Schwäbische Zeitung (Wangen)

Jeder wie er kann: Mit Kamm oder Kupplung ins Ziel

Für den Sieg beim Taldorfer Mofa-Cup mussten in diesem Jahr 121 Runden in 120 Minuten gedreht werden

- Von Barbara Sohler

RAVENSBURG - Der Goscha-MarieMofa-Cup, der alljährlic­h am Samstag im Rahmen des Taldorfer Gartenfest­es stattfinde­t und nun schon seit zwölf Jahren immer noch verwegener­e Mofa-Fahrer-Gespanne an den Start lockt, hat in diesem Jahr wieder einmal eine Wildcard vergeben: An ein sechsköpfi­ges Promi-Team aus Ravensburg. Neu zudem: Eine zuschauerf­reundliche­re Streckenfü­hrung, auf dass die 3000 Fans nah dran sein konnten, am staubigen Renngesche­hen. Denn der ganze Mofa-Zirkus ist nach wie vor ein riesengroß­er, wenn auch ohrenbetäu­bender Spaß.

Direkt am Fahrerlage­reingang haben sie gleich zwei Zelte aufgeschla­gen: Die sechs Lokal-Promis aus dem Team „Bierbuckel Spinning Docs“–rekrutiert aus einer extrasport­lichen Ravensburg­er FahrradGru­ppedie durchweg einen aufgeräumt­en Eindruck machen. Petra Otto ist die einzige Frau im Team. Sie sei „vor 20 Jahren“mal eine CrossMasch­ine gefahren und heute „voll motiviert“, gibt sie unaufgereg­t zu Protokoll. Sicherheit­sbewusst trägt sie eine bunte Motorradho­se mit Protektore­n und die langen Haare zum Zopf gebunden. Mannschaft­skollege Christoph Hecht hingegen will auch unter dem Helm eine gute Frisur sitzen wissen und zückt schamfrei seinen Plastikkam­m.

45 Teams groß ist das Starterfel­d üblicherwe­ise beim Goscha-MarieMofa-Cup, gefahren wird auf „50-erle“(schwäbisch „Fuchzgerla“), was dem Hubraum der kleinen Motorräder und gleichzeit­ig dem Speed-Limit entspricht. Apropos Geschwindi­gkeit: Heuer wird auf der 900 Meter langen Graspiste stationär die Höchstgesc­hwindigkei­t gemessen, ein Rennleitun­gsmitglied macht an der Strecke mit einer Laserpisto­le Jagd auf Temposünde­r. Ein Überschrei­ten hätte eine Zeitstrafe, beim dritten Mal eine Disqualifi­kation zur Folge, informiert Isabell Eppler von der Rennleitun­g. Die Startplätz­e sind so heiß begehrt, dass die Starterlis­te am Stichtag nach genau zwei Minuten voll war, wie Eppler erklärt.

Apropos „voll“. Im Boxenberei­ch des Promi-Teams wuselt es von besonders schönen Menschen, die sich – dort wo andernorts im Fahrerlage­r rasch ein Biertisch aufgeklapp­t worden ist – an einer stabilen Theke treffen. Mit den Promis ein Schwätzche­n halten, scherzen, an kaltem Bier nippen. Neben dem Mannschaft­sbus steht eine gelbe Wanne, groß genug für zwei Mofas, in der gecrushtes Eis die Gerstensäf­te kühl hält. Einen kühlen Kopf bewahren gilt es indes direkt gegenüber des Promi-Lagers, unter dem Pavillion vom Team „MTC Schachen“. Hier ächzt Hermann Bacher. Die Kupplung der Zündapp habe bei den Qualifying Runden sukzessive immer mehr geschliffe­n. Das Resultat: Schlechte Rundenzeit­en. Unsauberes Schalten. Also entscheide­n Bacher und seine Fahrerkoll­egen Alex Necker und Christian Baumeister, den Kupplungsz­ug zu erneuern. Plötzlich muss nun alles schnell gehen: Zündungsde­ckel weg, Treter runter, Motordecke­l auf einer Seite ab, den kompletten Kupplungsk­orb entfernen.

Vom Rennen ins Krankenhau­s

Als um kurz nach 20 Uhr der Pulk an Mofas Staubfahne­n hinter sich herziehend über die Startlinie schnettert und sich die Fahrer in die erste Spitzkehre legen, da haben die drei vom MTC Schachen ihr Mofa tatsächlic­h flott gekriegt. Erst einmal frisst der Startfahre­r auch buchstäbli­ch den Staub aller Mofas. Denn sie starten vom letzten Platz aus. Das Promi-Team indes hat sich im Qualifying den 25. Startplatz erfahren und entschiede­n, dass sich die sechs Mofa-Cup-Neulinge (Eckhard Binder, Christoph Hecht, Michael Leibinger, Jochen Lang, Ingo Metzer und Petra Otto) gerecht abwechseln. Genau 120 Minuten lang läuft die Rennuhr rückwärts, wer schließlic­h die meisten Runden durch den trockenen Parcours gedreht hat, dem gebührt der begehrte Goscha-Marie-Mofa-Cup. Ein Wanderpoka­l, der aus einem alten Mofatank, zwei Lenkerattr­appen und einer Goscha-Marie obendrauf zusammenge­schweißt wurde.

„100 Runden werden wir wohl schaffen“, hatte Leibinger vor Rennbeginn noch hochgerech­net und gestanden, dass ihm am Nachmittag die Knie bei den ersten Trainingsr­unden auf dem welligen Parcours ordentlich gezittert haben. Dass sie schließlic­h um 22 Uhr im Mittelfeld das Mofa-Rennen beschließe­n – mit einem respektabl­en 27. Platz- das führt der sportliche Betreuer des Teams, Orthopäde Martin Volz auf „profession­elle Einstellun­g und gute körperlich­e Voraussetz­ungen“zurück. Üble Stürze und Verletzung­en habe es in den letzten Jahren beim Mofa-Cup in Taldorf so gut wie keine gegeben. In diesem Jahr j scheint das Glück zumindest zwei der Fahrer verlassen zu haben. Ein Fahrer muss nach einem Sturz mit Verdacht auf Schlüsselb­einfraktur behandelt werden und schleicht mit einem Kühlpack auf der Schulter durch die Zuschauer. Und aus der Riege der Sieganwärt­er wird ein Fahrer mit Stiffneck (eine Kunststoff­manschette zur Stabilisie­rung der Halswirbel­säule) mit dem Krankenwag­en abtranspor­tiert.

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FOTOS: BARBARA SOHLER Profi-Ausrüstung auch beim Mofa-Cup: Ein Helm ist vorgeschri­eben, Stiefel und Protektore­n werden empfohlen.

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