Guido Wolf kritisiert geplante Reform in Rumänien scharf
Der baden-württembergische Justizminister fordert von seinem Amtskollegen Tudorel Toader „Rechtssicherheit“
BUKAREST - Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf (CDU) hat die geplante Justizreform in Rumänien scharf kritisiert. Bei einem Treffen mit seinem rumänischen Amtskollegen Tudorel Toader in Bukarest sagte Wolf am Freitag: „Als badenwürttembergische Delegation sind wir auch im Interesse der Unternehmen in unserem Land hier, die bei ihren Investitionen in Rumänien auf Rechtssicherheit angewiesen sind.“
Wolf sprach Teile der geplanten Reform an, die etwa eine Mindestschwelle bei Amtsmissbrauch vorsehen, und Änderungen in Bezug auf Korruptionsdelikte. Verdächtige würden nach der Reform über etwaige Ermittlungen informiert werden. „Es wäre fatal, wenn der Gesetzgeber ein Strafgesetz auf den Weg bringt, das auch zum Ziel hat, einzelne Personen vor strafrechtlicher Verfolgung zu schützen.“Aktuell wird gegen Abgeordnete des Parlaments wegen Korruption ermittelt, unter anderem auch gegen den amtierenden Parlamentspräsidenten Liviu Dragnea (PSD). Dieser ist wegen Wahlmanipulation bereits vorbestraft. Toader versicherte, Rumänien und Deutschland teilten dieselben juristischen Werte. Dabei nannte er allerdings hauptsächlich auf unumstrittene Aspekte der Reform. So sollen die rund 300 Amtswohnungen nicht mehr auf Lebenszeit an Richter, Staatsanwälte und deren Erben vermietet werden. „Es ist sicher wichtig, für diese Themen Regelungen zu finden“, sagte Wolf. Das seien aber nicht die Themen, die Europa bewegen.
Toader entgegnete, im europäischen Raum werde absichtlich der Eindruck vermittelt, die Justizreform solle Verdächtige vor Strafverfolgung schützen. Auch die Ansicht, das neue Referat der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen gegen Delikte der Justiz verfolgt, solle die Staatsanwaltschaft überwachen, ginge laut Toader an der Realität vorbei. „Das Sonderreferat ändert nichts, weil es bisher schon eine Einheit zur Korruptionsüberwachung gibt“, sagte Toader. Bislang war die Antikorruptionsbehörde allerdings nicht dem Justizministerium unterstellt. Toader selbst hatte erst im Februar die Absetzung der Leiterin der Antikorruptionsbehörde, Laura Kövesi, wegen deren Kritik an der Justizreform gefordert. Mittlerweile wurde sie ihres Amtes enthoben.
Wolf: Rumänien wichtiger Partner
Wolf bezweifelte, dass die Änderungen im rumänischen Strafgesetz nicht dazu dienen, einzelne Personen strafrechtlich zu schützen. „Wenn das so wäre, ist das nicht mit unserem europäischen Rechtsverständnis vereinbar.“Rumänien sei ein wichtiger Partner, weswegen es wichtig sei, dass es in Sachen Rechtsstaatlichkeit einen Schritt nach vorne geht. Toader gab zu bedenken, dass die Gesetzentwürfe vom Verfassungsgericht geprüft werden, Änderungen seien noch möglich. Wir wünschen uns, dass sich die Gesetze an den europäischen Standard anpassen.“
Nach den Gesprächen sagte Guido Wolf der „Schwäbischen Zeitung“, Toader habe die kritischen Punkte bewusst umschiffen wollen. „Es stellt sich die Frage: Bleibt Rumänien auf dem europäischen Weg, oder läuft das Land Gefahr, in alte Strukturen zu verfallen.“Das sei aus europäischer Sicht nicht akzeptabel.
Wolf nannte die Möglichkeit, dass die EU gegen Rumänien wie gegen Polen aufgrund der Reform ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten könnte. Eine Chance, die Reformpläne noch zu ändern, sieht Wolf in der „pro-europäischen“rumänischen Bevölkerung. „Auf die verantwortlichen Politiker kann man sich in dieser Hinsicht nicht verlassen.“Der Bevölkerung müsse klar sein: Wenn sie diesen Weg unterstützen, führe der Weg aus Europa hinaus.