Partyvolk treibt Nachbarn in Wahnsinn
Nächtliche Gelage rund um eine Tankstelle – Stadt Ravensburg tut nichts dagegen
RAVENSBURG - Die Aral-Tankstelle in der Ravensburger Jahnstraße ist die einzige Benzinzapfstelle in der weiteren Umgebung, die sieben Tage lang rund um die Uhr geöffnet hat. Für die Anwohner ist das seit Jahren ein Riesenproblem. Denn in den Nächten sind sie erheblich gestört durch Feiernde, die sich dort mit Alkohol versorgen und im Umfeld der Tanke stundenlang aufhalten. Ein Anwohner sagt: „Diese Situation macht auf Dauer krank.“
Die Anwohner, alle wollen anonym bleiben, weil sie nach eigenem Einschreiten gegen Betrunkene schon Opfer von Sachbeschädigungen und Bedrohungen wurden, sind verzweifelt. Sie fühlen sich allein gelassen. Die Stadt Ravensburg mache seit Jahren, obwohl die Situation bekannt sei, nichts. Und die Polizei, die komme zwar, wenn man sie ruft, doch sie nehme in der Regel nicht einmal die Personalien der nächtlichen Ruhestörer auf, Anzeige werde nicht erstattet. Kaum sei die Polizei weg, seien die Trinker wieder da, so ein Nachbar.
Die 24-Stunden-Tankstelle ist ein optimales Alkoholversorgungszentrum. In den Nächten zwischen Donnerstag und Sonntag sei es am schlimmsten, klagen die Anwohner. Mit quietschenden Reifen, dröhnenden Auspuffanlagen und lauter Musik kommen die zumeist jungen Erwachsenen am späteren Abend, um sich mit Alkohol einzudecken. Praktisch für sie: Hinter der Tankstelle sind gemütliche Treppchen zum sitzen, direkt gegenüber ist ein Spielplatz, der permanent vom Feiervolk belagert wird.
Gegen Mitternacht kehrt zumeist Ruhe ein für die Nachbarn. Denn da ziehen die Leute weiter in die Clubs und Discotheken. Gegen vier oder fünf Uhr morgens verlassen sie ihre Feierstätten und kehren zur Aral-Tankstelle zurück, um sich erneut mit Alkohol einzudecken – und im Umfeld der Tanke weiterzufeiern.
Ein Nachbar hat allein die Vorfälle der vergangenen vierzehn Tage protokolliert: Kaum ein Tag war da, an dem es nicht zu erheblichen Belästigungen kam durch Lärm, Scherben, Schmutz und Körperausscheidungen jeglicher Art.
Besonders verärgert sind die Anwohner über das Verhalten der Ravensburger Stadtverwaltung. Schon seit zehn Jahren kämpfen sie für eine Verbesserung ihrer Nachtruhe, ohne Erfolg. „In allen Gesprächen wurde immer auf die komplizierte Lage hingewiesen und betont, dass es keine einfache Lösung gibt“, sagt ein Nachbar. Am 23. Januar 2017 gab es einen Ortstermin mit der Verwaltung. Dabei wurde von der Stadt im Protokoll festgehalten, dass auf dem Spielplatz eine deutliche Beschilderung fehle, die auf das nächtliche Alkoholkonsumund Aufenthaltsverbot hinweist. Geschehen ist seither nichts. Obwohl die Verwaltung gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“selbst einräumt: „In Ravensburg haben nächtliche Ruhestörungen seit der Aufhebung des Alkoholverkaufsverbots deutlich zugenommen.“In der Jahnstraße galt dieses Verbot nie.
Anwohner fühlen sich missachtet
Kritik gibt es auch an der Polizei. Die komme zwar, wenn man sie rufe, aber durch das ständige Alarmieren fühlen sich die Nachbarn von den Beamten inzwischen „wie Querulanten behandelt“. Zudem schicke die Polizei die Betrunkenen nur weg, anstatt sie zu verwarnen oder anzuzeigen. Das habe keine nachhaltige Wirkung. Ist das Polizeiauto weg, seien die Trinker wieder da. „Kinderfasching“, kommentiert ein Nachbar das Verhalten der Beamten.
„Seit über zehn Jahren interessiert unsere extreme nächtliche Belästigung keine Sau“, murrt ein Anwohner. Die Nachbarn fordern, dass ihr Problem endlich ernst genommen wird. Und ihre Lebensqualität mehr zählt als das Recht Einzelner, in ihrem Umfeld nachts Party zu machen.