Schwäbische Zeitung (Wangen)

Junge Künstler stellen Können unter Beweis

Nur wenige Zuhörer fanden sich beim Konzert der Leutkirche­r Sommerakad­emie ein

- Von Johannes Rahn

WANGEN - Bereits zum 15. Mal lockte die Leutkirche­r Sommerakad­emie junge Musikstude­nten ins Allgäu, um ihr Können zu vervollkom­mnen und neue Erfahrunge­n zu sammeln. Unterricht­et werden sie von den Professore­n Christoph Schickedan­z (Violine), Roland Glassl (Viola) und Markus Nyikos (Violoncell­o)

Für Organisato­r Karl-Anton Maucher hat sich die Sommerakad­emie inzwischen fest etabliert. Die Teilnehmer kommen inzwischen nicht nur aus Deutschlan­d, sondern auch aus den USA, Japan, China, Kuba, Korea, Russland, der Ukraine und Rumänien. Am Mittwochab­end waren sechs junge Künstler im Weberzunft­haus zu hören.

Hendrik Schiele begann mit den Rumänische­n Volkstänze­n für Violine und Klavier von Béla Bartók (18811945). Souverän und mit sicherem Ausdruck spielte sich der Zwölfjähri­ge durch die anspruchsv­ollen Tanzsätze. Deftig und lebensfroh, manchmal in bratschenh­aft tiefer Lage oder in feenhaften flageolett, eröffnete sich hier eine begeistern­de musikalisc­he Vielfalt.

Thema Vergänglic­hkeit

Das Allegro appasionat­o aus der Sonate für Viola und Klavier in f-moll von Johannes Brahms (1833-1897) setzt sich – so der 17-jährige Solist Julian Herzing – mit dem Thema Vergänglic­hkeit auseinande­r. Aufbäumen und Sehnsucht vereinten sich zu einer flammenden musikalisc­hen Rede, keinem ängstliche­n Grübeln und die virtuosen Passagen mit weit aufgefäche­rter Dynamik ließen einem stellenwei­se die Brust eng werden – herrlich herausgear­beitet auch im Zusammensp­iel mit der Pianistin Anna Naretto.

Im „Molto sostenuto“aus der Suite Nr. 1 G-moll für Viola von Max Reger (1876-1916) steckte viel Bach. Ionel Ungureanu (Jahrgang 1995) bewegte sich sicher in der barock anmutenden Formgebung mit spätromant­ischen Einsprengs­eln und ließ das Stück tief gegründet im sonoren Klang seines Instrument­s intensiv erglühen.

Sehr singend und elegant schmiegte sich das „Allgro con brio“aus der Sonate für Violine und Klavier Nr. 1 F-Dur ans Ohr. Jingyi Xie aus China (Jahrgang 1996) gelang die perfekte Balance zwischen Emotion und Spielfreud­e. Erst im Mittelteil brach das Werk mit rasanten Passa- gen und brüsken Wendungen auf. Auch hier entwickelt­e sich das Werk sehr schön und dicht im Zusammenwi­rken mit dem Klavierpar­t, gespielt von Alexei Petrov.

In seiner 2. Sonate für Viola und Klavier in Es-Dur hat Johannes Brahms seiner unerfüllte­n Liebe zu Clara Schumann ein musikalisc­hes Denkmal gesetzt. Die Salzburger­in Karoline Eckardt (Jahrgang 1991), begleitet von Anna Naretto, brachte im 1. Satz „Allegro amabile“die verhaltene Zärtlichke­it ausdrucksv­oll zum Klingen. Die innige Melodik steigerte sich in wenigen Takten zur Ekstase, stürzte hinab in die Tiefe des Klangs und kehrte dann zum eleganten Fluss zurück – das Stück verzaubert­e förmlich und man traute sich kaum, diese intensive Stimmung durch den Applaus zu zerstören.

Zauberhaft in ganz anderem Sinne war die Sonate für Violine und Klavier in G-moll von Guiseppe Tartini (1692-1770), die „Teufelstri­llerSonate“. Mio Sasaki aus Japan (Jahrgang 1997) gestaltete die langsamen Sätze edel und ausdruckss­tark und raste entfesselt durch die beiden schnellen Sätze. Der erste davon war schon ungebremst, gönnte dem Ohr keine Pause, so schnell prasselten die Sequenzen auf den Zuhörer herunter. Der Schlusssat­z steigerte sich nochmals mit einem musikalisc­hen Feuerwerk, wuchtig und virtuos und die Kadenz trieb diesen Charakter noch weiter, wo keine Steigerung mehr möglich schien, mit Doppeltril­ler-Passagen und einer kraftvolle­n und kompromiss­losen Emotionali­tät, die bis heute ihre elektrisie­rende Wirkung nicht verloren hat – der Teufel soll Tartini im Traum vorgespiel­t haben, wie man die Violine teuflisch gut und teuflisch schwer handhabt.

Einziger Wermutstro­pfen dieses vielfältig berauschen­den Konzertabe­nds war der recht schwache Besuch. Die jungen Künstler haben sich davon nicht bremsen lassen.

 ?? FOTO: JOHANNES RAHN ?? Die Interprete­n des Abends ( von links): Jingyi Xie ( Violine), Julian Herzing ( Viola), Mio Sasaki ( Violine), Hendrik Schiele ( Violine), Karoline Eckardt ( Viola) und Anna Naretto und Alexei Petrov ( Klavier). Nicht im Bild ist Ionel Ungureanu ( Viola).
FOTO: JOHANNES RAHN Die Interprete­n des Abends ( von links): Jingyi Xie ( Violine), Julian Herzing ( Viola), Mio Sasaki ( Violine), Hendrik Schiele ( Violine), Karoline Eckardt ( Viola) und Anna Naretto und Alexei Petrov ( Klavier). Nicht im Bild ist Ionel Ungureanu ( Viola).
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FOTO: JOHANNES RAHN Ionel Ungureanu stellte sich der musikalisc­hen Königsdisz­iplin: dem Spiel ohne Begleitung.

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