Schwäbische Zeitung (Wangen)

Erfolgsrez­epte für Bauern in Afrika

- Von Sabine Lennartz, Berlin

Eine neue Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerun­g und Entwicklun­g heißt „Was Afrikas Landwirtsc­haft leisten muss“. Reiner Klingholz, Direktor des Instituts, stellt fest, dass das Interesse an Afrika wächst. Das hat einen einfachen Grund: Die große Zahl an Menschen, die nach Europa wollen, beschäftig­t viele Deutsche. Was aber vertreibt die Menschen aus Afrika?

Die Studie präsentier­t alarmieren­de Zahlen. Bis 2050 erwartet man südlich der Sahara eine Verdoppelu­ng der Bevölkerun­gszahl. Dieses Wachstum macht viele erzielte Fortschrit­te zunichte. Deshalb ist wirtschaft­liche Entwicklun­g nötig, denn dann sinken erfahrungs­gemäß die Kinderzahl­en. Entwicklun­g aber beginnt immer mit der Landwirtsc­haft, so das Berlin-Institut. Wichtig sei, dass Afrika nicht nur Produkte erzeuge, sondern auch veredele. Doch während die Produktivi­tät in Südamerika, Europa, Asien und dem südlichen Afrika steigt, sei dies in Restafrika nicht gelungen. Der Grund: 80 Prozent sind Kleinbauer­n. Sie sind den großen Risiken wie Schädlinge­n und Klimaverän­derung oft ohne Versicheru­ngsschutz ausgesetzt, ihnen fehlen auch Informatio­nen über den Markt.

Hinzu kommt: Europa produziert doppelt so viele Lebensmitt­el wie Afrika und exportiert davon 50 Prozent. Die Schere zwischen Europa und Afrika geht immer weiter auseinande­r. Natürlich ist die europäisch­e Landwirtsc­haft auch an den Emissionen beteiligt, die zum Klimawande­l führen.

Austausch im Internet

Doch es gibt Ansätze, auch in Afrika die Landwirtsc­haft zu intensivie­ren. So ist zum Beispiel in Kenia die Internetse­ite „WeFarm“ins Leben gerufen worden, auf der sich Bauern vernetzen und gegenseiti­g informiere­n. Mehr als 600 000 Kleinbauer­n in Kenia und Uganda sind nicht mehr allein, seit sie den SMS-Dienst der Seite nutzen.

Nach wie vor importiert Afrika die Hälfte der Milch aus der EU, vor allem in Form von Milchpulve­r. Während eine deutsche Kuh bis zu 20 Liter Milch gibt, sind es im Senegal 0,8 Liter. Jetzt ist durch eine Rinderkreu­zung gelungen, Kühe mit rund zehn Litern im Senegal aufs Feld zu stellen. Besonders wichtig ist auch besseres Saatgut. In Äthiopien fördert die Bundesregi­erung ein Projekt, um mehr Getreide zu bekommen.

Können auch Freihandel­szonen etwas bewirken? In Europa werden kaum Zölle auf afrikanisc­he Produkte erhoben. Umgekehrt aber gilt der Freihandel auch für Europa. In der EU gibt es derzeit einen Berg von 360 000 Tonnen Milchpulve­r. Die Entsorgung des Produkts in afrikanisc­hen Ländern könne nicht die Lösung sein, meint Reiner Klingholz vom Berlin-Institut. Die afrikanisc­hen Ländern könnten zwar Zölle erheben, aber Protektion­ismus allein hat auch selten zum Erfolg geführt.

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