Schwäbische Zeitung (Wangen)

Noch immer will sie für andere Menschen da sein

Luise Hinkel wurde am Freitag 80 Jahre alt – Die vielseitig Engagierte blickt auf ein erfülltes Leben zurück

- Von Vera Stiller

AMTZELL - Die erste Zeit ihres Erdendasei­ns war alles andere als leicht. Jetzt, nach 80 intensiv gelebten Jahren, weiß Luise Hinkel, dass alles dazu gehört hat: Flucht und Neuanfang, Beruf und Familiengr­ündung, Engagement auf vielen Gebieten in Gemeinde, Vereinen und Kirche. Wenn sie noch einmal anfangen könnte, würde sie es genauso wieder tun.

Luise Hinkel war sechs Jahre alt, als 1944 alle 6000 Donauschwa­ben aus dem Dorf Neu-Pasua im ehemaligen Jugoslawie­n vertrieben wurden.

Über Umwege gelangten die Trecks über die Tschechosl­owakei nach Österreich und hier in ein

Lager in Saalfelden. „Ich erinnere mich noch daran, wie Teile meiner Familie und ich mit Pferd und Wagen über den Großglockn­er gezogen sind“, sagt Luise Hinkel, die das jüngste von neun Kindern ist.

In Saalfelden starb der Vater, in einem anderen Lager in Oberösterr­eich besuchte sie die Schule. Eine der Schwestern, die über Lindau ins Allgäu gelangt war, übermittel­te 1950 die frohe Kunde: „Ich habe für uns in Pfärrich eine Wohnung gefunden!“Dort, so sagt die jetzt 80Jährige noch immer voller Dankbarkei­t, seien sie sehr gut aufgenomme­n worden. Die älteren Geschwiste­r hätten bald Arbeit bei den Bauern gefunden, sie konnte ihre Schulzeit fortsetzen.

1954 konnte man ein eigenes Haus in Goppertshä­usern beziehen. Luise besuchte die Kaufmännis­che Schule in Wangen, absolviert­e eine Lehre als Einzelhand­elskauffra­u und war bis zu ihrer Heirat am Pfingstsam­stag 1962 in diesem Beruf tätig. Ihr Mann, ein gebürtiger Ostpreuße, war zuvor Witwer geworden und brachte eine kleine Tochter mit in die Ehe. „Mein Mädle“sagt Luise Hinkel voller Herzlichke­it und freut sich, dass der Kontakt bis heute ein inniger geblieben ist. 1965 kam Sohn Peter zur Welt. Seit dem Tod ihres Mannes vor 20 Jahren lebt sie allein in Amtzell.

Wunsch: Lehrerin werden

Schon früh wollte Luise Lehrerin werden, „mit anderen zu tun haben“. Nun, Lehrerin wurde sie nicht. Dafür half sie, wo und wie sie nur konnte. Mit Leidenscha­ft übernahm sie unter anderem Aufgaben innerhalb des Sportverei­ns Amtzell, baute nach dem Tod ihres Mannes die Senioren-Gymnastik in der Wohnanlage „Lebensräum­e für Jung und Alt“auf, ist aktiv beim ökumenisch­en Seniorenna­chmittag dabei und übernimmt die Schriftles­ung in der evangelisc­hen Kirche.

Landesehre­nnadel verliehen

Für ihr großes und langjährig ausgeführt­es Ehrenamt bekam Luise Hinkel die Landesehre­nnadel verliehen. Besonders die drei Gruppen, die sie als ausgebilde­te Übungsleit­erin für Senioren in jeder Woche betreut, ist für sie „etwas sehr Schönes“. Nicht zuletzt deshalb, weil sie sieht, wie wichtig den älteren Herrschaft­en diese gemeinsame­n Stunden sind. „Es ist immer ein Geben und Nehmen“, stellt Luise Hinkel fest und nennt ihr Leben reich und erfüllt.

Ihren runden Geburtstag hat die Unermüdlic­he am Freitag im Kreise der Familie gefeiert. Am Mittwoch wird sie „ihre“Seniorengr­uppen mit Kaffee und Kuchen verwöhnen.

 ?? FOTO: VERA STILLER ?? Luise Hinkel aus Amtzell hat am Freitag ihren 80. Geburtstag gefeiert.
FOTO: VERA STILLER Luise Hinkel aus Amtzell hat am Freitag ihren 80. Geburtstag gefeiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany