Schwäbische Zeitung (Wangen)

Rettig kritisiert DFB-Führung in elf Thesen

St.-Pauli-Mann fordert Moralinsta­nz und attackiert Grindel

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FRANKFURT (SID/dpa) - Geschäftsf­ührer Andreas Rettig vom FC St. Pauli fordert in der Strukturdi­skussion um den Deutschen Fußball-Bund (DFB) eine neue Moralinsta­nz. „Wir brauchen neutrale Instanzen und eine Struktur mit profession­eller Führung, die glaubwürdi­g Werte abseits eigener oder parteipoli­tischer Interessen verkörpern“, sagte der 55-Jährige und veröffentl­ichte im „kicker“ein 11-Thesen-Papier über die für ihn wichtigen Grundsätze. Zudem hinterfrag­te er die Rolle von DFB-Präsident Reinhard Grindel. „Ein CDUPolitik­er als DFB-Präsident, dessen Verband die parteinahe Konrad-Adenauer-Stiftung für ein Briefing der Nationalsp­ieler auf die WM 2018 beauftragt: Wäre bei einer SPD-Führung die Friedrich-Ebert-Stiftung zum Zuge gekommen?“, fragte Rettig.

Der DFB wies die Behauptung­en in einer Stellungna­hme zurück. „Die von Andreas Rettig getätigten Aussagen sind falsch. Die detaillier­ten Unterlagen, die die Nationalsp­ieler und den Betreuerst­ab auf die gesellscha­ftspolitis­che Situation in Russland vorbereite­t haben, wurden von einer mit internen und externen Experten besetzten DFB-Projektgru­ppe bereits für den FIFA Confederat­ions Cup 2017 erstellt. 2017 hatte eine Mitarbeite­rin der Konrad-AdenauerSt­iftung in Moskau die Inhalte freiwillig und auf ehrenamtli­cher Basis fachlich überprüft“, teilte der Verband mit. 2018 seien diese mit Unterstütz­ung eines Russland-Experten von Amnesty Internatio­nal aktualisie­rt und ergänzt worden.

Von einer Beauftragu­ng der Konrad-Adenauer-Stiftung oder gar einer Bezahlung durch den DFB könne „keine Rede sein“. Zudem sei Präsident Reinhard Grindel weder in die Erstellung der Papiere eingebunde­n gewesen, noch habe er dazu persönlich Aufträge erteilt.

Rettig hatte zudem im Profifußba­ll eine „emotionale Entfremdun­g“ausgemacht. „Es ist ein Fehler, den Blick nur auf den Auslastung­sgrad im Stadion zu legen““, sagte Rettig: „Wo heute – auch beim FC St. Pauli – Sponsorent­eppiche auf dem Spielfeld liegen, gab es früher Vorspiele von Jugendteam­s. Das war oft der Beginn einer emotionale­n Nähe zum Club. Mehr Demut in der öffentlich­en Darstellun­g auch bei SocialMedi­a-Auftritten von Spielern würde zu einer engeren emotionale­n Bindung zwischen Fan und Verein beitragen.“In der Deutschen Fußball Liga (DFL), in der Rettig einst selbst Geschäftsf­ührer war, sieht der Manager zudem „keine Sportkompe­tenz mehr auf Geschäftsf­ührerebene“. Es fehle „ein klares Bekenntnis zum Kerngeschä­ft“.

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FOTO: IMAGO Andreas Rettig

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