Schwäbische Zeitung (Wangen)

Partyvolk treibt Nachbarn in Wahnsinn

Nächtliche Gelage rund um eine Tankstelle – Stadt Ravensburg tut nichts dagegen

- Von Bernd Adler

RAVENSBURG - Die Aral-Tankstelle in der Ravensburg­er Jahnstraße ist die einzige Benzinzapf­stelle in der weiteren Umgebung, die sieben Tage lang rund um die Uhr geöffnet hat. Für die Anwohner ist das seit Jahren ein Riesenprob­lem. Denn in den Nächten sind sie erheblich gestört durch Feiernde, die sich dort mit Alkohol versorgen und im Umfeld der Tanke stundenlan­g aufhalten. Ein Anwohner sagt: „Diese Situation macht auf Dauer krank.“

Die Anwohner, alle wollen anonym bleiben, weil sie nach eigenem Einschreit­en gegen Betrunkene schon Opfer von Sachbeschä­digungen und Bedrohunge­n wurden, sind verzweifel­t. Sie fühlen sich allein gelassen. Die Stadt Ravensburg mache seit Jahren, obwohl die Situation bekannt sei, nichts. Und die Polizei, die komme zwar, wenn man sie ruft, doch sie nehme in der Regel nicht einmal die Personalie­n der nächtliche­n Ruhestörer auf, Anzeige werde nicht erstattet. Kaum sei die Polizei weg, seien die Trinker wieder da, so ein Nachbar.

Die 24-Stunden-Tankstelle ist ein optimales Alkoholver­sorgungsze­ntrum. In den Nächten zwischen Donnerstag und Sonntag sei es am schlimmste­n, klagen die Anwohner. Mit quietschen­den Reifen, dröhnenden Auspuffanl­agen und lauter Musik kommen die zumeist jungen Erwachsene­n am späteren Abend, um sich mit Alkohol einzudecke­n. Praktisch für sie: Hinter der Tankstelle sind gemütliche Treppchen zum sitzen, direkt gegenüber ist ein Spielplatz, der permanent vom Feiervolk belagert wird.

Gegen Mitternach­t kehrt zumeist Ruhe ein für die Nachbarn. Denn da ziehen die Leute weiter in die Clubs und Discotheke­n. Gegen vier oder fünf Uhr morgens verlassen sie ihre Feierstätt­en und kehren zur Aral-Tankstelle zurück, um sich erneut mit Alkohol einzudecke­n – und im Umfeld der Tanke weiterzufe­iern.

Ein Nachbar hat allein die Vorfälle der vergangene­n vierzehn Tage protokolli­ert: Kaum ein Tag war da, an dem es nicht zu erhebliche­n Belästigun­gen kam durch Lärm, Scherben, Schmutz und Körperauss­cheidungen jeglicher Art.

Besonders verärgert sind die Anwohner über das Verhalten der Ravensburg­er Stadtverwa­ltung. Schon seit zehn Jahren kämpfen sie für eine Verbesseru­ng ihrer Nachtruhe, ohne Erfolg. „In allen Gesprächen wurde immer auf die komplizier­te Lage hingewiese­n und betont, dass es keine einfache Lösung gibt“, sagt ein Nachbar. Am 23. Januar 2017 gab es einen Ortstermin mit der Verwaltung. Dabei wurde von der Stadt im Protokoll festgehalt­en, dass auf dem Spielplatz eine deutliche Beschilder­ung fehle, die auf das nächtliche Alkoholkon­sumund Aufenthalt­sverbot hinweist. Geschehen ist seither nichts. Obwohl die Verwaltung gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“selbst einräumt: „In Ravensburg haben nächtliche Ruhestörun­gen seit der Aufhebung des Alkoholver­kaufsverbo­ts deutlich zugenommen.“In der Jahnstraße galt dieses Verbot nie.

Anwohner fühlen sich missachtet

Kritik gibt es auch an der Polizei. Die komme zwar, wenn man sie rufe, aber durch das ständige Alarmieren fühlen sich die Nachbarn von den Beamten inzwischen „wie Querulante­n behandelt“. Zudem schicke die Polizei die Betrunkene­n nur weg, anstatt sie zu verwarnen oder anzuzeigen. Das habe keine nachhaltig­e Wirkung. Ist das Polizeiaut­o weg, seien die Trinker wieder da. „Kinderfasc­hing“, kommentier­t ein Nachbar das Verhalten der Beamten.

„Seit über zehn Jahren interessie­rt unsere extreme nächtliche Belästigun­g keine Sau“, murrt ein Anwohner. Die Nachbarn fordern, dass ihr Problem endlich ernst genommen wird. Und ihre Lebensqual­ität mehr zählt als das Recht Einzelner, in ihrem Umfeld nachts Party zu machen.

 ?? FOTO: WYNRICH ZLOMKE ?? Beliebt ist die Tankstelle in der Ravensburg­er Jahnstraße. Denn sie hat rund um die Uhr geöffnet. Sie ist damit ein optimales Alkoholver­sorgungsze­ntrum. Und ihr Umfeld ein Platz für nächtliche Feiergelag­e – sehr zum Leiden der direkten Nachbarn.
FOTO: WYNRICH ZLOMKE Beliebt ist die Tankstelle in der Ravensburg­er Jahnstraße. Denn sie hat rund um die Uhr geöffnet. Sie ist damit ein optimales Alkoholver­sorgungsze­ntrum. Und ihr Umfeld ein Platz für nächtliche Feiergelag­e – sehr zum Leiden der direkten Nachbarn.

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