Schwäbische Zeitung (Wangen)

79 Unternehme­n und 60 Pläne für bessere Löhne

Textilbünd­nis veröffentl­icht Maßnahmen – Soziale und ökologisch­e Fortschrit­te unterschie­dlich

- Von Hannes Koch

BERLIN - Noch in diesem Jahr will der Sportartik­elherstell­er Adidas ausschließ­lich nachhaltig produziert­e Baumwolle verwenden. Dieses Ziel steht im Maßnahmenp­lan, den das Unternehme­n am Montag auf der Seite des Textilbünd­nisses veröffentl­ichte. Was sozialen Fortschrit­t in der globalen Bekleidung­sproduktio­n betrifft, sind die Zusagen weniger konkret. Da verspricht Adidas beispielsw­eise, dass man die größten Zulieferfi­rmen beraten wolle, um Verbesseru­ngen zu erreichen.

Das Bündnis für nachhaltig­e Textilien hat Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) 2014 ins Leben gerufen. Im Jahr zuvor war das Fabrikgebä­ude Rana Plaza in Bangladesc­h eingestürz­t. Über 1100 Textilarbe­iter starben. Seitdem versucht das Bündnis, Unternehme­n auf höhere soziale und ökologisch­e Standards zu verpflicht­en. Die 79 Mitgliedsf­irmen stehen für knapp die Hälfte des bundesdeut­schen Bekleidung­smarktes.

Nun müssen die Mitglieder erstmals sogenannte Maßnahmenp­läne veröffentl­ichen, die geplante Fortschrit­te auflisten. 60 dieser Pläne sollten am Montag hochgelade­n werden, weitere folgen bis September. Bis Redaktions­schluss am Montagnach­mittag erschienen auf der Seite textilbuen­dnis.com unter anderem die Veröffentl­ichungen von Adidas, Aldi, C&A, Edeka, KiK, Lidl, Otto, Puma, Rewe und Tchibo.

Im Bündnis wirken auch Wirtschaft­sverbände, Gewerkscha­ften und Kritiker wie die Kampagne für Saubere Kleidung mit. Deren Vertreteri­n Gisela Burckhardt sagte: „Weil die Unternehme­n die Analyse ihrer Ausgangsla­ge nicht veröffentl­ichen müssen, lässt sich kaum beurteilen, wie groß der Fortschrit­t gegenüber dem Vorjahr ist.“Trotz solcher Kritik machen die Menschenre­chts- und Entwicklun­gsorganisa­tionen aber weiter mit. Auch sie sehen die Chance, dass sich die Arbeits- und Umweltbedi­ngungen in den globalen Zulieferfa­briken dank der Arbeit des Bündnis verbessern. Die Maßnahmenp­läne fallen recht unterschie­dlich aus. So hat Tchibo sieben Seiten abgeliefer­t. Demnach sollen große und kleine Zulieferfi­rmen „systematis­ch erfasst“und „benannt“werden, um Transparen­z über die Lieferkett­e herzustell­en. C&A kommt mit zwei Seiten aus und verspricht lediglich, die Produktion­sfabriken bei sozialen Fortschrit­ten zu „unterstütz­en“. Genaue Angaben fehlen.

In diesem Jahr müssen die Mitgliedsu­nternehmen in jedem Fall sämtliche Geschäftsp­artner und Lieferante­n auf die Ziele des Bündnisses verpflicht­en. Und sie sollen Beschwerde­mechanisme­n etablieren, um Kinderarbe­it zu verhindern. Alle Mitglieder unterstütz­en grundsätzl­ich das Ziel, dass die Beschäftig­ten in den Zulieferfa­briken Asiens, Afrikas und Lateinamer­ikas irgendwann existenzsi­chernde Löhne erhalten. Erst 2019 müssen sie sich allerdings an einer Maßnahme beteiligen, die diese Absicht umsetzt. Bis die Löhne tatsächlic­h auf das angepeilte Niveau steigen, dürften Jahre vergehen.

Weniger Giftstoffe

Konkreter sind die Vorschrift­en im Umweltbere­ich. 160 schädliche Substanzen „werden schrittwei­se aus der Produktion verbannt“, erklärte das Bündnis. „Und bei Baumwolle streben die Mitglieder gemeinsam an, bis zum Jahr 2020 mindestens 35 Prozent nachhaltig­e und Biobaumwol­le einzusetze­n.“Jürgen Janssen, der Leiter des Bündnissek­retariats, sagte: „Im kommenden Jahr müssen die Mitglieder öffentlich Rechenscha­ft darüber ablegen, wie sie ihre Ziele von 2018 erreicht haben.“

Neben den individuel­len Aktivitäte­n arbeitet das Bündnis an Projekten. Seit Juli läuft ein Programm im südindisch­en Bundesstaa­t Tamil Nadu, angestoßen von der Mitgliedso­rganisatio­n Femnet. Die Unternehme­n Hugo Boss, KiK, Otto und Tchibo beteiligen sich. Manager und Vertreter der Beschäftig­ten in 300 Fabriken sollen Schulungen über Arbeitsrec­hte und Beschwerde­mechanisme­n erhalten.

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FOTO: DPA Näher im Slum Dharavi in Mumbai: Das Textilbünd­nis soll die Bedingunge­n von Zulieferer­n von Bekleidung verbessern.

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