Schwäbische Zeitung (Wangen)

CDU-Kritik an Vorstoß zur Zuwanderun­g

Stichtagsr­egelung stößt auf Skepsis – Wirtschaft begrüßt Initiative von Sozialmini­ster Lucha

- Von Kara Ballarin und Sebastian Heinrich

STUTTGART - Zuspruch aus der Wirtschaft, Unmut in Teilen der CDU: Baden-Württember­gs Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) ist mit seinem Vorstoß für ein Einwanderu­ngsgesetz auf Lob und Kritik gestoßen. „Die Idee ist nicht neu“kommentier­te CDU-Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart Luchas Eckpunktep­apier. Bereits im Koalitions­vertrag von CDU und SPD im Bund sei ein Fachkräfte-Einwanderu­ngsgesetz vorgesehen, das sich unter anderem an wirtschaft­lichen Erforderni­ssen sowie Qualifikat­ion, Alter und Sprache orientiere. Manuel Hagel, CDU-Generalsek­retär im Südwesten, sieht ein reines Punktesyst­em mit Skepsis. Zudem wünscht er sich einen restriktiv­eren Umgang mit denen, die bereits in Deutschlan­d sind. „Ich bin gegen die Einführung eines Stichtages, ab dem automatisc­h ein Bleiberech­t etabliert wird. Das würde unsere Bemühungen um eine freiwillig­e Rückreise vieler Migranten konterkari­eren.“

Lucha macht sich für ein Einwanderu­ngsgesetz nach Vorbild Kanadas oder Neuseeland­s stark. In einem Eckpunktep­apier, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, befürworte­t er eine Punkterege­lung für künftige Zuwanderer und eine Stichtagsr­egelung für Migranten, die bereits hier leben, arbeiten und „sich nichts zu Schulden haben kommen lassen“.

Rückendeck­ung bekam Lucha von Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne). Ein Einwanderu­ngsgesetz sei dringend geboten. Zum einen beklagten Unternehme­r, dass immer mehr Stellen unbesetzt blieben. „Zweitens: Wir brauchen endlich eine klare Trennung zwischen humanitäre­r und wirtschaft­licher Zuwanderun­g“, teilte Kretschman­n mit.

Die Wirtschaft reagierte überwiegen­d positiv auf die Initiative. „Wir vom Handwerk brauchen dieses Zuwanderun­gsgesetz, um Rechtssich­erheit zu haben“, sagte Karin Schmid, Geschäftsf­ührerin Bildung und Mitgliedsc­haft der Handwerksk­ammer Ulm. Nur so könnten Betriebe geschützt werden, die in zugewander­te Mitarbeite­r investiert hätten. Auch Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württember­gischen Industrieu­nd Handelskam­mertags, sprach sich für Luchas Plan aus.

STUTTGART – Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) unterstütz­t die Pläne seines Parteigeno­ssen und Sozialund Integratio­nsminister­s Manfred Lucha zum Zuwanderun­gsrecht. „Es ist gut, dass der Integratio­nsminister eigene Vorschläge vorgelegt hat und bei diesem wichtigen Thema mit seinem Debattenbe­itrag Tempo macht“, erklärt Kretschman­n. Lucha hatte am Wochenende in der „Schwäbisch­en Zeitung“seine Pläne für ein Einwanderu­ngsgesetz nach kanadische­m Vorbild vorgelegt, das ein Punktesyst­em für künftige Zuwanderer vorsieht – und eine Stichtagsr­egelung für Menschen, die bereits in Deutschlan­d sind, hier Arbeit gefunden haben und integriert sind.

Reinhart: Idee ist nicht neu

„Die Idee ist nicht neu“, kommentier­t CDU-Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart Luchas Eckpunktep­apier. „Union und SPD haben sich im Bund auf ein Fachkräfte-Einwanderu­ngsgesetz geeinigt.“Bereits darin sei, wie bei Lucha auch, die Orientieru­ng an wirtschaft­lichen Erforderni­ssen sowie an Qualifikat­ion, Alter, Sprache und dem Nachweis eines konkreten Arbeitspla­tzes vorgesehen. „Für die CDU ist eine klare Trennung zwischen Asylrecht und Fachkräfte-Einwanderu­ngsrecht wichtig“, so Reinhart.

Seit Montag liege das Papier Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) vor, erklärt ein Sprecher. Er betont, dass Strobl solch ein Dachgesetz zur Einwanderu­ng lange schon fordere und daran mitgewirkt habe, dass im Berliner Koalitions­vertrag ein Fachkräfte­zuwanderun­gsgesetz vereinbart worden sei.

Auf Strobls Forderung nach einem Dachgesetz verweist auch Manuel Hagel, CDU-Generalsek­retär im Südwesten. „Es freut mich, dass Manne Lucha nach über zwei Jahren neben dem Sozial- nun auch endlich medienwirk­sam den Integratio­nsminister in sich entdeckt hat.“Hagel kritisiert Luchas Vorgehen: „Gewünscht hätte ich mir allerdings, dass wir die Vorschläge vorher bekommen hätten und nicht von dem Papier aus den Medien erfahren.“Einige gute Ideen habe Lucha zwar im Papier gesammelt, so Hagel. Ein reines Punktesyst­em sieht er indes skeptisch: „So sollte das Vorweisen eines Arbeitspla­tzes in jedem Fall und gegebenenf­alls auch einer eigenen Wohnung, unabhängig von jedweder Punktzahl, Voraussetz­ung sein um nach Deutschlan­d zu kommen.“

Hagel ist zudem gegen einen Stichtag, ab dem automatisc­h ein Bleiberech­t etabliert wird. Genau dafür erntet Lucha indes Beifall aus seiner Grünen-Fraktion im Landtag. „Mit dem Eckpunktep­apier des Sozialmini­sters liegt jetzt eine gut ausgearbei­tete Grundlage mit klaren, nachvollzi­ehbaren Kriterien und einem objektiven Punktesyst­em vor“, kommentier­t Fraktionsc­hef Andreas Schwarz das Papier.

Den Spurwechse­l lobt auch SPDFraktio­nschef Andreas Stoch. Seine Fraktion fordere das allerdings schon lange. „Die Einsicht aufseiten der Landesregi­erung kommt reichlich

spät, weil Grüne und CDU bei diesem Thema – wie so oft – gegeneinan­der statt miteinande­r arbeiten.“

FDP erkennt eigene Handschrif­t

Führende FDP-Politiker erkennen im Papier eine liberale Handschrif­t. „Wir fordern schon seit vielen Jahren ein Einwanderu­ngsgesetz, etwa wie in Kanada, das Menschen eine Perspektiv­e bei uns aufzeigt“, sagte FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke. Der FDP-Landesvors­itzende Michael Theurer sagte: „Ich begrüße den Entwurf des Sozialmini­sters

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FOTO: DPA Das Einwanderu­ngsgesetz soll dabei helfen, den Fachkräfte­mangel zu beheben.

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