„In Isny haben wir viel Hilfe erfahren“
Familie Alhalabi aus Syrien bietet in der Bergtorstraße orientalische Spezialitäten an
ISNY - Familie Alhalabi ist vor drei Jahren aus Syrien geflohen – in einem Holzboot, mit verschiedenen Transportmitteln und zu Fuß, bis sie schließlich in Isny angekommen sind. Hier fühlen sie sich wohl. In der Bergtorstraße bietet die Familie mittlerweile orientalische Spezialitäten an. Denn eines ist den Alhalabis wichtig: selbst für sich zu sorgen.
Die 13-jährige Tochter Shams steht hinter der Theke in der Bergtorstraße 23 zwischen dem Goldenen Adler und Oberem Graben/ Winzerheim/Zwinger und fragt die Kunden in fast makellosem Deutsch nach ihren Speisewünschen. Ihr Vater Mazen Alhalabi hält sich im Hintergrund, wird erst aktiv, wenn sich der Kunde entschieden hat und wenn es gilt, die syrischen Leckereien zusammenzustellen. Er spricht noch nicht so gut Deutsch, obwohl er von Anfang an auch die Deutschund Integrationskurse besuchte. Gemeinsam erklären sie dem Kunden, was sie aus ihrem Angebot besonders empfehlen können: Schawarma oder Bulgur, beides mit Hühnerfleisch und Gemüse, eingewickelt in Fladenbrot. Die vegetarische Variante nennt sich Tabuleh und der Syrische Kebap. Die Kunden können sich setzen oder ihre Schnellkost unterwegs oder zu Hause essen. Mit der Zeit wolle man herausfinden, was gut läuft, was den Leuten schmeckt, denn schließlich könne man ja ein allzu breites Angebot auch nicht ständig frisch vorhalten.
Tochter Shams besucht bislang in Isny die Realschule, will möglichst einmal Rechtswissenschaft studieren. Vater Mazen war in ihrer Heimat Damaskus im Rathaus für die Wohnungsvermittlung zuständig. Mutter Olaa und Sohn Nour (17) kommen nachmittags auch ins kleine Geschäft. Sie haben morgens miteinander eingekauft. Nour besucht im Moment noch das Gymnasium Isny, will aber ins Technische nach Leutkirch wechseln und möchte nach dem Abitur gerne einmal Informatik studieren. Mutter Olaa erklärt in aller Bescheidenheit ihre Studien und Abschlüsse in Syrien. Bescheiden deshalb, weil diese Papiere hier in Deutschland nicht viel wert sind: Lehrerin, Physiotherapeutin, Ernährungsberaterin, Fortbildungen in verschiedenen Rehabilitationsmaßnamen. Mitarbeit in einem regierungskritischen Radio- und Fernsehsender.
„Solche Familien kann man einfach brauchen“
Jürgen Bühler von der NetzwerkAsyl-Kleiderkammer kennt Familie Alhalabi schon fast seit drei Jahren und meint: „Solche Familien kann man einfach brauchen. Sie bringen hohes Interesse mit, sich zu integrieren und für sich Verantwortung zu übernehmen und finanziell eigenständig über die Runden zu kommen. Olaa hat selbst in der Kleiderkammer mitgearbeitet und auch in der Kinderarbeit unter den Flüchtlingskindern in Siloah. Ihr B2-Sprachkurs läuft gerade noch, erzählt sie.
Die Alhalabis sind 2015, wie Tausende andere Leidensgenossen, vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen in eine für sie fremde, unsichere Zukunft. Mit 70 weiteren Flüchtlingen sind sie im September 2015 auf einem neun Meter langen Holzboot nach Griechenland geschippert, dann durch die Balkanländer und Österreich mit verschiedenen Transportmitteln – und manchmal auch zu Fuß. Es folgten, jeweils nur ganz kurze Zeit, immer durch die Migrationsbehörde weitergeleitet: Friedrichshafen, Karlsruhe, Mannheim und Isny in die Siloahhäuser. In Isny sei es ihnen am besten ergangen, vor allem durch die Unterstützung der Mitarbeiter von Netzwerk Asyl und durch die Sozialarbeiterinnen. „Wir wurden als Menschen mit unserem Schicksal angenommen“, sagt Olaa. Sie hätten eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre bekommen, die dann hoffentlich verlängert würde. Neuerdings würden sie auch in einer angemieteten Wohnung leben, vermittelt durch Nils Güldsö vom Netzwerk Asyl.
Olaa und Tochter Shams tragen kein Kopftuch: „Wir haben mit der Religion des Islam sehr wenig zu tun“, sagen Mutter und Sohn, „auch nicht mit den alten christlichen Kirchen, die es im Orient immer noch gibt.“Wir gehören zu einer kleinen religiösen Minderheit, den Drusen, von denen es weltweit nur rund eine Million gibt.“Hier in Isny und der weiteren Region gebe es nur einige wenige, vielleicht eine Handvoll, ist sich Olaa ganz sicher.
In ihrer Religion hätten die alten griechischen Philosophen großen Einfluss, und die Seelenwanderung sei ein grundlegendes Element ihres Glaubens. „Die Seele eines Menschen wandert mit dem Tod sofort in einen neugeborenen Menschen. Die Umstände und das ganze Leben eines Menschen sind von Gott vorherbestimmt.“Missionierung oder Konvertierung sei weder nötig noch erlaubt. Druse sei, wer Kind drusischer Eltern ist.
Der Imbiss mit Orientalischen Spezialitäten nennt sich „Nons Alshams“. Er ist von Montag bis Sonntag von 11 bis 22 Uhr geöffnet, dienstags bis 14.30 Uhr.