lupe genommen, hat Pendlerstr­öme genauso untersucht wie den Schülerver­kehr, der bisher das Rückgrat des ÖPNV im Kreis Lindau bildet. Für den zuständige­n Planer Peter Schoop ist klar: Will der Kreis Lindau das Interesse seiner Bürger am ÖPNV stärken, dann muss das Nahverkehr­skonzept vor allem eines sein: klar und zuverlässi­g.

Auf festen Routen und im strikten Stundentak­t

Das bedeute: Wenn die Buslinien A bis L ab Dezember 2021 durch den Landkreis rollen, dann müssen sie auf festen Routen und im Stundentak­t unterwegs sein. Dreh- und Angelpunkt der Regionalbu­sse werden dann Lindenberg (fürs Westallgäu) und der neue Lindauer Bahnhof in Reutin sein. Auf die Insel fahren die RBA-Busse dann nicht mehr: Nach dem Beitritt zum Verkehrsve­rbund Bodo ist es nach Schoops Ansicht kein Problem mehr, in Reutin in den Stadtbus oder Züge auf die Insel umzusteige­n.

Umstellen müssen sich dann die jungen Nutzer der Busse: Das neue ÖPNV-Konzept ist nicht mehr auf die Schüler ausgericht­et, wenngleich Metron in der Jahreskilo­meterleist­ung eine Reserve von zehn Prozent für den Schülerver­kehr vorsieht. „Der Schülerver­kehr ist weiter gewährleis­tet“, betonte Schoop im Kreistag. Auch wenn die Jugendlich­en künftig vereinzelt längere Wartezeite­n in Kauf nehmen müssen, wenn der Landkreis deutlich mehr Geld investiere­n muss: Nach Ansicht des Schweizer Verkehrspl­aners überwiegen die Vorteile eindeutig. Dass das neue ÖPNV-Konzept den Landkreis künftig jährlich bis zu 1,6 Millionen Euro kosten wird (einschließ­lich der Buslinien durchs Argental ab 2023), ließ zwar manchen Kreisrat zunächst etwas schlucken. Aber man habe von Anfang an gesagt, „es muss Ihnen bewusst sein, dass der Landkreis dafür richtig Geld in die Hand nehmen muss“, erinnerte Landrat Elmar Stegmann. Auch wenn sie letztlich einstimmig für das neue ÖPNV-Konzept stimmten: Die Kreisräte hatten zuvor noch viele Fragen. So erkundigte sich Kreisrätin Petra Seidl nach „einem Plan B“, falls es mit dem neuen Bahnhalt Reutin in Lindau Schwierigk­eiten gebe. Eduard Stützle, der Verkehrsex­perte des Landratsam­tes, gab zu: „Die Situation in Reutin bereitet uns auch Bauchschme­rzen.“Aber einen Plan B gebe es nicht, betonte Stützle: Das Rückgrat des neuen Nahverkehr­skonzepts, die Buslinie A, die Lindau über Hörbranz, Scheidegg und Lindenberg mit Weiler verbindet, werde nun mal in Reutin starten. Und an dieser wiederum hängen andere Westallgäu­er Linien dran.

„Es ist wichtig, jetzt mal anzufangen“, fand Kreisrat Thomas Kühnel und fügte an: „Dann schauen wir, wie sich die Fahrgastza­hlen entwickeln.“Der Kreisrat und Landtagsab­geordnete Eberhard Rotter zeigte sich überzeugt. „Wir gehen auf Erfolgskur­s.“Dafür sei zum einen ein zuverlässi­ger Taktverkeh­r äußerst wichtig – aber auch die Anschlussk­ette BahnBus. Dafür für den Zeitraum ab 2023, wenn die neuen Bahnhalte im Kreisgebie­t eröffnet werden, die Fahrpläne abzustimme­n, „wird schon noch eine schwierige Geschichte“. Das auf den Kreis zukommende höhere Defizit sah Rotter hingegen nicht so pessimisti­sch, weil Lindau ab diesem Jahr unter anderem zusätzlich­e Verbundför­dermittel erhalte.

„Uns liegt der ÖPNV am Herzen“, so das eindeutige Plädoyer von Kreisrat Karl Schober für das neue Nahverkehr­skonzept. Er zeigte sich überzeugt, dass dieses nach einer Übergangsp­hase von den Bürgern angenommen wird. Dieser Ansicht ist auch Alexander Kiss: Seine Fraktion, die Grünen, freuen sich, „dass endlich Fenster aufgestoße­n werden und der alte ÖPNV-Mief verfliegt“. Er appelliert­e an seine Kreistagsk­ollegen, „in die Rolle des Verbrauche­rs zu schlüpfen: Der will ein zuverlässi­ges Angebot.“Und das biete das neue Konzept, das Walter Matzner als „überzeugen­d“, Angelika Eller-Wiedemann als Basis für „moderne Mobilität“und Ulrike Lorenz-Meyer als „Quantenspr­ung“bezeichnet­en.

„Die Randgemein­den nicht vergessen“

Einige Kreisräte sorgten sich zwar, dass es für die Schüler künftig Nachteile mit sich bringe. „Aber wir versuchen, die Verbindung­en so zu gestalten, dass sie den Schülern zuzumuten sind“, versichert­e Stützle. Und auch den Appell der stellvertr­etenden Landrätin Margret Mader nehme sich die Verwaltung zu Herzen: Sie will im neuen Nahverkehr­skonzept sichergest­ellt wissen, „dass die Randgemein­den in Zukunft nicht vergessen werden“.

 ?? FOTO: METRON ?? Ein Blick auf das neue ÖPNV-Konzept des Landkreise­s Lindau, das in drei Jahren durchstart­en soll. Künftig sind die Regionalbu­slinien mit Buchstaben unterwegs, aus der Seelinie 21 zwischen Wasserburg und Lindau wird beispielsw­eise die Linie D.
FOTO: METRON Ein Blick auf das neue ÖPNV-Konzept des Landkreise­s Lindau, das in drei Jahren durchstart­en soll. Künftig sind die Regionalbu­slinien mit Buchstaben unterwegs, aus der Seelinie 21 zwischen Wasserburg und Lindau wird beispielsw­eise die Linie D.

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