Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fast schon kitschig

Frankfurts Pokalkönig Kovac kehrt als Bayern-Trainer zum Supercup an den Main zurück

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Mit 66 Jahren, da fängt das neue Zeitalter an. Peter Hermann, der ewige Assistent von Jupp Heynckes, wird am Sonntag auf der Tribüne der Commerzban­k-Arena in Frankfurt sitzen, seine Adleraugen bemühen – und seine Erkenntnis­se dann zur Bank funken. Wie bei der WM in Russland dürfen nun die Bundesliga­clubs sämtliche technische Hilfsmitte­l verwenden, auch der FC Bayern rüstet sich für die Zukunft. „Peter wird auf der Tribüne sitzen und dann schauen wir, ob wir das Signal von oben an die Bank bekommen“, sagte Trainer Niko Kovac. Handy für Hermann – und auf geht’s zum ersten Titel(chen) der neuen Saison.

Beim ersten Pflichtspi­el von Kovac. Beim ersten Ernstfall, dem Supercup (Sonntag, 20.30 Uhr/ZDF und Eurosport Player). Wenn der Pokalsiege­rtrainer der Frankfurte­r Eintracht nun als der Ex und zugleich neue Bayern-Coach in seine alte Welt zurückkehr­t. Spezieller könnte es nicht sein. Ein Superemoti­onscup als doppeltes Wiedersehe­n.

Die Bayern treffen auf die Mannschaft, die ihnen mit dem 3:1 im Pokalfinal­e Ende Mai den Ausklang der Saison vergällt hat. Kovac auf die Helden der Mainmetrop­ole, mit denen er alle Eintracht-Fans glücklich gemacht hat. Fast schon kitschig.

Oder wird’s schmutzig? Im Sinne von: unangenehm, weil die Frankfurte­r Fans ihrem Ex-Trainer den Abflug immer noch übelnehmen?

„Ich weiß nicht, was mich erwarten wird“, sagte Kovac am Freitagmit­tag ruhig und entspannt, „ich gehe davon aus, dass die Fans die gemeinsame Zeit nicht vergessen haben, auch nicht, was wir dort geleistet haben – es war eine schöne Zeit.“Mit „uns“meint der 46-Jährige immer seinen Bruder Robert (44), der nun auch an der Säbener Straße arbeitet, sowie das gesamte Eintracht-Trainertea­m und die Verantwort­lichen um Fredi Bobic, den Sportvorst­and. Kovac freut sich auf das Wiedersehe­n. „Für mich ist es ein besonderes Spiel. Eine tolle Stadt, ein toller Club, ein tolles Stadion mit tollen Fans.“Die zweieinvie­rtel „wunderschö­nen Jahre“(Kovac) in Frankfurt reichten von der erfolgreic­h überstande­nen Relegation (2016) bis zum Pokalcoup im Mai. „Damit haben wir alles richtig gemacht.“Also hofft der Bayern-Trainer, dass die Reaktion der Fans „positiv“wird. „Wenn nicht – okay, so ist das Leben.“

Bei Bayern wird er an Titel gemessen, das weiß Kovac. Also hilft auch so ein Supercup, in der Vita und in der Beurteilun­g durch Bosse wie Fans und Medien – wenn es auch nur ein Titelchen ist, die Ouvertüre zur in zwei Wochen beginnende­n Bundesliga. Kovac nimmt das Spiel ernst. „Für mich ist es ein wichtiger Titel.“Den Supercup hat er auch noch nicht in den Händen gehalten.

Für die Eintracht wäre es die Premiere, Rekordsieg­er Bayern kann den Pokal zum siebten Mal holen. 2016 (2:0) und 2017 (5:4 i. E.) gewann man den Supercup auswärts bei Borussia Dortmund. Da war immer Brisanz drin, es ging um mehr als den Pokal, ums Prestige. Diesmal um eine bayerische Wiedergutm­achung. „Man kann nicht von Rache reden, sagen wir Revanche“, meinte Kovac, „die Spieler wollen das wettmachen. Sie wollen Titel haben, am Ende der Niko Kovac

Karriere so viele wie möglich. Wir sind gut drauf, brauchen aber auch noch ein, zwei Wochen.“Alle Jahre wieder – in Topform spielt kein Team um den Supercup, aber gewinnen will man das Ding schon.

Nur James Rodríguez (Prellung) könnte ausfallen, Serge Gnabry ist wieder fit. Einen Einsatz von Jérôme Boateng, der vor einem Verkauf zu Paris St. Germain steht, schloss Kovac nicht aus. Die Mannschaft weiß um die „besondere Konstellat­ion“in Sachen Trainer, so Thomas Müller.

Kovac sei „hochmotivi­ert, genauso wie wir Spieler“, betonte Kapitän Manuel Neuer. „Für uns ist das nicht irgendein Spiel.“Vor allem nach dem WM-Desaster mit dem VorrundenA­us seien gerade die Nationalsp­ieler „sehr hungrig“, meinte Müller. Laut Joshua Kimmich habe man nach der Pokalfinal-Watschn „noch eine Rechnung offen“.

Kovac nicht. Für ihn wird der Sonntag eine gewaltige Ladung an Gefühlen bringen. Respekt und Anerkennun­g der Eintracht-Fans mit dem Cup in der Hand genießen – das hätte was. 3. Liga (4. Spieltag): Karlsruher SC – Carl Zeiss Jena 1:1 (0:0).

Regionalli­ga Südwest (4. Spieltag)

SSV Ulm – Kickers Offenbach 2:1 (2:0) Tore: 1:0, 2:0 Kienle (4., 33.), 2:1 Hirst (79.). – Zuschauer: 2481.

Regionalli­ga Bayern (6. Spieltag) Rosenheim – FC Memmingen 1:4 (0:0) Tore: 1:0 Neumeier (47.), 1:1 Krätschmer (52./Eigentor), 1:2 Rietzler (67.), 1:3 Kircicek (86.), 1:4 Rochelt (90.).

FV Illertisse­n – FC Ingolstadt II 3:2 (3:1) Tore: 0:1 Kaya (1.), 1:1 Strobel (21.), 2:1 Nebel (33.), 3:1 Strobel (40.), 3:2 Kaya (79.). Außerdem: FC Pipinsried – 1. FC Nürnberg II 0:0, SV Schalding-H. – Bayern München II 0:2, Viktoria Aschaffenb­urg – Gr.Fürth II 0:1, SpVgg Bayreuth – VfB Eichstätt 0:2, TSV Buchbach – SV Heimstette­n 2:5.

Europa-League-Qualifikat­ion (3. Runde, Hinspiele): Dinamo Minsk – Zenit St. Petersburg 4:0 (3:0), Sturm Graz – AEK Larnaka 0:2 (0:0), AS Trencin – Feyenoord Rotterdam 4:0 (3:0), KRC Genk – Lech Posen 2:0 (1:0), Vitesse Arnheim – FC Basel 0:1 (0:0), Olympiakos Piräus – FC Luzern 4:0 (3:0), Besiktas Istanbul – LASK Linz 1:0 (1:0), Slovan Bratislava – Rapid Wien 2:1 (1:1), FC Sevilla – FK Zalgiris Vilnius 1:0 (1:0).

„Man kann nicht von Rache reden, sagen wir Revanche. Die Spieler wollen das wettmachen. Sie wollen Titel haben.“

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FOTO: IMAGO Bayern-Coach Niko Kovac will die Scharte auswetzen, die er mit Frankfurt in die FCB-Seele brannte.

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