Ein Sturz raubt auch Nico Denz alle Chancen
Der Radprofi aus Waldshut-Tiengen wird Neunter im EM-Straßenrennen – Matteo Trentin fährt zum EM-Titel
GLASGOW (SID/dpa) - Kapitän John Degenkolb abgehängt, Ausreißer Nico Denz gestürzt: Die deutschen Radprofis sind zum Abschluss der Europameisterschaft im verregneten Glasgow an einer Medaille vorbeigefahren. Im 230,4 Kilometer langen Rennen auf dem nassen Rundkurs hatte Klassikerspezialist Degenkolb beim Sieg des Italieners Matteo Trentin nichts mit der Entscheidung zu tun, mit 2:32 Minuten Rückstand belegte er Platz 31. Trentin gewann den Sprint einer Fluchtgruppe vor dem Niederländer Mathieu van der Poel und Wout van Aert aus Belgien. Bester Deutscher wurde Nico Denz (Waldhut-Tiengen) als Neunter.
Der 24-Jährige hatte als letzter aussichtsreicher deutscher Fahrer durch einen Sturz auf der letzten von 16 Runden knapp zehn Kilometer vor dem Ziel seine Siegchancen vergeben. Degenkolb verpasste den zweiten großen Erfolg binnen eines Monats. Vor vier Wochen hatte er bei der 105. Tour de France die fordernde Roubaix-Etappe gewonnen und dabei seinen ersten Tageserfolg bei der Frankreich-Rundfahrt gefeiert.
Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hatte Degenkolb ein siebenköpfiges, aber wenig prominentes Team zur Seite gestellt. Roger Kluge (Berlin) und Rick Zabel (Unna) waren neben Degenkolb die bekanntesten Fahrer. Topsprinter André Greipel (Rostock), der im vorläufigen BDR-Aufgebot zu finden war, musste seine EM-Teilnahme wegen Verpflichtungen für sein Profiteam Lotto-Soudal absagen.
Weltmeister Sagan steigt aus
Früh bildete sich eine sechsköpfige Fluchtgruppe, in der sich aber kein Deutscher aktiv beteiligte. Auch die Nachführarbeit überließ das BDRTeam anderen: Vor allem die Fahrer aus Frankreich, Belgien und Italien sorgten dafür, dass die Ausreißer stets einen kontrollierbaren Vorsprung hatten. Der wenig aussichtsreiche Fluchtversuch war erwartungsgemäß erfolglos, etwa fünf Runden vor dem Ende waren die Ausreißer gestellt. Weltmeister Peter Sagan schrieb da bereits Autogramme für die Fans. Der Slowake, schon früh von einem technischen Defekt ausgebremst, fiel etwa 90 Kilometer vor dem Ziel erneut zurück. Offenbar angeschlagen verzichtete er auf die Verfolgung des Hauptfeldes und stieg in der Verpflegungszone vom Rad. Sein Kommentar: „Ich hatte noch starke Schmerzen von meinem Sturz bei der Tour de France. Das Rennen war sehr schwer, sehr technisch. Das Wetter und der Parcours waren okay, aber wenn man nicht die Form hat, geht es nicht.“
In der Folge hielten die Belgier das Tempo hoch. 50 Kilometer vor dem Ziel attackierte etwas überraschend Denz, dem eine Handvoll starker Fahrer folgten. Die Gruppe machte die Entscheidung unter sich aus. Bitter für Denz: Zehn Kilometer vor dem Ziel stürzte er in einer Rechtskurve. „Es lief gut bei mir. Ich habe mich gut gefühlt und wollte eine eigene Attacke setzen, aber dann ist der Holländer in das Gitter gefahren. Ich habe noch versucht zu bremsen“, schilderte Denz sein Malheur. Den Anschluss an die Gruppe um Trentin schaffte er nicht mehr. Damit ging der Bund Deutscher Radfahrer ausgerechnet im Hauptrennen leer aus, nachdem in allen Straßenwettbewerben Edelmetall herausgesprungen war. Trotzdem waren es mit 14 Podestplätzen auf Straße und Bahn erfolgreiche Titelkämpfe für den BDR, der der erfolgreichste Fachverband in Glasgow war.