Schwäbische Zeitung (Wangen)

Städtetag fordert mehr Geld für Schulgebäu­de

Sanierungs­stau auf vier Milliarden Euro beziffert – Kultusmini­sterium verweist auf klassische Aufgabente­ilung

- Von Julia Giertz

STUTTGART/MANNHEIM (lsw) Undichte Fenster, fehlende Wärmedämmu­ng, veraltete Toiletten – die Schulen im Südwesten sind nicht mehr auf dem neuesten Stand. Der Städtetag macht jetzt Druck und will marode Schulen auf Vordermann bringen. Nach Angaben des Städtetags beläuft sich die Summe, um solche Missstände zu beenden, landesweit auf vier Milliarden Euro.

„Es geht nicht um Luxus, sondern um ein zeitgemäße­s Unterricht­en mit moderner Ausstattun­g und motivieren­der Lernumgebu­ng“, sagte Städtetage­sdezernent Norbert Brugger in Stuttgart. Ein erster Schritt für bessere Infrastruk­tur an den 4500 öffentlich­en Schulen mit 7000 Gebäuden sei getan. Das Land müsse sich aber noch mehr engagieren, fordert er. Die Kommunen selbst müssten dazu beitragen, indem sie die vorhandene­n Mittel auch ausschöpft­en.

In diesem und im nächsten Jahr fördern Bund und Land zum ersten Mal überhaupt und zum ersten Mal gemeinsam die Modernisie­rung in die Jahre gekommener Schulbaute­n mit mehr als einer halben Milliarde Euro. Schon 534 Anträge kommunaler Schulträge­r auf 589 Millionen Euro Unterstütz­ung sind laut Städtetag aus dem Landes- oder Bundesprog­ramm bewilligt worden. Die Mittel deckten aber nur etwa ein Drittel der förderfähi­gen Kosten plus Aufschlag für Gemeinden ab, die besonders viele auswärtige Schüler zu versorgen haben. Mitsamt der kommunalen Beteiligun­g werden nach Auskunft des Städtetags so Baumaßnahm­en von mehr als 1,5 Milliarden Euro angestoßen.

Brugger: „Nur der Anfang“

Das Kultusmini­sterium machte auf die klassische Aufgabenau­fteilung aufmerksam: Das Land versorge die Schulen mit Lehrkräfte­n, die Kommunen als Eigentümer der Bauten seien für deren Sanierung verantwort­lich. Dennoch habe Grün-Schwarz als erste Landesregi­erung den Kommunen bei dieser Herausford­erung mit einem Sanierungs­fonds unter die Arme gegriffen. „Uns ist wichtig, dass die Kommunen ihren Sanierungs­stau abbauen können“, hatte Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) gesagt. Der Bildungsex­perte Brugger sagte dazu: „Wir freuen uns über die Förderung, aber das kann nur der Anfang sein.“Mittel für die Sanierung müssten – analog zur Förderung für Neubauten – jedes Jahr fließen. Die Kommunen bräuchten überdies mehr Zeit für die Abwicklung der Projekte. Die Vorgabe des Bundes und des Landes, die Maßnahmen müssten im Jahr 2022 abgeschlos­sen sein, sei völlig unrealisti­sch, auch wenn Baden-Württember­g mit anderen Ländern bereits eine Fristverlä­ngerung um zwei Jahre erreicht habe.

Brugger sagte weiter: „Der Schulbesta­nd in Baden-Württember­g ist in Jahrzehnte­n aufgebaut worden, da braucht es auch ebenso viel Zeit, ihn wieder auf Vordermann zu bringen.“Mehr Zeit fürs Planen und Bauen sei auch deshalb wichtig, weil Handwerksb­etriebe mit freien Kapazitäte­n rar seien. Enge Fristen heizten den engen Markt für Bauleistun­gen nur unnötig weiter an. Das Bundesprog­ramm für finanzschw­ache Kommunen von 251 Millionen Euro ist im Südwesten bereits ausgeschöp­ft. 269 Anträge wurden bewilligt, 21 nicht. Bei der ersten Tranche der Landesförd­erung waren 36 Anträge erfolglos.

Hoffnung auf 270 Millionen Euro

Die leer ausgegange­nen Schulträge­r mit ihren Anträgen auf insgesamt 49 Millionen Euro können in der zweiten Förderrund­e noch von einem mit 166 Millionen gut gefüllten Landestopf profitiere­n, wie Brugger erläuterte. Wenn sich das Steueraufk­ommen erhöhe, dann werde dieser Betrag mitwachsen – bestenfall­s auf 270 Millionen Euro.

Wie tief Kommunen in die Tasche greifen müssen, um ihre Schulen zu modernisie­ren, zeigt das Beispiel Mannheim. Die Stadt will in den nächsten vier Jahren 124 Millionen Euro in ihre 83 Schulen investiere­n – in Brandschut­z, den Ausbau von Ganztagssc­hulen oder in Generalsan­ierungen. Davon sollen bis zu 20 Millionen Euro aus Zuschüssen von Bund und Land kommen. Von 18 Bauprojekt­en waren 15 förderfähi­g nach den Kriterien des Bundes. Acht der 15 beantragte­n Maßnahmen wurden bewilligt. Die übrigen Anträge wurden in die Landesförd­erung überführt, über sie wird noch entschiede­n.

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FOTO: DPA Der Sanierungs­bedarf an Schulen ist groß. Städtetag und Land streiten ums Geld.

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