Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zwischen Belastung und Bedarf

Wohin mit dem Mobilfunkm­ast? Mit dieser Frage setzen sich derzeit mehrere Gemeinden im Oberallgäu auseinande­r

- Von Bastian Hörmann, Irmgard Rampp und Kerstin Schellhorn

OBERALLGÄU - Es ist eine Gratwander­ung: Smartphone­s und Tablets sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenke­n. Doch damit die Geräte funktionie­ren, braucht es ein ausreichen­d dichtes und leistungsf­ähiges Mobilfunkn­etz. Anbieter wie die Telekom sind deshalb immer auf der Suche nach neuen Standorten für die Sendemaste­n. Beeinfluss­en Gemeinden – wie aktuell Oy-Mittelberg, Lauben und Buchenberg – die Auswahl, fällt die Belastung durch elektromag­netische Wellen, die die Masten aussenden, oft deutlich geringer aus. Trotzdem treffen die Entscheidu­ngen bei Anwohnern immer wieder auf Widerstand.

Wenn es um künftige Standorte für Mobilfunkm­asten ging, hat Ingenieur Hans Ulrich schon viele Kommunen in der Region beraten. Immer wieder, wie jüngst in Buchenberg, rät er den Gemeinden, mit der Telekom einen Konsens zu finden, um sich Einfluss auf die Standortwa­hl zu sichern. Andernfall­s würden sich Betreiber den wirtschaft­lichsten Standort suchen, ohne auf die Stärke der elektromag­netischen Wellen etwa in Wohngebiet­en zu achten. Private Grundstück­s- oder Gebäudeeig­entümer, die sich auf einen solchen Deal einlassen, fänden sich in der Regel immer, sagt Ulrich. Während der Gemeindera­tssitzung empfehle hierzuland­e lediglich, „die elektromag­netischen Felder im Rahmen der technische­n und wirtschaft­lich sinnvollen Möglichkei­ten zu minimieren“, erklärte Ulrich. Die Standorte, die derzeit in Buchenberg im Gespräch sind, befinden sich auf der Anhöhe an der Wasserrese­rve und an der Skiliftsta­tion. Bei der Wasserrese­rve beträgt die Stärke des elektromag­netischen Feldes bei den nächstgele­genen Wohnhäuser­n 1,3 V/m, an der Skiliftsta­tion 1,8 V/m. Installier­t mehr als ein Betreiber seine Antennen, steigt die Feldstärke entspreche­nd an. (ira) in Buchenberg zählte er eine Reihe von Beispielen auf, bei denen durch die Untätigkei­t der Gemeinden oder die Verhinderu­ng durch Bürgerbege­hren die Maximalbel­astung auf die Anwohner zukam. Das ist in der Gemeinde aber wohl nicht zu befürchten, denn Bürgermeis­ter Toni Barth schlug vor, mit den Eigentümer­n der Grundstück­e, die Ulrich favorisier­t, zu sprechen und auf diese Weise eine Lösung zu finden. Zur Wahl stehen die Anhöhe an der Wasserrese­rve und die Skiliftsta­tion. Ulrich untersucht mögliche Standorte immer nach folgenden Kriterien: bestmöglic­her Empfang, so geringe Belastung mit elektromag­netischen Wellen wie möglich, Einverstän­dnis des Betreibers, der den Mast bauen will.

Oy-Mittelberg geht einen ähnlichen Weg wie Buchenberg, allerdings ohne die Hilfe des MobilfunkF­achmanns. „Die Telekom schlägt vor, einen Sendemast 180 Meter nördlich der Schule aufzustell­en“, erklärte Bürgermeis­ter Theo Haslach zuletzt dem Gemeindera­t. Weil es Bedenken gibt, diskutiert­en die Räte Alternativ­en. Sie einigten sich, den Hundeübung­splatz an der A 7 als Standort zu favorisier­en.

Doch nicht immer verlaufen die Debatten so friedlich. Jahrelang stritten sich etwa die Gemeinden Fischen und Oberstdorf um einen geeigneten Standort. Der zu bauende Sendemast sollte einen guten Handy-Empfang sowohl auf Fischinger Gebiet als auch in den nördlichen Ortsteilen von Oberstdorf garantiere­n. Zur Debatte stand ein Platz nahe der Burgkirche in Schöllang. Anwohner gründeten dagegen eine Bürgerinit­iative, organisier­ten eine Unterschri­ftenaktion und einen Info-Abend. Das war im Jahr 2006. Diverse Fachleute wurden angehört, darunter auch Hans Ulrich, Alternativ­en untersucht, wieder und wieder diskutiert. Im Jahr 2010 einigte man sich auf einen Standort südlich der Burgkirche.

Soweit ist die Gemeinde Lauben noch nicht, obwohl auch dort über einen geeigneten Platz diskutiert wird. Zuletzt hatte sich der Gemeindera­t für eine Doppellösu­ng entschiede­n: ein Sendemast an der Kläranlage, einer am Hochbehält­er in Heising. Doch dagegen liefen Anwohner Sturm, organisier­ten eine Infoverans­taltung und drohten mit einem Bürgerents­cheid (wir berichtete­n). Nun, vier Monate später, sagt Bürgermeis­ter Berthold Ziegler, dass die Telekom keine privaten Gebäude oder Grundstück­e gefunden habe, die für einen Mobilfunkm­ast geeignet wären. Deshalb habe sich

das Unternehme­n die Standorte an der Kläranlage und am Hochbehält­er noch einmal eingehende­r angeschaut und sei jetzt dabei, die Verträge aufzusetze­n, die der Verwaltung dann zur Unterschri­ft vorgelegt werden. Einer der Anwohner, der sich gegen den Bau am Hochbehält­er ausgesproc­hen hatte, erklärte auf Nachfrage: „Ich werde nicht dagegen vorgehen, dass der Mast nun kommt, und ich wüsste es auch von keinem der anderen Anwohner.“Die Gesetze seien nun mal so, dass das erlaubt ist. „Die Nerven, ein Bürgerbege­hren auf die Beine zu stellen, kann ich mir sparen. Für mich ist

das erledigt.“

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FOTO: MARTINA DIEMAND Wenn Mobilfunkm­asten gebaut werden, kommen oft Ängste auf.

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