Auf der Jagd nach Batman
Fledermausführung am Federsee räumt mit Märchen und Mythen auf
Das Image der Fledermaus ist denkbar schlecht. Sie sauge Blut wie ein Vampir, verfange sich gerne in den langen Haaren junger Mädchen und bringe Unglück, behaupten nicht wenige. „Stimmt das denn?“, fragt Kerstin Wernicke, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des NABU-Naturschutzzentrums Federsee in Bad Buchau. Die rund 30 Teilnehmer der Fledermausführung sind sich uneins. Manche nicken mit dem Kopf, andere schütteln denselben heftig, wieder andere zucken mit den Schultern. Es dauert etwa eine Stunde, bis Wernicke aufklärt. Erst am Ende ihrer Multivisonsschau über das Leben der Fledermäuse wird klar: Es gibt durchaus Arten, die sich von kleinen Mengen Tierblut ernähren, allerdings nicht in Europa. Ihre Ultraschallortung aber ist so präzise, dass sich eine Fledermaus niemals in den Haaren eines Menschen verfangen würde. Und Unglück bringen die Flattermänner schon gar nicht. Im Gegenteil: Zu ihren Leibspeisen zählen auch Stechmücken und schädliche Käfer. Nicht schlecht für uns.
Wenn es langsam dunkel wird, schlägt die Stunde der nachtaktiven Tiere. Dann wird es auch für die Teilnehmer der Führung Zeit, Batman live zu erleben. Es sind nur wenige Schritte vom Naturschutzzentrum bis zum großen Parkplatz vor dem Federseesteg, und es dauert nur wenige Minuten, bis die ersten Flattermänner auf der Jagd nach Insekten im Zickzack-Kurs vorbeizischen. Vor allem die Handvoll Kinder, die an diesem Abend dabei ist, juchzt begeistert auf. Aber auch die Erwachsenen verfolgen fasziniert den schnellen Flug der kleinen Säugetiere. Noch ist es ausreichend hell, sodass die nächtlichen Jäger gut zu sehen sind.
„Ich tippe auf Rauhautfledermaus“, vermutet Wernicke und fügt an: „Das ist eine mittelgroße Art.“Zwölf von 25 deutschen Fledermausarten leben am Federsee, die Rauhaut gehört dazu. Ihr bevorzugtes Jagdrevier scheint der große Parkplatz mit den hohen Bäumen zu sein. Nur ein kleines Stück daneben tummeln sich über dem winzigen See des archäologischen Freilichtmuseums jede Menge Wasserfledermäuse auf der Suche nach Nahrung.
Bei der Bestimmung der einzelnen Arten muss sich die Biologin nicht nur auf ihre Augen verlassen. In der Hand hält sie einen sogenannten Bat Detector, der die hohen Ultraschallwellen der Tiere auffängt und in für das menschliche Ohr hörbare Töne übersetzt. Je nach Art ist die Frequenz unterschiedlich. Das Fledermaus-Suchgerät lässt sich entsprechend auf unterschiedliche Hertz-Zahlen einstellen.
Mittlerweile ist es dunkel geworden, nur der Vollmond erhellt die Nacht ein wenig. Weit draußen auf dem Federseesteg bringt keine Straßenlaterne, keine Hausbeleuchtung Licht ins Dunkel. Der Bat Detector ist jetzt die einzige Möglichkeit, Fledermäuse zu entdecken. Wenn ein rhythmisches Knacken oder Ploppen ertönt – mal schnell, mal langsam – bedeutet das: Fledermaus im Anflug! „Gleich kommt ein Großer Abendsegler vorbei, er ist schon ganz nah“oder „Das, was wir jetzt hören, ist eine Zwergfledermaus“, erklärt Wernicke. Jetzt müssen die Batman-Jäger genauso schnell sein wie die Flattermänner selbst. Denn nur dann haben sie eine Chance, die Flugtiere mit dem Lichtkegel der starken Taschenlampen, die Wernicke verteilt hat, zu erwischen und auf ihrem Beutezug zu verfolgen. Es verwundert wenig, dass die Kinder in der Gruppe dabei eine deutlich schnellere Reaktion zeigen als die Erwachsenen. „Gut gemacht“, lobt die NABU-Frau. Das stolze Gesicht des Jungen kann man im Dunkeln nur erahnen.
Nach über einer Stunde spannender Fledermauspirsch macht sich Müdigkeit breit. Zum einen hat sich der Flugverkehr der Flattermänner spürbar beruhigt, zum anderen kann sich mancher Teilnehmer der Führung ein Gähnen kaum mehr verkneifen. Der Weg zurück auf dem Steg ans Festland ist weit. Schließlich zählt das Federseeried mit seinen 33 Quadratkilometern zu den größten Mooren Deutschlands. Zeit genug für Kerstin Wernicke, letzte Fragen zu beantworten. Von Anfang Mai bis Ende August führen sie und ihre Kollegen Batman-Jäger ins Federseeried, und zwar bei jedem Wetter, außer es gewittert. „Am besten aber sind warme, windstille Abende“, erklärt die Biologin. Denn wenn viele Insekten umherschwirren, sind auch jede Menge Fledermäuse unterwegs.
In diesem Jahr finden noch zwei öffentliche Fledermausführungen am Federsee statt, und zwar am
10. August um 19.45 Uhr und am
24. August um 19.30 Uhr. Treffpunkt: Naturschutzzentrum Bad Buchau, Kosten: 5 Euro pro Person.
Gruppen können Termine für eigene Führungen vereinbaren, Kosten: 45 Euro.
Weitere Informationen unter Tel.: 07582/1566, E-Mail: info@NABUFedersee.de, Internet: www.NABU-Federsee.de