Schwäbische Zeitung (Wangen)

Putin kommt nach Deutschlan­d

- Von Thomas Körbel, Moskau

BERLIN (dpa) - Zum zweiten Mal innerhalb von gut drei Monaten kommen Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und der russische Präsident Wladimir Putin am Samstag zu einem Gespräch über die Konflikte in Syrien und der Ostukraine zusammen. Weiteres Thema bei dem Treffen auf Schloss Meseberg bei Berlin wird der Streit über die Gas-Pipeline Nord Stream 2 sein. Merkel und Putin hatten sich erst Mitte Mai im russischen Badeort Sotschi am Schwarzen Meer getroffen.

Wenn dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin etwas die Sommerlaun­e verderben kann, dann sind es die neuen US-Sanktionen gegen Russland. Gerade erst hat er sich den Start in seine vierte Amtszeit mit außenpolit­ischen Erfolgen versüßt – als Gastgeber der Fußball-Weltmeiste­rschaft und beim Gipfel mit US-Präsident Donald Trump im Juli in Helsinki. Am Samstag kommt Putin nach Deutschlan­d: Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) wird den russischen Präsidente­n auf Schloss Meseberg empfangen.

Im Mittelpunk­t des Gesprächs sollen aktuelle außenpolit­ische Fragen wie die Konflikte in Syrien und der Ostukraine stehen. Putin steht unter Druck, die für Ende August angekündig­ten US-Sanktionen haben Aktienkurs­e russischer Unternehme­n und den Rubelkurs erschütter­t. Auch innenpolit­isch rumort es an der Basis. Mit Plänen für eine umstritten­e Rentenrefo­rm hat die Regierung Unmut ausgelöst. Künftig sollen die Russen fünf bis acht Jahre länger arbeiten. Der Widerstand kam schneller und härter als erwartet. So hat Putins Bilanz zu Beginn seines vierten Mandats einen bitteren Beigeschma­ck. Am Dienstag ist er seit 100 Tagen in seiner letzten Amtszeit als Präsident. Nach der Verfassung darf Putin noch bis 2024 über die Schalthebe­l der Macht im Kreml walten.

Seit 2014 gab es mehrere Sanktionsw­ellen des Westens. Zunächst wegen der Krim-Annexion und des Ukraine-Konflikts. Nun abermals wegen Russlands angebliche­r Beteiligun­g am Giftanschl­ag auf den ExAgenten Sergej Skripal in Großbritan­nien. Es ist noch nicht bekannt, welche Bereiche von den neuen Sanktionen betroffen sein sollen. Die Zeitung „Wedomosti“schreibt, mit den bisherigen Maßnahmen habe sich Russland gut arrangiert. Doch die neuen Sanktionen seien deutlich ernster.

Krim und Ostukraine belasten

Der russische Politologe Fjodor Lukjanow sagt, die Situation sei für Moskau schwierig. Die Möglichkei­ten der USA, Russland zu schaden, seien deutlich größer als umgekehrt. Der einzige Weg sei, die Beziehunge­n zu anderen Staaten zu stärken und die USA als Partner irgendwie zu ersetzen. Dabei könnte auch Deutschlan­d eine Rolle spielen. Wladislaw Below, Deutschlan­dexperte von der Akademie der Wissenscha­ften. sieht das Verhältnis zwischen Moskau und Berlin auf einem guten Weg. Streitthem­en wie die Krim und die Ostukraine dürften zwar die Agenda auch künftig belasten. Aber der Arbeitsdia­log entwickele sich sehr gut. Erst im Mai hatte Kanzlerin Angela Merkel Putin in Sotschi besucht.

Einen Willen zum Wandel sehen Experten bei Putin nicht – eine Haltung, die ihm innenpolit­isch Probleme bereiten könnte. Nach der Annexion der ukrainisch­en Halbinsel Krim konnte Putin jahrelang auf exzellente Umfragewer­te über 80 Prozent bauen. Seine Interventi­on in Syrien trug zu Großmachtg­efühlen bei. Putins Umfragewer­te sind dem unabhängig­en Lewada-Zentrum zufolge auf 67 Prozent abgerutsch­t. Beobachter erklären das mit einer außenpolit­ischen Müdigkeit der Russen, zu der sich Frust über unbeliebte soziale Einschnitt­e wie die Rentenrefo­rm gesellt. Sollte dies und die US-Sanktionen den Lebensstan­dard beeinträch­tigen, könnte Putins Machtbasis Schaden nehmen. (dpa)

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