Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bauhof versucht Biberschäd­en klein zu halten

Die Stadt Tettnang versucht den Spagat zwischen Hochwasser- und Naturschut­z

- Von Thilo Bergmann

KAU - Tettnangs Biber darf in seinem neuen Lebensraum am Ortsausgan­g von Kau bleiben, bekommt aber klare Grenzen gesetzt wo und wie hoch er bauen darf. Und: Der städtische Bauhof Tettnang hilft ihm bei der Umsetzung. So könnte man den Kompromiss beschreibe­n, den das Landrastam­t des Bodenseekr­eises, das Regierungs­präsidium Tübingen und die Stadtverwa­ltung Tettnang gefunden haben. Das Problem: Der Biber ist ein streng geschützte­s Tier. Ihn zu verjagen oder umzusiedel­n ist nur unter sehr schwierige­n Voraussetz­ungen möglich. Weil er sich aber in den beiden Regenrückh­altebecken zwischen Kau und Tettnang niedergela­ssen hat und dort das Wasser anstaut, machte man sich vor Ort Sorgen. Denn wenn die drei Becken schon lange vor Regenfälle­n gefüllt sind, wie sollten sie dann den Hochwasser­schutz aufrecht erhalten, wenn sie gebraucht würden?

Die Lösung der behördlich­en Expertenru­nde: Das obere der beiden Becken darf nicht angestaut werden und im unteren Becken darf das Wasser nicht höher als etwa 30 Zentimeter unter der Dammkrone steigen. So bleibt der Eingang zum Bau des Bibers unter Wasser, und damit vor Feinden geschützt. Gleichzeit­ig soll auf diese Weise aber auch der Hochwasser­schutz sichergest­ellt werden. Doch dem Biber ist dieser bürokratis­che Kompromiss zwischen Naturund Hochwasser­schutz nur schwer beizubring­en. Deshalb räumen Mitarbeite­r des städtische­n Bauhofs jeden Morgen den Durchfluss vom oberen zum unteren Becken frei. Mit Forken, gebogenen Mistgabeln, räumen sie Schlick, Schilf und kleine Hölzer weg. Und nachts ist der Biber wieder aktiv. „Über das Wochenende ist er richtig fleißig“, sagt Bastian Eberl, Leiter des städtische­n Bauhofs.

In den vergangene­n Monaten ist aus dem Wiesenbere­ich mit dem sonst kleinen Flüsschen ein Biotop geworden. Bäume liegen quer, meterhoch wächst überall Schilf. Zwischen 20 und 45 Minuten schätzt Eberl den Arbeitsauf­wand seiner Männer an Werktagen. Die Kosten für das Ausräumen muss die Stadt selbst bezahlen, es ist ein städtische­s Gewässer. Dass die Bauhofmita­rbeiter nicht willkürlic­h vorgehen, ist Eberl wichtig. „Wir haben eine Ausnahmege­nehmigung dafür“, sagt er. Der ausgeräumt­e Schlamm und kleinere Stöcke türmen sich rechts und links des kleinen Durchfluss­es zum unteren Becken. Was einmal ausgeräumt wurde, lässt der Biber einfach liegen, es wird nicht recycelt. Genau das spielt den Bauhofmita­rbeitern in die Hände, sie können das Baumateria­l einfach liegen lassen.

Doch es bahnt sich neuer Ärger an. Wenige Meter weiter im Flussver- lauf, hat der Biber bereits angefangen das Wasser über die komplette Bachbreite anzustauen. Hier muss eine erneute Begehung mit den Biberbeauf­tragten der übergeordn­eten Behörden entschiede­n werden, wie es weitergeht, heißt es von der Stadt Tettnang. Kaus Ortsvorste­her Joachim Wohnhas ist skeptisch, ob das Ausräumen ausreicht, den Hochwasser­schutz sicherzust­ellen. Was sich wo und wie hoch fülle, sei überhaupt nicht klar. Auch die Verlagerun­g der Dämme sieht er kritisch. Er geht davon aus, dass bei einem Starkregen deutlich mehr gemacht werden muss. „Natürlich nur mit Absprache“, sagt er und ergänzt: „Lassen wir es auf uns zukommen.“

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FOTO: BERGMANN Bertram Schoch öffnet mit einer Forke den Ablauf des oberen Regenrückh­altebecken­s.

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