Ulmer Christen wollen Segnung für homosexuelle Paare
Gesamtkirchenbeirat stellt sich gegen Synodenbeschluss – Südwest-Kirche letzte Bastion der Segnungs-Gegner
ULM - Der evangelische Gesamtkirchengemeinderat Ulm will es gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglichen, dass sie in Ulmer Kirchen ihren Segnungsgottesdienst feiern dürfen. Der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl sagte am Montag, dass das Gremium mit diesem Beschluss ausdrücklich die Bemühungen unterstütze, auch in Württemberg die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zu ermöglichen. Bei der Herbstsynode der evangelischen Kirche in Württemberg war der Antrag, die öffentliche Segnung solcher Paare zu erlauben, knapp an der Zwei-DrittelMehrheit gescheitert. Gohl rechnet damit, dass die Synode spätestens im kommenden Frühjahr erneut über die öffentliche Segnung homosexueller Paare diskutieren wird.
Das Thema wird in der Landeskirche kontrovers diskutiert – einzelne Pfarrer haben erklärt, auch ohne entsprechenden Synodenbeschluss homosexuelle Paare öffentlich zu segnen. Dies lehnen Landesbischof Otfried July und auch die Ulmer Protestanten ohne kirchenrechtliche Grundlage ab: Man wolle die Institution nicht schwächen. Daher strebt July eine zeitnahe Einigung an – und das wird vom Ulmer Gesamtkirchengemeinderat nun ausdrücklich unterstützt.
Allerdings ist die Zahl der Paare, die sich eine kirchliche Segnung wünschen, überschaubar: In Tübingen gab es in den vergangenen fünf Jahren drei Anfragen, in zwei Fällen fand dann tatsächlich eine Segnung statt. „Ich rechne mit Schnitt etwa mit einer pro Jahr in Ulm“, sagt Dekan Gohl.
Derzeit steht es homosexuell empfindenden Menschen in Württemberg nur offen, sich im Rahmen der Seelsorge privat segnen zu lassen. Dabei werden die Menschen gesegnet, nicht die Partnerschaft. In allen anderen Mitgliedskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sind öffentliche Segnungsfeiern oder gottesdienstliche Trauungen inzwischen möglich.
Mit der Ulmer Initiative könnte Bewegung in die festgefahrene Diskussion kommen, hofft Dekan ErnstWilhelm Gohl. Er hat die Erfahrung gemacht, „dass unsere Basis sich eine Lösung wünscht.“Die Basis bilden in Ulm 20 000 evangelische Christen in sechs Gemeinden, die der Gesamtkirchengemeinderat Ulm vertritt. Der Blick auf homosexuelle Menschen habe sich in den vergangenen Jahren verändert. Der Wunsch nach Segen sei besonders stark in Übergangsmomenten des Lebens wie der Taufe, der Konfirmation, dem Beginn des Zusammenlebens. Dann werde besonders deutlich, dass das Leben immer gefährdet und schutzbedürftig ist, sagt Gohl.
Gegner, vor allem die in Württemberg stark vertretenen Pietisten, begründen ihre ablehnende Haltung mit entsprechenden Bibelpassagen, die ihrer Meinung nach nicht mit Segnungen von gleichgeschlechtlichen Paaren vereinbar sind. Die Bewegung „Lebendige Gemeinde“schreibt: „Die Ehe von Mann und Frau ist nach evangelischem Verständnis zwar kein Sakrament, aber eine göttliche Ordnung.“
Die Gegner der homosexuellen Ehe führen weiter an, dass die Ehe zwar laut Luther ein „weltlich Ding“sei, dies aber nicht für Homosexuelle gelte. Diese könnten nur eine Partnerschaft eingehen und keine Ehe, weil diese nur Mann und Frau vorbehalten sei.
Regelung noch vor Kirchenwahlen
„Jesus hat sich mit keiner Silbe zum Thema Homosexualität geäußert“, sagt der liberale Ulmer Dekan Gohl. Er will die Diskussion aus dem Vorfeld der nächsten Kirchenwahlen im November 2019 heraushalten: „Sonst wird es kein anderes Thema geben.“Und sollte die Synode sich im Frühjahr 2019 nicht mit Zwei-DrittelMehrheit auf eine Regelung einigen können, dann soll eine Handreichung zur Gottesdienstordnung erstellt werden, für die eine einfache Mehrheit ausreicht. Wie Gohl betont, solle kein Pfarrer zur Segnung gleichgeschlechtlicher Pfarrer gezwungen werden. „Wenn Pfarrer, sagen, ich kann das mit meinem biblischen Verständnis nicht vereinbaren, ist das halt so.“