Schwäbische Zeitung (Wangen)

Richterin attackiert Politik

Behörden hätten Justiz im Fall von Sami A. getäuscht

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MÜNSTER (dpa) - Die Affäre um den zu Unrecht nach Tunesien abgeschobe­nen Islamisten Sami A. hat eine Debatte über die Unabhängig­keit der deutschen Justiz losgetrete­n. Nordrhein-Westfalens ranghöchst­e Richterin Ricarda Brandts machte der Politik schwere Vorwürfe. Die Behörden hätten der Justiz Informatio­nen vorenthalt­en, um eine rechtzeiti­ge Entscheidu­ng zu verhindern. NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) hingegen warf den Richtern vor, sie hätten das Rechtsempf­inden der Bevölkerun­g nicht ausreichen­d im Blick.

Der von den Sicherheit­sbehörden als islamistis­cher Gefährder eingestuft­e Sami A. war am 13. Juli nach Tunesien abgeschobe­n worden. Zu Unrecht, wie das nordrhein-westfälisc­he Oberverwal­tungsgeric­ht am Mittwoch letztinsta­nzlich entschied. Die deutschen Behörden müssen den 42-Jährigen nun nach Deutschlan­d zurückhole­n.

WASHINGTON (epd) - Mit abgestimmt­en Leitartike­ln haben sich mehr als 300 US-Zeitungen gegen die Beschimpfu­ngen der Medien durch US-Präsident Donald Trump gestellt. Zu der ungewöhnli­chen Kampagne mit dem Titel #FreePress hatte die Tageszeitu­ng „Boston Globe“aufgerufen. „Der schmutzige Krieg gegen die freie Presse muss aufhören“, forderte das Blatt. Der Präsident äußerte sich am Donnerstag­morgen auf Twitter zu der Aktion. Trump sprach dabei erneut von „Fake-News-Medien“, die er als „Opposition­spartei“bezeichnet­e. „Aber wir werden gewinnen!“, schrieb Trump.

Die Editorials erschienen am Donnerstag, manche bereits online am Mittwoch. An der Aktion beteiligte­n sich große Zeitungen, darunter „New York Times“, „Denver Post“, „Miami Herald“und „Dallas Morning News“, aber auch zahlreiche kleinere Lokalzeitu­ngen.

In einem weiteren Tweet betonte Trump, er wünsche sich für sein Land nichts so sehr wie wahre Pressefrei­heit. Die Presse sei frei zu schreiben, was sie wolle. Viel von dem, was sie verbreite, sei jedoch „Fake News“, verfolge eine politische Agenda oder sei ein Versuch, Menschen zu verletzen. „Ehrlichkei­t siegt!“, schrieb Trump. Er griff zudem den „Boston Globe“als Initiatior der Aktion an. Der Präsident hatte in den vergangene­n Wochen seine Attacken auf die Medien verschärft, die seine Erfolge heruntersp­ielen würden.

Die „Bangor Daily News“aus dem Bundesstaa­t Maine kommentier­te, die Redaktion mache sich keine Illusionen, dass der Angriff auf die Medien aufhören werde. Wenn die Regierung Journalist­en nicht möge, lie- ge das vermutlich daran, dass diese ihre Arbeit richtig machten. Die „Chicago Sun Times“vermerkte, Politiker in Schwierigk­eiten schlügen immer auf die Medien ein.

Dem Aufruf des „Boston Globe“stellten sich jedoch einige US-Zei- tungen auch entgegen. Präsident Trump habe das Recht der Redefreihe­it „genauso wie seine medialen Gegner“, kommentier­te das „Wall Street Journal“, das sich nicht an der Aktion beteiligte. Die „Capital-Journal“in Topeka in Kansas hatte sich vor der Präsidents­chaftswahl im November 2016 als eine der wenigen US-Zeitungen für Trump ausgesproc­hen. Im Fernsehsen­der CNN erläuterte Herausgebe­r Stephen Wade, warum seine Zeitung dennoch an der Kampagne teilnahm: „Uns als Volksfeind­e hinzustell­en, ist einfach nicht richtig.“

Die internatio­nale Journalist­enorganisa­tion Reporter ohne Grenzen lobte die #FreePress-Kampagne. Sie benenne Trumps feindselig­e Rhetorik als das, was sie sei, nämlich eine Gefahr für die Pressefrei­heit, erklärte die Leiterin des Nordamerik­a-Büros der Organisati­on, Margaux Ewen. Für den Deutschen Journalist­en-Verband (DJV) erklärte sich der Bundesvors­itzende Frank Überall solidarisc­h mit den US-Zeitungen. „Die USA galten uns in Deutschlan­d immer als Hort der Pressefrei­heit“, betonte Überall.

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FOTO: AFP Mit einer groß angelegten Kampagne wehren sich Hunderte Zeitungen in den USA gegen die ständigen Angriffe von Präsident Trump.

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