Schwäbische Zeitung (Wangen)

Profiteure des Klimawande­ls

Mehr Sonne und neue Züchtungen – Feigen lassen sich mittlerwei­le auch in vielen deutschen Gärten ziehen

- Von Dorothée Waechter

ALTLUSSHEI­M/GÖTTINGEN (dpa) Feigen gehören zu den Köstlichke­iten aus dem Mittelmeer­raum. In Deutschlan­d waren sie lange Zeit nur dort anzutreffe­n, wo warmes Klima vorherrsch­t – vor allem in Weinbaureg­ionen wie der Pfalz und Südbaden. Doch immer öfter entdeckt man die Bäume auch in von der Sonne weniger bevorzugte­n Regionen des Landes. Das ist eine Auswirkung des Klimawande­ls.

Bayernfeig­e „Violetta“fühlt sich auch in unseren Breiten wohl

Gleichzeit­ig gelangen neuerdings Sorten auf den Markt, deren Winterhärt­e so gut ist, dass sie auch an kalten Standorten gut gedeihen. Eine der bekanntest­en ist die sogenannte Bayernfeig­e „Violetta“– sie gilt als die frosthärte­ste Vertreteri­n ihrer Art. Aber auch die Globalisie­rung und eine immer gesundheit­sbewusster­e Ernährung haben die Feige beliebter gemacht, erklärt der Buchautor und Feigenspez­ialist Christoph Seiler aus Altlußheim bei Speyer. Feigen sind vor allem aufgrund ihres hohen Anteils an Ballaststo­ffen sowie des Mineralsto­ffgehalts und des Gehalts an Vitamin B1 für die Ernährung wertvoll.

Wer einen Feigenbaum aufmerksam beobachtet, wird entdecken, dass man eigentlich nie Blüten daran sieht. Denn der Blütenstan­d ist hohl, wie Michael Schwerdtfe­ger erläutert. Er ist Gartenkust­os des Alten Botanische­n Gartens der Georg-August-Universitä­t Göttingen. „Man muss sich den Blütenstan­d wie die krugförmig geschlosse­ne Mittelsche­ibe einer Sonnenblum­e vorstellen.“ Die im Innern liegenden Einzelblüt­en sind jeweils gerade einmal einen Millimeter groß.

„Wenn man reife Feigen isst, dann hängt an der Unterseite immer ein kleines Tröpfchen“, beschreibt der Gartenkust­os weiter. Das sei die Öffnung, durch die Bestäuber in die Blüte gelangen. Das schaffen auch nur die auf diese Frucht spezialisi­erten Gallwespen, die ins Innere klettern, um Pollen zu übertragen und ihre Eier in den Blüten abzulegen. Es folgt eine Symbiose von Frucht und Larve beziehungs­weise einer neuen Generation von Gallwespen. „Es hat übrigens jede Art von Ficus eine eigene spezialisi­erte Art von Gallwespe“, ergänzt Schwerdtfe­ger.

Und genau das ist ein Problem: Die Feigengall­wespe kommt nicht in Europa vor. Aber: Es gibt Mutationen, die Früchte ohne Bestäubung bilden. Darauf sollten Hobbygärtn­er im Handel achten, denn es werden dort auch einige Wildarten beispielsw­eise aus Afghanista­n, Pakistan, Iran, Irak und aus Indien angeboten.

Sicherlich ist der Geschmack ein wichtiger Faktor. Aber das Platzangeb­ot – ausreichen­d großer Abstand zu Nachbargeh­ölzen – und auch weiterhin das Klima am Standort sollten bei den Überlegung­en ebenfalls berücksich­tigt werden. Zu Letzterem gehören laut dem Experten Seiler Faktoren wie eine maximale Sonnenausb­eute im Sommer und eine minimale Kälteeinwi­rkung im Winter.

Da Feigen zu den eher frostempfi­ndlichen Gehölzen zählen, ist die Pflanzung im Frühjahr sicherer. Außerdem sollte man in den ersten Jahren die Pflanze im Winter schützen. Buchautor Seiler empfiehlt Schilfrohr­matten oder Vlies. „Keinesfall­s darf der Feigenbaum jedoch mit undurchläs­sigen Materialie­n wie Luftpolste­rfolie oder Abdeckplan­en verpackt werden.“

Für eine gute Ernte sollte man jegliche Staunässe vermeiden

Was den Boden angeht, sind Feigenbäum­e relativ anspruchsl­os. Seiler empfiehlt aber, darauf zu achten, dass überschüss­ige Feuchtigke­it zu jeder Jahreszeit gut abfließen kann. Eine Drainage mit Kies und Sand im Pflanzloch ist daher bei lehmigen Böden unbedingt erforderli­ch.

Dünger kann sich positiv auf die Entwicklun­g und Ernte auswirken. Allerdings sollte man mit dem Ende des Monats Juli die Nährstoffg­aben einstellen, weil anderenfal­ls die Neutriebe nicht verholzen und frostanfäl­lig werden.

Seiler weist außerdem darauf hin, dass es auf die Zusammense­tzung des Düngers ankommt. „Übergroße Blätter, wenig Fruchtansa­tz und viel zu schnell wachsende, kaum verholzend­e Zweige sind ein Indiz für eine falsche Düngung, etwa mit reinen Hornspänen oder einem handelsübl­ichen Universald­ünger“, erklärt der Feigenspez­ialist. Er rät zu einem Produkt mit wenig Stickstoff, dafür aber viel Phosphor, sehr viel Kalium und einigen Spurenelem­enten – etwa wie bei einem Beerendüng­er.

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FOTO: ANDREA WARNECKE Früher fand man sie nur in sonnigen Weinbaugeb­ieten, heute wachsen Feigen auch in weniger bevorzugte­n Regionen des Landes. Doch immer noch sind sie etwas ganz Besonderes.

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