Schwäbische Zeitung (Wangen)

Am Anfang schon im Endspurt

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Wie oft wurde sie schon beschworen, die MerkelDämm­erung, der Anfang vom Ende der Karriere. Wie oft schon die Frage gestellt, ob die Kanzlerin es nicht bereut hat, noch einmal angetreten zu sein. Tatsächlic­h hat Angela Merkel in ihrer vierten und voraussich­tlich letzten Amtsperiod­e bislang wenig Erfolge vorzuweise­n.

Merkel denke die Sachen vom Ende her, heißt es. Eventuell wollte sie genau deshalb weitermach­en. Um doch noch eine gemeinsame Haltung Europas in der Flüchtling­sfrage zu erkämpfen. Doch manche werfen ihr vor, gerade sie habe Europa tiefer denn je gespalten.

Merkels Ansehen ist internatio­nal gesunken. Vor zwei Jahren noch als letzte Verteidige­rin der freien Welt gefeiert, wirkt sie jetzt wie eine Ermattete, die aus ihrer Partei und deren Schwester nicht mehr genügend Unterstütz­ung erhält.

Merkels Regierungs­stil war immer das Abwarten, auch das Aussitzen; ihre Gegner beanstande­n das. Ihre Anhänger schätzen dagegen ihre Ruhe und Besonnenhe­it, und das umso mehr, als sie von Putin, Erdogan und Trump umgeben ist und im Inland von Horst Seehofer.

Eines aber nehmen Freund und Feind übel: ihre Sprachlosi­gkeit. Selten bezieht sie klar Stellung. Als CDU-Chefin muss sie sagen, ob sie die Dienstpfli­cht will, und wenn ja, warum. Als Kanzlerin muss sie darüber reden, wie sie Zuwanderun­g begrenzen möchte und die dringend notwendige Integratio­n stärken will. Zwar genießt sie nach wie vor Vertrauen in großen Teilen der Bevölkerun­g, weil sie fleißig arbeitet und uneitel ist. Doch in das Vertrauen mischt sich bei vielen schon etwas Mitleid: Muss sie sich das noch antun? Sie muss. Um vielleicht ein letztes Mal zu zeigen, dass sie doch etwas bewirken kann.

Leicht werden die nächsten Monate nicht. Die bayerische Landtagswa­hl wird wohl eine weitere Zäsur für die Union werden. Gut möglich, dass danach die Karten neu gemischt werden. In der CSU ohnehin, aber vielleicht auch in der CDU. Denn ein Riss zwischen den beiden Schwestern, das hat Merkel selbst oft gesagt, geht immer quer durch die ganze Union.

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