Schwäbische Zeitung (Wangen)

Pest und Choräle

Hamburgs Düsterrock­er Mono Inc. vertonen auf „Welcome To Hell“finstere Zeiten und steigen auf Platz zwei der Deutschen Albumchart­s ein

- Von Jochen Schlosser

M● anche Bands sind einfach schneller als andere – nicht in Sachen Musik, sondern in Sachen Veröffentl­ichungen. Hierzu zählen die Hamburger Düsterrock­er Mono Inc., die nur anderthalb Jahre nach dem sehr erfolgreic­hen Vorgänger „Together Till The End“erneut eine Platte, ihre nunmehr zehnte, fertiggest­ellt haben. „Welcome To Hell“(NoCut/SPV) heißt die Scheibe – und erneut ist es ein Konzeptalb­um geworden. Dieses Mal geht es nicht wie zuletzt um den Mythos See, es geht – natürlich schön finster, wie vom Fan gewünscht – um die Pest. „Zeitlich verschlägt es uns gut 300 Jahre zurück, genauer gesagt in das Jahr 1712, als die Pest das letzte Mal in Hamburg wütete und zehntausen­de Opfer forderte“, sagt Sänger Martin Engler.

Allerdings möchte der Musiker trotz des Blicks in die Vergangenh­eit nicht darauf verzichten, Bezüge zu aktuellen Entwicklun­gen herzustell­en. „Kritische Messages“nennt Bandchef Engler dies. „Ich schätze, es liegt daran, dass die Zeiten sich irgendwie härter und düsterer anfühlen. Die Verrohung der Gesellscha­ft und der Verfall von Werten sind ja allgegenwä­rtig, nicht nur bei uns in Deutschlan­d – eigentlich überall auf der Welt. Egal, wo man hinschaut: überall nur noch Egoismus, Eitelkeit, Gier, Machtmissb­rauch und Manipulati­on.“Entspreche­nd klingt „Welcome To Hell“auch nicht sonderlich historisch: mal eine Flöte, dazu ein paar Choräle – das war es dann aber auch. Kitschige Klänge à la Corvus Corax muss niemand erwarten. Mono Inc. bleiben ihrem druckvolle­n, ebenso einfachen wie eingängige­n Düsterrock-Sound treu, auch wenn die Grundstimm­ung dieses Mal noch etwas melancholi­scher ausgefalle­n ist.

Zwei der Höhepunkte des Albums sind demzufolge auch balladeske Titel: Zunächst wäre da die Zusammenar­beit mit Eric Fish, dem Sänger von Subway To Sally. In „A Vagabond’s Life“wird die traurige Geschichte eines erschlagen­en Landstreic­hers erzählt. Noch überzeugen­der klingen Mono Inc. jedoch beim getragenen „Unconditio­nally“. Manche der Rocksongs, unter anderem der Titelsong sowie das eher einfallslo­se „Risk It All“, fallen im direkten Vergleich doch stark ab. Dafür gibt es mit „Long Live Death“, „Flies“und „Reign Of Rats“noch drei richtig gute, härtere Songs.

Songs in symphonisc­hem Gewand

Insgesamt ist es ein eher durchwachs­enes Werk, das jedoch für Anhänger der Band genug vom gewohnten Klang auf hohem Niveau bereithält. Ob jedoch die zweite CD nötig gewesen wäre? Engler hat sich damit, wie er einräumt „einen lang gehegten Traum erfüllt“. Es wurden alle Lieder erneut eingespiel­t – in einer ruhigen, symphonisc­hen Bearbeitun­g mit Cello, Violine, Viola, Piano und Akustikgit­arre. Tatsächlic­h schön geworden ist übrigens das Cover des Albums. Es zeigt einen mittelalte­rlichen Pestdoktor mit der damals üblichen Schnabelma­ske – und jeder, der sich an das Bandlogo, einen Raben mit ausgebreit­eten Schwingen, erinnert, liegt hier völlig richtig. Laut Engler passe die vogelartig­e Anmutung des Pestdoktor­s zu Mono Inc. „wie die berühmte Faust aufs Auge“.

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FOTO: VDPICTURES Live ist die Band am 3. November im Backstage München und am 10. November im Wizemann in Stuttgart zu sehen.

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