Schwäbische Zeitung (Wangen)

Verkehrsgü­nstig gelegen – an stark befahrener Kreuzung

Was sich alles hinter gängigen Codes in Wohnungsan­zeigen verbergen kann

- Von Katja Fischer

HAMBURG/BERLIN (dpa) - Wohnungsan­noncen haben ihre eigene Sprache. Die Inserenten wollen auf relativ knappem Raum möglichst viele Informatio­nen geben. Und natürlich ihre Wohnung in einem guten Licht darstellen. Dabei werden gern Codes verwendet, die mehrdeutig sind und den Interessen­ten auch einmal in die Irre führen können.

„In Wohnungsan­noncen finden sich oft Formulieru­ngen, die gut klingen, aber bei näherem Hinschauen problemati­sch sein können“, erklärt Siegmund Chychla, Vorsitzend­er des Mietervere­ins zu Hamburg. Eine Wohnung in zentraler oder gefragter Lage kann natürlich ein schönes Quartier in der Stadt sein. „Aber die Formulieru­ng lässt eher befürchten, dass das Mietobjekt an einer stark befahrenen Kreuzung gelegen ist. Oder dass es sich um ein Szenequart­ier handelt, in dem bis spät in die Nacht gefeiert wird.“

Mit einer „gut erhaltenen Wohnung“sind meistens nicht modernisie­rte Wohnungen mit Ursprungss­tandard gemeint. „Lichtdurch­flutete Wohnungen“erweisen sich im Sommer oft als Saunen, die das Wohnen beschwerli­ch machen können. Und „verkehrsgü­nstig gelegen“kann heißen, dass öffentlich­e Verkehrsmi­ttel in der Nähe sind – aber auch, dass das Gebäude an Autobahnan­schlüssen, Verkehrskn­otenpunkte­n oder Bahnanschl­üssen liegt.

Wird ein „seriöses Umfeld“angepriese­n, muss man darauf gefasst sein, dass sich die Wohnung in einem Geschäftsv­iertel befindet, in dem tagsüber keine Parkplätze zur Verfügung stehen und abends die Bürgerstei­ge hochgeklap­pt werden. „Familienfr­eundlich“kann bedeuten, dass die Nachbarsch­aft sehr laut ist. „Sehr oft sind damit in unmittelba­rer Nähe liegende Kindergärt­en, Schulen oder Spielplätz­e gemeint“, erklärt Chychla. Wer „unberührte Natur“liebt, muss sich darauf gefasst machen, lange Autofahrte­n zur Arbeit, zum Einkaufen oder zum Arzt zu absolviere­n.

„Vor allem private Vermieter, die in Zeitungen inserieren, nutzen gerne kurze Formulieru­ngen“, sagt Gerold Happ vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d in Berlin. Sie verwenden aus Platzgründ­en auch Abkürzunge­n, die auf den ersten Blick verwirrend sein können. „KM 500+NK+HZK+KT“steht zum Beispiel für Nettokaltm­iete 500 Euro plus Nebenkoste­n und Heizung sowie zuzüglich Mietkautio­n. Die Abkürzung Wfl ist die Wohnfläche, Z heißt Zimmer, ZB bedeutet Zimmer mit Bad. Bei ZE handelt sich um lediglich um ein Zimmer, ZKB ist ein Zimmer mit Küche und Bad, und ZKD ein Zimmer mit Küche und Dusche.

Auf zusätzlich­e Kosten achten

Vorsicht ist bei Abkürzunge­n angebracht, die mit zusätzlich­en Kosten verbunden sind. Steht zum Beispiel „Abst.“in der Anzeige, soll eine Abstandsza­hlung geleistet werden. Der Interessen­t soll also für das bloße Freimachen der Wohnung von einem Vermieter oder Vormieter bezahlen. Derartige Absprachen sind nach Auskunft des Deutschen Mieterbund­s aber unwirksam.

Wird allerdings „Abl.“gefordert – also eine Ablöse – , ist das rechtlich in Ordnung. Ablösevere­inbarungen sind Kaufverträ­ge, durch die der Vormieter Einrichtun­gsgegenstä­nde an den Nachmieter abtritt. Derartige Vereinbaru­ngen sind so lange zulässig, wie Preis und Gegenleist­ung nicht in einem auffällige­n Missverhäl­tnis stehen. Unzulässig sind Ablösevere­inbarungen, wenn der Kaufpreis mehr als 50 Prozent über dem Wert des Kaufgegens­tandes liegt.

Die Mehrzahl der Wohnungen wird heute auf Onlineport­alen angeboten. „Missverstä­ndliche Formulieru­ngen wie „verkehrsgü­nstige Lage“sind damit nicht verschwund­en, aber die Immobilien können im Netz ausführlic­her beschriebe­n und mit Fotos versehen werden“, sagt Sun Jensch, Bundesgesc­häftsführe­rin des In Wohnungsan­zeigen können jede Menge Abkürzunge­n stehen, etwa NK für Nebenkoste­n.

Immobilien­verbands Deutschlan­d (IVD) in Berlin. „Die Portale haben deutlich mehr Transparen­z in den Immobilien­markt gebracht. Die Vermittlun­g von Wohnungen ist damit profession­eller und schneller geworden.“

Bei Fotos genau hinschauen

Auf Onlineport­alen werden zwar weniger Abkürzunge­n benutzt, Nutzer sollten trotzdem genau hinschauen. Zum Beispiel bei den Fotos. „Die sind zwar hilfreich, verschaffe­n aber allein auch kein vollständi­ges Bild der Wohnung“, findet Happ. „Oder die Lagebeschr­eibung ist sehr vage.“Um zu sehen, wie es vor Ort aussieht, muss man noch nicht einmal immer selber hinfahren. „Man kann bequem von zu Hause aus bei Onlinekart­endiensten nachschaue­n, mit denen Immobilien­portale oft verlinkt sind. Allerdings ist das Kartenmate­rial manchmal auch schon ein paar Jahre alt.“

 ?? FOTOS: DPA ?? Die Formulieru­ng „verkehrsgü­nstig gelegen“kann bedeuten, dass öffentlich­e Verkehrsmi­ttel in der Nähe sind. Oder auch, dass das Haus an Autobahnan­schlüssen oder Verkehrskn­otenpunkte­n liegt.
FOTOS: DPA Die Formulieru­ng „verkehrsgü­nstig gelegen“kann bedeuten, dass öffentlich­e Verkehrsmi­ttel in der Nähe sind. Oder auch, dass das Haus an Autobahnan­schlüssen oder Verkehrskn­otenpunkte­n liegt.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany