Seltene Gnadenhochzeit in Bodnegg
In guten und in schlechten Zeiten: Magdalena und Walter Bauer sind seit 70 Jahren verheiratet
BODNEGG - Es ist das erste Ehepaar in Bodnegg, das das seltene Fest der Gnadenhochzeit feiert: Sieben Jahrzehnte sind Magdalena und Walter Bauer verheiratet und haben gute und schlechte Zeiten miteinander durchgestanden.
Wie schafft man das, 70 Jahre mit dem gleichen Partner verheiratet zu sein? Es ist zuerst einmal still auf die Frage im gemütlichen Wohnzimmer der Bauers im schmucken Eigenheim mit dem schönen Garten in Bodnegg. Und dann erzählt Walter Bauer tief aus der Vergangenheit. Als blutjunger Mann wurde der gebürtige Reutlinger im Zweiten Weltkrieg sehr schwer verwundet. Großes Glück habe er damals gehabt, als sein Bein, im Lazarett schon zur Amputation vorgesehen, von einem Oberarzt, der ebenfalls Schwabe war, gerettet wurde. Als er 1945 aus russischer Gefangenschaft an die Engländer übergeben wurde, setzte er sich bei einem Transport ab und beschloss, dass der Krieg für ihn zu Ende sei. Er schlug sich fast zwei Jahre durch, bis er schließlich 1947 in Ravensburg landete, wo er bei einem Bauern unterkam, bei dem er auch arbeitete.
Im Tanzkurs kennengelernt
Es war eine harte Zeit nach dem Krieg, aber junge Leute wollten trotzdem Spaß haben. „Discos gab es damals noch nicht“, erzählt Magdalena Bauer. Aber es gab einen Tanzkurs bei der Tanzschule Geiger, bei dem sie sich anmeldete. Auch Walter Bauer, inzwischen wieder mit gesundem Bein, war mit einem Freund dorthin gekommen, und so lernten sich Magdalena und Walter kennen. „Alkohol gab es damals keinen, man wollte einfach nur mit Gleichaltrigen zusammen sein“, erzählen sie. Bald tanzten Walter und Magdalena nicht nur miteinander, sondern kamen sich auch sonst näher. Am 31. Juli 1948 wurde dann geheiratet.
Magdalena, als gebürtige Ravensburgerin, hatte schon vor dem Krieg eine Ausbildung als kaufmännische Angestellte bei der Maschinenfabrik Ravensburg absolviert und wurde nach Kriegsende auch wieder übernommen. Sie hatte ein gutes Verhältnis zum Direktor und konnte auch ihrem Mann dort Arbeit vermitteln. Beide bezogen in einer Betriebswohnung ein Zimmer und mussten sich die Wohnung mit etlichen polnischen Arbeitern teilen. „Wir haben in der Küche zusammen gekocht“, beschreibt Magdalena Bauer die beengten Verhältnisse. Ein Sohn wurde geboren, aber da die junge Frau weiter arbeitete, kümmerte sich ihre Mutter um den Nachwuchs.
Walter Bauer machte Karriere bei der Maschinenfabrik und war dort in den 43 Jahren seiner Arbeitszeit lange Jahre sowohl Vorsitzender im Betriebsrat als auch im Aufsichtsrat vertreten. Seine Frau arbeitete ebenfalls fast 30 Jahre in der gleichen Firma und anschließend bei ihrem Sohn, der ein Konstruktionsbüro hat. Durch seine vielseitige, auch ehrenamtliche Tätigkeit, beispielsweise bei der Arbeiterwohlfahrt oder beim Reichsbund der Kriegsopfer, Behinderten, Sozialrentner und Hinterbliebenen, war Walter Bauer sehr viel unterwegs. „Er konnte nie Nein sagen, wenn ihn jemand gefragt hat“, meint seine Frau im Rückblick.
Trotzdem nahmen beide sich die Zeit für schöne Urlaube, sowohl mit dem Bus als auch mit dem Auto. Gerne erinnern sie sich an Ischia oder an den Bregenzerwald, wo sie zehn Jahre eine Hütte hatten und sehr viel gewandert sind. „Da musste man jeden Stängel Brot rauftragen und war erst nach einer halben Stunde oben“, erzählt Magdalena Bauer. Die sportlichen Aktivitäten, Wandern und Skifahren, haben für beide ein Ende gefunden. Das hohe Alter der beiden 91-Jährigen klopft an die Tür. Das Laufen fällt Walter Bauer schwer, trotzdem hat er aus Vernunftgründen das Autofahren im Dezember aufgegeben. Die Entscheidung fiel ihm nicht leicht, und es gab vorher viele Diskussionen in der Familie. Magdalena Bauer kocht, bäckt und wäscht noch selbst, nur einmal in der Woche hat sie eine Haushaltshilfe. Schon im Jahr 1977 zogen beide aus Ravensburg zu ihrem Sohn nach Bodnegg, der dort ein Haus gebaut hat. Inzwischen haben sie auch zwei Enkel und einen Urenkel. Gibt es ein Geheimnis oder Ratschläge für eine so lange Ehe?
Ein Honigschlecken sei das nicht gewesen, meinen beide. Höhen und Tiefen haben beide zusammen durchgestanden, und keineswegs sei die lange Zeit nur unbeschwert und glücklich gewesen. „Manchmal muss man sich aus dem Weg gehen“, rät Magdalena Bauer lächelnd. „Man muss viel Verständnis haben, manchmal auch was schlucken, statt zu reden“, meint sie. Da könne es auch mal sein, dass man zwei bis drei Tage nicht miteinander rede. „Wir haben uns aber nie verhauen und keine großen Streitigkeiten gehabt“, ergänzt Walter Bauer. „Und dann ist’s auch wieder vorüber“, sagen beide lachend.