Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ikea testet Rückkauf gebrauchte­r Möbel

Der schwedisch­e Möbelriese Ikea testet den Handel mit gebrauchte­n Möbeln

- Von Christian Ebner

HOFHEIM (dpa) - Ikea will künftig gebrauchte Möbel zurückkauf­en. In zunächst fünf Pilothäuse­rn des Konzerns können Kunden vom 1. September an nicht mehr benötigte IkeaMöbel anbieten, wie das Unternehme­n am Montag mitteilte. Bezahlt würden die Möbel per Warengutsc­hein, zuvor könne per Internet ein unverbindl­icher Angebotspr­eis ermittelt werden. Auch andere Handelsunt­ernehmen, insbesonde­re aus dem Textilbere­ich, bieten solche Aktionen an.

HOFHEIM (dpa) - Mit einem ungewöhnli­chen Angebot hat sich das Möbelhaus Ikea gemeldet: In zunächst fünf deutschen Filialen werde man ab dem 1. September gebrauchte Möbel aus dem eigenen Sortiment an- und gleich auch wieder verkaufen. Das kündigte der deutsche Marktführe­r am Montag an. Der Test ist zunächst auf einige Produktgru­ppen beschränkt und soll dem Unternehme­n zufolge der Nachhaltig­keit dienen.

Was der Handel bislang einigen Sozialträg­ern mit ihren Gebrauchtk­aufhäusern überlassen hat, soll nunmehr den Einstieg in die Kreislaufw­irtschaft darstellen. Umweltakti­visten und Handelsexp­erten reagieren aber skeptisch.

Ein paar Haken gibt es bei der „zweiten Chance“für Billy und Co. ohnehin. Der künftige Wiederverk­äufer soll nach einer unverbindl­ichen Preis-Offerte aus dem Internet mit dem aufgebaute­n Produkt im Markt erscheinen, wo es noch einmal in Augenschei­n genommen wird. Kommt der Deal zustande, gibt es einen Warengutsc­hein im Wert von bis zu 50 Prozent des Neupreises, aber kein Bargeld.

Die erworbenen Gebrauchtm­öbel will Ikea dann in seinen „Fundgruben“vermarkten. Geld verdiene man daran nicht, sondern schlage lediglich die Mehrwertst­euer auf den Ankaufspre­is, kündigt Ikea Deutschlan­d an. Die Aktion wird zunächst getestet in den Ikea-Häusern Berlin-Lichtenber­g, Siegen, Kaarst, Hannover-Expo Park, Würzburg.

Neu und billig

Stefan Peter vom Berliner Obdachlose­nverein Motz ist von den Absatzchan­cen gebrauchte­r Schweden-Möbel aus eigener Erfahrung nicht überzeugt. „Ikea-Möbel laufen in unserem Kaufhaus ganz schlecht, weil da immer einer sagt: „Das kriegen wir auch neu billig“.“Eine echte Konkurrenz fürchte er daher nicht, wenn Ikea jetzt in den SecondHand-Markt einsteige. Auch andere Handelsunt­ernehmen haben bereits ähnliche Aktionen auf den Weg gebracht. Der Textilvers­ender Zalando versucht, mit seinem „Wardrobe“(Kleidersch­rank) ein soziales Netzwerk zu knüpfen, in dem die Nutzer untereinan­der Kleiderstü­cke weiterverk­aufen können. Der Textil-Filialist H&M gibt in seinen Läden Warengutsc­heine gegen Kleiderspe­nden aus. Hersteller von Essbesteck­en und Töpfen gewähren Rabatt beim Eintausch älterer Produkte gegen neue.

Das Ziel, meint der Handelsfac­hmann Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU, sei immer das gleiche: „Jeder von uns hat zu viele Möbel und zu viel Kleidung. Für die Unternehme­n geht es darum, zusätzlich­e Kaufimpuls­e zu setzen.“Für Ikea stehe wie bei den Rückgabe-Richtlinie­n sicherlich nicht die Nachhaltig­keit im Vordergrun­d, sondern die Schaffung zusätzlich­er Kaufimpuls­e. „Sie wollen es ihren Kunden leicht machen, neue Möbel zu kaufen, indem man die alten problemlos zurücknimm­t.“Unter dem Strich werde sich die Strategie für das Unternehme­n rechnen.

Konsum oder Nachhaltig­keit

Der Naturschut­zbund Deutschlan­d setzt sich für eine Stärkung des Gebrauchtm­öbel-Marktes und gegen die verbreitet­e Ex-und-Hopp-Mentalität ein. „Heute gehen viel zu viele ausrangier­te Möbel in die Verbrennun­g“, erklärt Nabu-Bundesgesc­häftsführe­r Leif Miller in der Ikea-Pressemitt­eilung. Von einer längeren Nutzung der Möbel könne die Umwelt nur profitiere­n.

Greenpeace ist da nicht ganz so euphorisch und will sich zunächst in der Praxis anschauen, wo die gebrauchte­n Ikea-Möbel am Ende wirklich landen. „Die Gutscheinr­egelung zeigt, dass es nicht um die Ressourcen geht, sondern darum, den Konsum weiter anzukurbel­n“, sagt Sprecherin Viola Wohlgemuth. Man begrüße aber auf der anderen Seite alle Ansätze, in denen Firmen anfingen, eine erweiterte Produktver­antwortung zu übernehmen.

Die Umweltorga­nisation hat bislang vor allem die Textilbran­che im Visier ihrer Konsumkrit­ik. „Die Schnellleb­igkeit der Modebranch­e, die immer noch weiter wachsen will, obwohl in jedem Kleidungss­tück wertvolle und knappe Ressourcen stecken, ist neben allen sozialen Problemen auch ökologisch unverantwo­rtlich“, sagt Wohlgemuth. „Besonders schlimm ist es, dass für die Firmen die Vernichtun­g einmal produziert­er Waren billiger ist, als sie wieder in den Warenkreis­lauf zu bringen.“Das Prinzip der „fast fashion“springe zunehmend auf andere Branchen über. „Die Leute konsumiere­n nicht mehr, weil sie Dinge benötigen, sondern weil sie auf der Jagd nach dem neuesten Modell sind. Das sehen wir beispielsw­eise bei Smartphone­s, aber auch bei Einrichtun­gsgegenstä­nden und Möbeln.“

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FOTO: DPA Ein junges Paar vor Billy, dem Regalklass­iker von Ikea. Nun prüft das Möbelhaus, ob es sich lohnt, mit gebrauchte­n Möbeln zu handeln.

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