Wie weit darf der Sicherheitsdienst gehen?
Besucher der Allgäuer Festwoche in Kempten werfen Sicherheitsdienst vor, zu hart durchgegriffen zu haben
KEMPTEN - Greift das Sicherheitspersonal der Festwoche am Abend in manchen Situationen zu hart durch? Diesen Vorwurf erheben zumindest zwei Betroffene nach Vorfällen am ersten Wochenende. Ein Mann erlitt dabei einen Jochbeinbruch. Ein Bekannter des Besuchers kritisiert, dass ein Security-Mitarbeiter mit Fäusten auf den Mann eingeschlagen habe, als der am Boden lag. Zuvor hatte der alkoholisierte Besucher die Sicherheitskraft gebissen.
42 000 Abendbesucher kamen bis Dienstagabend auf die Festwoche. Größere Zwischenfälle waren dabei die Ausnahme. Diesen Eindruck hatten auch Mitarbeiter unserer Redaktion bei einem Rundgang am Dienstagabend. Sie beobachteten nur kleinere Delikte – so hatte beispielsweise ein Jugendlicher zu tief ins Glas geschaut. Das Personal brachte ihn ins Sicherheitszentrum, die Polizei stellte die Personalien fest und verständigte die Eltern.
Dennoch bleibt die Frage, wie weit der Sicherheitsdienst gehen darf, insbesondere wenn sich Betrunkene den Anweisungen der Mitarbeiter widersetzen. Eine Antwort darauf hat Markus Asbach, Vizechef der Polizeiinspektion Kempten: Bei solchen Vorfällen gelte grundsätzlich das sogenannte Jedermannsrecht, das gesetzlich in der Strafprozessordnung verankert ist. Wenn ein Bürger – dazu zählt Asbach auch Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes – eine Straftat beobachtet, dürfe er den Täter festhalten, bis die Polizei kommt. Und zwar, wenn nötig, auch gewaltsam. Dieses Festhalten dürfe aber nicht mit allen Mitteln durchgesetzt werden und nur so lange dauern, bis die Identität des Täters festgestellt ist.
Dabei gelte allerdings das „Prinzip der Verhältnismäßigkeit“, sagt Asbach: Begeht der Täter etwa eine relativ geringe Tat, so dürfe er keine schweren Verletzungen davontragen. Greift ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdiensts zu hart ein, ermittle die Polizei im Nachhinein gegen ihn. Auch nach den jüngsten Vorfällen bei der Festwoche wurden bereits Zeugen vernommen. Erhärtet sich ein Verdacht, landet der Fall bei der Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls vor Gericht.
Bis zu 30 Beamte im Einsatz
Die Polizei ist laut dem Sicherheitskonzept für die Festwoche mit 20 bis 30 Beamten, je nach Besucherandrang, im Stadtpark und im Stadtgebiet im Einsatz. An einzelnen Tagen hilft die Bereitschaftspolizei aus. Am Abend sind zudem zwei Streifen mit je zwei Mitgliedern der Sicherheitswacht unterwegs. Sie sollen auch außerhalb des Festgeländes Präsenz zeigen und sich um den Jugendschutz kümmern.
Darüber hinaus betreue ein Sicherheitsdienst aus dem Unterallgäu den Tag- und Nachtbetrieb, sagt Festwochenleiterin Martina DufnerWucher. Und für den Abendbetrieb ab 18 Uhr sei seit 2013 ein Unternehmen aus Memmingen zuständig. Diese Firma habe langjährige Erfahrung und unter anderem heuer das Kemptener Stadtfest betreut. Außerdem sei es bei Großveranstaltungen üblich, Subunternehmer zu beschäftigen, eine Firma allein könne das Pensum nicht stemmen. Die Polizei prüfe im Vorfeld das Sicherheitspersonal, das entsprechend geschult und ausgebildet sei. Hierbei gelten Vorgaben der sogenannten Bewachungsverordnung und der Gewerbeordnung. Die Mitarbeiter müssten sich freilich an die Vorschriften halten.
Die Ausschreibung für den Sicherheitsdienst enthält Dufner-Wucher zufolge „neben preislichen auch qualitative Bewertungskriterien“. Diese haben einen Anteil von 60 Prozent und seien somit maßgeblich für die Vergabe. Wie viele Kräfte des Sicherheitsdienstes im Einsatz sind, darf die Festwochenleiterin „aus sicherheitstaktischen Überlegungen“nicht sagen. Sie arbeiten allerdings eng mit der Polizei zusammen und sprechen sich täglich ab.