Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Last, Gejagter zu sein

Für Philip Heintz ist sein Lagen-Silber auch Kopfsache

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GLASGOW (dpa/SID) - Lagenschwi­mmer Philip Heintz gab sich auch ohne den ersehnten ersten internatio­nalen Langbahnti­tel zufrieden. Rang zwei hinter dem Schweizer Jeremy Desplanche­s war über 200 Meter nicht ganz nach dem Geschmack des Olympiasec­hsten, doch die vierte deutsche Medaille der Schwimm-EM in Schottland stimmte ihn nach kurzem Hadern am Montagaben­d doch versöhnlic­h. „Ich muss vom Kopf her noch lernen, der Gejagte zu sein und nicht der Jäger. Von daher war es vielleicht gar nicht so schlecht im Hinblick auf Olympia in Tokio“, sagte der 24-jährige Heidelberg­er nach seiner Zeit von 1:57,83 Minuten. Heintz („Körperlich war ich voll da“) war als Schnellste­r der Halbfinals und bester Europäer auf der Strecke in diesem Jahr in den Endlauf eingezogen. Dort wurde er geschlagen. Und befand: „Silber gewonnen, das ist super.“

Bevor Heintz die Teamkolleg­en auf der Tribüne wenigstens über Rang zwei jubeln ließ, gab es für die deutschen Schwimmer am Tag nach dem Gold-Coup von Florian Wellbrock erst einmal eine bittere Enttäuschu­ng zu verdauen: Die favorisier­te WMZweite Franziska Hentke musste sich beim Sieg der Ungarin Boglarka Kapas über 200 Meter Schmetterl­ing mit Rang vier begnügen.

Christian Diener und Jan-Philip Glania konnten über 100 Meter Rücken als Außenseite­r trotz couragiert­er Auftritte nicht mit Edelmetall überrasche­n. Diener schwamm in 53,92 Sekunden als Siebter eine persönlich­e Bestzeit und lag einen Rang vor Glania. Über 200 Meter Freistil schlug die 16-jährige Isabel Marie Gose nach 1:58,42 Minuten als Fünfte an. Die Mixed-Staffel über 4 x 100 Meter Lagen belegte ebenfalls Rang fünf.

Rund drei Zehntelsek­unden fehlten der 2016er-Europameis­terin Hentke in 2:07,75 Minuten auf Bronze. „Die Zeit macht mich trauriger als Platz vier. Das ist nicht das, was ich kann“, haderte die Halbfinalb­este, die bei der WM vor einem Jahr für die einzige deutsche Becken-Medaille gesorgt hatte. „Die ersten 100 Meter waren eigentlich gut. Ab 130, 140 Metern hat es dann angefangen wehzutun. Ich bin lange nicht hintenraus so gestorben wie heute.“Hentke blieb dreieinhal­b Sekunden über ihrer Bestzeit.

Vor den European Championsh­ips war die Saison für die Magdeburge­rin zeitweise nicht wie gewünscht verlaufen. „Das war alles ein bisschen schwerfäll­ig, ein bisschen holprig“, hatte sie zu Beginn der Wettkampft­age in Glasgow erklärt. In den letzten Wochen vor der EM sei die Form dann angestiege­n – Medaillent­empo konnte die 29-Jährige aber nicht anschlagen.

Bei den Frauen verpasste Rückenschw­immerin Laura Riedemann als Elfte über 100 Meter in 1:00,53 Minuten das Finale. Jacob Heidtmann, der bereits zum sechsten Mal binnen drei Tagen startete, erreichte dagegen in 1:46,83 Minuten als Sechster den Endlauf auf der Paul-Biedermann-Strecke 200 Meter Freistil. Damian Wierling gelang dies als Viertem in 23,34 Sekunden über 50 Meter Schmetterl­ing, Jessica Steiger als Achter des Halbfinals über 200 Meter Brust.

Und: Für Freistilsp­ezialistin Sarah Köhler geht es wieder aufwärts. Nachdem die 24-Jährige im 800-MeterRenne­n zwei Tage zuvor überrasche­nd Edelmetall verpasst hatte, qualifizie­rte sie sich souverän in 16:06,72 Minuten als Vorlaufzwe­ite für das Finale über 1500 Meter. Am Dienstag zählt sie zu den Medaillenk­andidatinn­en. Auch Celine Rieder ist im Endlauf dabei. Sie habe sich schon „deutlich besser“gefühlt als bei ihrem bitteren vierten Platz, sagte Köhler. Im Training habe sie vor allem am Rhythmus und an den Wenden gearbeitet. „Außerdem habe ich mit meiner Sportpsych­ologin und meinem Trainer telefonier­t.“Für positive Ablenkung hatte auch ihr Freund Wellbrock gesorgt – jetzt will sie es ihm gleichtun.

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FOTO: IMAGO Guter Test für Tokio 2020: Philip Heintz.

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