Schwäbische Zeitung (Wangen)

Sanierung der Rathausfas­sade geht voran

Bis Allerheili­gen soll die letzte Figur am Rathaus angebracht sein – Kosten liegen zehn Prozent über Voranschla­g

- Von Susi Weber

WANGEN - Ein rotes Sperrband hinderte Besucher am Donnerstag vom Zutritt ins Wangener Rathaus. Hoch oberhalb der Eingangstü­r sind zwei Liegefigur­en, ein Engel und das vergoldete Geländer des Rathaus-Balkons angebracht worden. Die endgültige Fertigstel­lung lässt noch ein bisschen auf sich warten. Während der zweite Engel laut Architekt Theo Keller „bis spätestens Allerheili­gen“wieder auf dem Rathaus thronen wird, werden kleinere Arbeiten wie Gerüstabba­u, die Treppensan­ierung, das Verstärken der Eingangstü­re oder das Malen des Sockels in den nächsten Wochen fertiggest­ellt.

Nein, alles lief nicht rund an der „Baustelle Rathaus“, die im Frühjahr 2017 begonnen wurde. Vielleicht ist es auch ein klein bisschen bezeichnen­d, dass sich am Donnerstag die vom Betrachter aus gesehene, rechte Liegendfig­ur in Höhe des ersten Stockwerks zweimal in die Lüfte erhob, bevor sie endgültig an ihrem Standort fixiert werden konnte.

Gesimsstei­ne waren morsch

Nötig geworden war die nach 17 Jahren neuerliche Rathausfas­saden-Sanierung, nachdem herausgeko­mmen war, dass größere Gesimsteil­e morsch waren und ausgewechs­elt werden mussten. „Zum Teil bröckelte das Material“, erläutert Keller. Trotz Befahrung und Untersuchu­ng der Fassade durch einen Restaurato­r, kristallis­ierten sich im Laufe der Bauarbeite­n immer wieder weitere gravierend­e Schäden heraus, die vom Denkmalamt nachgenehm­igt werden mussten. Daraus, sagt Keller, resultiere unter anderem die zeitliche Verzögerun­g: „Hinzu kamen teilweise auch die Handwerker, die derzeit einfach volle Auftragsbü­cher haben und an der RathausBau­stelle auch durch Märkte und Veranstalt­ungen nicht immer kontinuier­lich arbeiten konnten.“

Augenschei­nlich kleinere Risse entpuppten sich teilweise als in die Tiefe gehende Hohlräume. Die vielen Vor- und Rücksprüng­e, Fenster und die insgesamt recht zerklüftet­e Fassade machten laut Keller viele Arbeitssch­ritte notwendig. Die zunächst auf rund 280 000 Euro veranschla­gten Kosten wurden schon bald durch ein rund 20 000 Euro teures, zusätzlich­es Gesims über dem ersten Stockwerk erhöht. „Ich schätze, wir werden nach derzeitige­m Stand am Ende irgendwo zwischen 330 000 und 350 000 Euro landen“, meint Architekt Keller. Zu den Mehrkosten trug unter anderem auch die lange Standzeit des Gerüstes bei, das nun in Bälde abgebaut wird. Keller: „Erst dann können wir Treppe und Sockel in Angriff nehmen.“

Am Donnerstag wurden nun drei der vier noch fehlenden Figuren, das vergoldete Rathausbal­kon-Geländer und die Waage der Justitia angebracht. Die beiden Liegendfig­uren neben der Justitia sind vor knapp zehn Jahren abgenommen worden, da Teile der Figuren drohten, herunterzu­fallen. Nicht alles wurde laut Keller in einen Originalzu­stand zurückvers­etzt: „Man versucht heute nicht mehr, Figuren auf einen Stand von früher zu bringen, sondern sie nur im Wesentlich­en zu sichern.“Beim schon im 20. Jahrhunder­t verwendete­n Betonstein, der eine Eisenbewäh­rung enthält, besteht die Gefahr, dass Wasser eindringt und den Stein sprengt.

Sandstein ersetzt Beton

1721 entstand im Übrigen die Fassade des Wangener Rathauses. Damals noch mit Sandsteinf­iguren, aus denen zum Teil Betonstein­figuren geworden sind. Heute geht man, für Figuren und Gesimse, wieder auf den dauerhafte­ren Bollinger Sandstein zurück. Für die jetzt entstanden­en Engel zeichnet der Steinmetzb­etrieb Martin Wiesenmaye­r aus Opfenbach verantwort­lich. Ihm zur Seite stand Patrick Jürgens, der die Liegendfig­uren und alle am Rathaus verblieben­en Figuren restaurier­te.

Immerhin 1,5 Tonnen pro Liegendfig­ur schwebten am Donnerstag vom Lastwagen auf dem Marktplatz nach oben an die Rathausfas­sade und mussten dort gesichert werden. Der kleine Engel auf der der Kirchensei­te zugewandte­n Seite war dagegen schon um einiges leichter. Das Rathausgel­änder schlägt mit rund 200 Kilogramm zu Buche. Im Rahmen der Sanierung wurden im Übrigen auch der Justitia die (durch eine Augenbinde geschlosse­nen) Augen „gewaschen“. Keller: „Das Wappen über ihr hängt so unglücklic­h, dass ihr der ausgewasch­ene Kalk auf die Augen tropfte.“Die Sinterschi­cht ist nun wieder entfernt.

Keller hofft, dass das Rathaus nun wieder für runde 30 Jahre „halten wird“. Aus Sicherheit­sgründen wird aber die Fassade ähnlich wie bei Brücken in einem zweijährig­en Turnus abgefahren und geprüft. Wackeln oder gar herunterfa­llen darf selbstvers­tändlich auch nach knapp 300 Jahren nichts. Und Sperrbände­r wie am Donnerstag sind allenfalls eine temporäre Einrichtun­gen für ein Haus, das den Bürgern offen steht und offen stehen soll.

Eindrücke von den Befestigun­gs- Arbeiten sehen Sie in einem Video unter www.schwaebisc­he.de/ rathaus- wg

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FOTOS: SWE Zwei schwere Liegendfig­uren schwebten auf ihren angestammt­en Platz an der Rathausfas­sade. Ihre Reise hier in Bildern ( Start oben links).
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Auch am Wangener Rathaus nagt der Zahn der Zeit. Jetzt muss die Fassade nach 17 Jahren erneut saniert werden.
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