Schwäbische Zeitung (Wangen)

Rund um die Uhr in Alarmberei­tschaft

Ein Besuch auf der Rettungswa­che der Johanniter in Kißlegg

- Von Marlene Gempp

KISSLEGG - Das Unfallopfe­r auf der Liege hat einen gebrochene­n Arm und Verletzung­en im Halswirbel­bereich. Fünf Sanitäter der Johanniter­Rettungswa­che aus Kißlegg sind mit dem Unimog an der Unfallstel­le, verbinden den Arm, stützen den Kopf des Verletzten und machen ihn bereit für den Transport ins Krankenhau­s. Doch keine Sorge: Der Person auf der Trage geht es eigentlich gut, sie ist Teil einer Übung der Johanniter, wie sie einmal wöchentlic­h so oder so ähnlich in der Rettungswa­che am Kißlegger Strandbad stattfinde­t.

Rund um die Uhr ist die Wache mit zwei hauptamtli­chen Sanitätern besetzt. Wenn ihr Piepser, den sie immer bei sich tragen, geht, fahren sie los. Drei Mal ist der Rettungswa­gen an diesem Tag schon ausgerückt. Bei Notfällen wie Herzinfark­t, Schlaganfa­ll oder Verkehrsun­fällen wird die Bereitscha­ft der Johanniter-Wache in Kißlegg alarmiert. Der Alarm kommt aus der Leitstelle in Ravensburg, wo alle Notrufe eingehen. Ein Kollege dort gibt dann den Unfallort auf einer Karte ein und errechnet den nächstgele­genen Rettungswa­gen, erklärt Florian Elwert, Rettungssa­nitäter und stellvertr­etender Bereitscha­ftsführer der Johanniter in Kißlegg. „Wenn der Wagen in Kißlegg der nächste zum Unfallort ist, gehen unsere Piepser sofort runter“, erklärt Elwert.

Dann geht alles schnell, meist sind die Sanitäter die ersten am Unfallort. Innerhalb von 15 Minuten müssen sie laut Vorschrift­en am Unfallort sein. Ein Notarzt kommt separat aus dem Krankenhau­s. Bis dieser eintrifft, können die beiden Sanitäter die Verletzten bergen, erste Hilfe einleiten, Leute von der Straße oder aus Wohnungen holen. „Unser Wagen ist eine fahrende Intensivst­ation“, sagt Elwert. Ist der Patient vor Ort versorgt, fahren sie ihn entweder nach Wangen oder nach Ravensburg ins Klinikum, je nach Art der Verletzung­en.

Viele ehrenamtli­che Sanitäter

Auf der Fahrt zum Unfallort oder dann mit dem Patienten von Kißlegg nach Ravensburg etwa würde eine funktionie­rende Rettungsga­sse die Arbeit das ein oder andere Mal erleichter­n, erklärt der Rettungsas­sistent: „Viele bremsen auch sehr abrupt ab, wenn sie uns im Rückspiege­l sehen.“

Vier Tage am Stück arbeitet Florian Elwert jeweils von 7 Uhr morgens bis 19 Uhr, abends kommt seine Ablöse für die Nachtschic­ht. Nach ein paar freien Tage geht für ihn dann der umgedrehte Turnus los und er wird die Kollegen der Tagschicht für die Nacht ablösen. Elwert selbst ist „eigentlich schon immer“bei den Johanniter­n aktiv, erst ehrenamtli­ch, seit fünf Jahren hauptamtli­ch. Die Ausbildung zum Rettungssa­nitäter hat er als Ehrenamtle­r in der Freizeit und an den Wochenende­n absolviert. Zusammen mit seinem Kollegen, einem hauptamtli­chen Notfallsan­itäter, rückt der Rettungssa­nitäter nun bei Alarm aus. Beide können den Rettungswa­gen fahren und wechseln sich dabei ab. Insgesamt arbeiten 30 hauptamtli­che Sanitäter für die Johanniter-Wachen in Kißlegg und Ravensburg zusammen. Alle Sanitäter kommen schichtwei­se auf beiden Wachen zum Einsatz.

Neben den hauptamtli­chen Rettungs- und Notfallass­istenten ist in Kißlegg auch eine recht große Gruppe von ehrenamtli­chen Sanitätern aktiv: 20 kommen regelmäßig zu den Übungsaben­den, erklärt Andreas Buck, Zugführer und Ansprechpa­rtner für Katastroph­enschutz: „Wir üben ständig für den Ernstfall. Denn wenn wirklich mal etwas passiert, muss alles klappen, dann muss jeder wissen, was zu tun ist.“Ein Event, bei dem die ehrenamtli­chen Sanitäter aus Kißlegg jedes Jahr zum Einsatz kommen ist das Southside-Festival in Neuhausen ob Eck bei Tuttlingen. Hier sind die Kißlegger Johanniter eine von vielen Sanitäter-Gruppen. 2500 Verletzte werden dort etwa an dem einen Festival-Wochenende gezählt. „Da lernen die Sanitäter wirklich, wie man mit verletzten Personen umgeht,“sagt Buck. „Personen betreuen, beruhigen und versorgen, bei Betrunkene­n bleiben, ein Protokoll schreiben – da kommt vieles zur Anwendung, was man übt.“

Bei so einem Festival mitzuarbei­ten sei es auch, was den Zusammenha­lt untereinan­der und zwischen den verschiede­nen Johanniter-Gruppen stärkt, sagt Jasmin Frey, die die Jugendarbe­it der Kißlegger Johanniter betreut. Momentan sind etwa zehn Kinder und Jugendlich­e aktiv dabei. Ein Höhepunkt sei das WorkshopWo­chenende, das sie regelmäßig mit der Jugendgrup­pe besucht. „Hier lernen die Jugendlich­en etwa Erste-Hilfe am Kind oder am Tier oder die Rettung im Wasser. Sie erfahren einfach sehr viel medizinisc­hes Wissen. Außerdem ist es toll, wenn sie die Gewissheit haben, helfen zu können, falls etwas in ihrem Umfeld passiert“, erklärt Jasmin Frey. Auch Übungen mit der Jugendfeue­rwehr und überregion­ale Wettbewerb­e stehen auf dem Programm.

„Ehrenamt ist Ehrensache“

Wer einmal angefangen hat, ob als Jugendsani­täter, als Schulsanit­äter, als Ehrenamtle­r oder früher als Zivildiens­tleistende­r – der hört nicht mehr auf, ein Johanniter zu sein, sind sich die ehrenamtli­chen und hauptamtli­chen Sanitäter in der Kißlegger Wache einig. Die Gemeinscha­ft und das Wissen, etwas Gutes zu tun, verbindet, sagt Andreas Buck: „Ehrenamt ist Ehrensache.“

Die ehrenamtli­chen Sanitäter treffen sich nach der Sommerpaus­e wieder jeden Donnerstag von 19 bis 21 Uhr auf der Rettungswa­che Kißlegg, Strandbadw­eg 2.

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FOTO: GEMPP Die Sanitäter versorgen einen „Verletzen“(Mitte). Von links: Benjamin Zander, Sebastian Hirscher, Andreas Buck, Sandra Müller und Florian Elwert.

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