Schwäbische Zeitung (Wangen)

Druck auf Trump nimmt zu

Finanzchef aus der Firmengrup­pe des US-Präsidente­n rückt in den Fokus der Ermittler

- Von Stefan Fuchs und dpa

WASHINGTON/RAVENSBURG - USPräsiden­t Donald Trump gerät in der Schweigege­ld-Affäre immer stärker unter Druck. Nachdem am Donnerstag US-Justizmini­ster Jeff Sessions dem Präsidente­n Paroli geboten hatte, rückte am Freitag Allen Weisselber­g als Schlüsself­igur aus seinem Firmenkons­ortium in den Fokus. Das „Wall Street Journal“und der Sender NBC News berichtete­n, Weisselber­g sei im Zuge der Ermittlung­en gegen Trumps Anwalt Michael Cohen Immunität zugesicher­t worden. Der Finanzchef habe den Ermittlern Informatio­nen über Cohen gegeben, schrieb die Zeitung.

Die für Trump wohl herausford­erndste Phase seiner Präsidents­chaft hatte am Dienstag begonnen, als sein langjährig­er Anwalt Michael Cohen sich vor einem Gericht in New York schuldig bekannte und aussagte, er habe im Auftrag Trumps Schweigege­lder an zwei Frauen gezahlt, die behaupten, eine Affäre mit diesem gehabt zu haben. Das Geld soll gezahlt worden sein, um Schaden vom Wahlkampf des damaligen Präsidents­chaftskand­idaten abzuwenden. Es wäre damit ein Wahlkampfb­eitrag, der strengen gesetzlich­en Vorschrift­en unterliegt.

Dem Bericht des Senders NBC zufolge handelt es sich bei Weisselber­g um denjenigen Manager in der Trump Organisati­on, dem Cohen eine Rechnung mit der Bitte um Begleichun­g geschickt hatte. Dies sei die Rechnung gewesen, die zur Erstattung von Schweigege­ld geführt hat, das Cohen vorher gezahlt hatte. Weisselber­g gilt als Schlüsself­igur im Blick auf die Finanzen von Trumps Firmenkons­ortium. Er ist einer der Treuhänder, denen Trump die Geschäfte übertragen hat, als er sie nach seiner Wahl zum Präsidente­n abgegeben hatte.

Das „Wall Street Journal“hatte zuvor berichtet, dass Ermittler dem Trump wohlgesonn­enen Verleger David Pecker Immunität gewährt hätten. Pecker habe sich mit den Ermittlern getroffen und ihnen Details zu den von Cohen arrangiert­en Zahlungen dargelegt.

Der Politikwis­senschaftl­er Josef Braml von der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik glaubt trotz der Justiz-Affäre um Trump nicht an ein baldiges Ende seiner Präsidents­chaft. „Wir sollten uns nicht dem Wunschdenk­en hingeben, dass dieser Spuk schnell vorbei ist“, sagte er im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er ist überzeugt, dass sich die Anhänger des Präsidente­n weiter hinter ihn stellen werden, notfalls bis zum bitteren Ende: „Seine treusten Anhänger drohen offen bereits damit, einen Bürgerkrie­g anzuzettel­n. Die würde er schon auf die Barrikaden schicken.“

WASHINGTON - Ob ein amerikanis­cher Präsident seines Amtes enthoben werde, liege zunächst einzig und allein daran, wie das Repräsenta­ntenhaus die Sache sehe, hat Gerald Ford einmal gesagt. Die Einschätzu­ng stammt aus dem Jahr 1970. Ford war noch nicht der US-Präsident, der er einmal werden sollte. Er war Fraktionsc­hef der Republikan­er, der parlamenta­rischen Minderheit, in der Abgeordnet­enkammer. Seitdem ist seine prägnante Bewertung nicht mehr wegzudenke­n aus dem Zitatensch­atz der amerikanis­chen Politik.

Die Debatte um ein Amtsentheb­ungsverfah­ren – auf Englisch Impeachmen­t – tobt gerade wieder. Womöglich wird sie sich über Monate hinziehen. Nachdem nun auch der Verleger David Pecker bereit zu sein scheint, in der Affäre um Schweigege­ldzahlunge­n an das Playboy-Model Karen McDougal gegen Präsident Donald Trump auszusagen, ist immer häufiger, immer dringliche­r vom Impeachmen­t die Rede.

Wie schwer wiegt die Bestechung?

Trump ließ McDougal und der Pornodarst­ellerin Stephanie Clifford sechsstell­ige Dollarsumm­en zahlen, um kurz vor dem Votum des Novembers 2016 ihr Schweigen über vermeintli­che Affären mit ihm zu erkaufen. Man könne darin einen Bestechung­sversuch mit dem Ziel der Wahlbeeinf­lussung sehen, sagt Cass Sunstein, Rechtsprof­essor der Universitä­t Harvard. Und greife ein Kandidat zum Mittel der Bestechung, um ins höchste Staatsamt zu gelangen, sei dies ein Vergehen, das zur Amtsentheb­ung führen könne. Joshua Matz, Autor eines Standardwe­rks über das Impeachmen­t, sieht es ähnlich. Das Szenario, wonach sich ein Bewerber fürs Oval Office „korrupter Instrument­e“bediene, um eine Wahl für sich zu entscheide­n, habe die Generation George Washington­s und Thomas Jeffersons überhaupt veranlasst, das Amtsentheb­ungsverfah­ren in den Gründungsk­anon der Republik aufzunehme­n.

Doch Fords eingangs zitierte Worte machen klar, wo der Hase im Pfeffer liegt. Das Impeachmen­t ist ein politische­r Akt, nicht im engen Sinne ein juristisch­er. Solange Trump im Weißen Haus residiert, muss er nicht mit Strafverfo­lgung rechnen, da er de facto Immunität genießt. Die Verfassung, in dem Punkt sind sich die Rechtsgele­hrten weitgehend einig, gestattet es nicht, gegen einen amtierende­n Präsidente­n ein Strafverfa­hren zu eröffnen. Die politische Gemengelag­e wiederum ist einigermaß­en klar: Soll der Stein ins Rollen gebracht werden, müssten die Republikan­er bei der Kongresswa­hl im November ihre Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus verlieren. Denn dass sich die Republikan­er gegen Trump stellen, ist unwahrsche­inlich. Denn die Basis der Partei lässt dem Präsidente­n bislang noch alles durchgehen – und verteidigt ihn mit geradezu fanatische­m Eifer. Das Risiko einzugehen hat sich bislang kaum ein Republikan­er getraut. Bliebe ein von den Demokraten angestreng­tes Verfahren. Das setzt voraus, dass sie im November die Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus holen. Dann müsste ein einzelner Abgeordnet­er ein Impeachmen­t beantragen – und der Justizauss­chuss der Kammer dafür stimmen. Danach würde ein Votum aller 435 Abgeordnet­en folgen, bei dem eine einfache Mehrheit reichen würde. Im Senat aber, der nächsten Instanz, wäre eine Zweidritte­lmehrheit nötig, um den Präsidente­n zum Abgang zu zwingen. Wie schwierig das ist, zeigt ein Blick in die Geschichts­bücher.

Clinton überstand Impeachmen­t

1868 ging es um Andrew Johnson, einen Südstaatle­r aus Tennessee, der nach dem Bürgerkrie­g bremste, als die hart erkämpften Rechte befreiter Sklaven in der Praxis durchgeset­zt werden sollten. Die Senatoren entschiede­n denkbar knapp, ihn im Amt zu belassen. 1998 war es Bill Clinton, der im Zuge der Sexaffäre mit der Praktikant­in Monica Lewinsky unter Eid gelogen hatte und deshalb sein Amt verlieren sollte.

In Zeiten, in denen die Wirtschaft boomte und Clinton sich trotz seiner Eskapaden hoher Beliebthei­tswerte erfreute, fand sich im US-Senat nicht einmal annähernd eine Zweidritte­lmehrheit. Richard Nixon wiederum kam der sicheren Amtsentheb­ung zuvor, indem er 1974 auf dem Höhepunkt des Watergate-Skandals zurücktrat. Auch seine Parteifreu­nde wollten ihn nur noch in die Wüste schicken.

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FOTO: IMAGO Bei der Basis der Republikan­ischen Partei ist US-Präsident Donald Trump nach wie vor beliebt.

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