Zwischen Belastung und Bedarf
Wohin mit dem Mobilfunkmast? Mit dieser Frage setzen sich derzeit mehrere Gemeinden im Oberallgäu auseinander
OBERALLGÄU - Es ist eine Gratwanderung: Smartphones und Tablets sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch damit die Geräte funktionieren, braucht es ein ausreichend dichtes und leistungsfähiges Mobilfunknetz. Anbieter wie die Telekom sind deshalb immer auf der Suche nach neuen Standorten für die Sendemasten. Beeinflussen Gemeinden – wie aktuell Oy-Mittelberg, Lauben und Buchenberg – die Auswahl, fällt die Belastung durch elektromagnetische Wellen, die die Masten aussenden, oft deutlich geringer aus. Trotzdem treffen die Entscheidungen bei Anwohnern immer wieder auf Widerstand.
Wenn es um künftige Standorte für Mobilfunkmasten ging, hat Ingenieur Hans Ulrich schon viele Kommunen in der Region beraten. Immer wieder, wie jüngst in Buchenberg, rät er den Gemeinden, mit der Telekom einen Konsens zu finden, um sich Einfluss auf die Standortwahl zu sichern. Andernfalls würden sich Betreiber den wirtschaftlichsten Standort suchen, ohne auf die Stärke der elektromagnetischen Wellen etwa in Wohngebieten zu achten. Private Grundstücks- oder Gebäudeeigentümer, die sich auf einen solchen Deal einlassen, fänden sich in der Regel immer, sagt Ulrich. Während der Gemeinderatssitzung empfehle hierzulande lediglich, „die elektromagnetischen Felder im Rahmen der technischen und wirtschaftlich sinnvollen Möglichkeiten zu minimieren“, erklärte Ulrich. Die Standorte, die derzeit in Buchenberg im Gespräch sind, befinden sich auf der Anhöhe an der Wasserreserve und an der Skiliftstation. Bei der Wasserreserve beträgt die Stärke des elektromagnetischen Feldes bei den nächstgelegenen Wohnhäusern 1,3 V/m, an der Skiliftstation 1,8 V/m. Installiert mehr als ein Betreiber seine Antennen, steigt die Feldstärke entsprechend an. (ira) in Buchenberg zählte er eine Reihe von Beispielen auf, bei denen durch die Untätigkeit der Gemeinden oder die Verhinderung durch Bürgerbegehren die Maximalbelastung auf die Anwohner zukam. Das ist in der Gemeinde aber wohl nicht zu befürchten, denn Bürgermeister Toni Barth schlug vor, mit den Eigentümern der Grundstücke, die Ulrich favorisiert, zu sprechen und auf diese Weise eine Lösung zu finden. Zur Wahl stehen die Anhöhe an der Wasserreserve und die Skiliftstation. Ulrich untersucht mögliche Standorte immer nach folgenden Kriterien: bestmöglicher Empfang, so geringe Belastung mit elektromagnetischen Wellen wie möglich, Einverständnis des Betreibers, der den Mast bauen will.
Oy-Mittelberg geht einen ähnlichen Weg wie Buchenberg, allerdings ohne die Hilfe des MobilfunkFachmanns. „Die Telekom schlägt vor, einen Sendemast 180 Meter nördlich der Schule aufzustellen“, erklärte Bürgermeister Theo Haslach zuletzt dem Gemeinderat. Weil es Bedenken gibt, diskutierten die Räte Alternativen. Sie einigten sich, den Hundeübungsplatz an der A 7 als Standort zu favorisieren.
Doch nicht immer verlaufen die Debatten so friedlich. Jahrelang stritten sich etwa die Gemeinden Fischen und Oberstdorf um einen geeigneten Standort. Der zu bauende Sendemast sollte einen guten Handy-Empfang sowohl auf Fischinger Gebiet als auch in den nördlichen Ortsteilen von Oberstdorf garantieren. Zur Debatte stand ein Platz nahe der Burgkirche in Schöllang. Anwohner gründeten dagegen eine Bürgerinitiative, organisierten eine Unterschriftenaktion und einen Info-Abend. Das war im Jahr 2006. Diverse Fachleute wurden angehört, darunter auch Hans Ulrich, Alternativen untersucht, wieder und wieder diskutiert. Im Jahr 2010 einigte man sich auf einen Standort südlich der Burgkirche.
Soweit ist die Gemeinde Lauben noch nicht, obwohl auch dort über einen geeigneten Platz diskutiert wird. Zuletzt hatte sich der Gemeinderat für eine Doppellösung entschieden: ein Sendemast an der Kläranlage, einer am Hochbehälter in Heising. Doch dagegen liefen Anwohner Sturm, organisierten eine Infoveranstaltung und drohten mit einem Bürgerentscheid (wir berichteten). Nun, vier Monate später, sagt Bürgermeister Berthold Ziegler, dass die Telekom keine privaten Gebäude oder Grundstücke gefunden habe, die für einen Mobilfunkmast geeignet wären. Deshalb habe sich
das Unternehmen die Standorte an der Kläranlage und am Hochbehälter noch einmal eingehender angeschaut und sei jetzt dabei, die Verträge aufzusetzen, die der Verwaltung dann zur Unterschrift vorgelegt werden. Einer der Anwohner, der sich gegen den Bau am Hochbehälter ausgesprochen hatte, erklärte auf Nachfrage: „Ich werde nicht dagegen vorgehen, dass der Mast nun kommt, und ich wüsste es auch von keinem der anderen Anwohner.“Die Gesetze seien nun mal so, dass das erlaubt ist. „Die Nerven, ein Bürgerbegehren auf die Beine zu stellen, kann ich mir sparen. Für mich ist
das erledigt.“