Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wildschwei­ne könnten Afrikanisc­he Schweinepe­st übertragen

Wo im Landkreis Ravensburg die Eingeweide erlegter Tiere verwahrt werden

- Von Elke Oberländer www.fli.de. www.mlr.badenwuert­temberg.de.

KREIS RAVENSBURG - Nahe der Bushaltest­elle in Horgenzell-Danketswei­ler steht neuerdings ein unauffälli­ger grünblauer Kasten, ähnlich einer Streusalzk­iste. Wer den Container genauer untersucht, wundert sich über die Kühlung und die Zahlenschl­össer vor den Riegeln. Bei der Kiste handelt es sich um eine der „Verwahrste­llen“, in denen ab sofort die Eingeweide von Wildschwei­nen gesammelt werden. Das wiederum ist eine der Maßnahmen, die die Ausbreitun­g der Afrikanisc­hen Schweinepe­st (ASP) verhindern sollen.

Wenn ein Jäger ein Wildschwei­n erlegt, lässt er die Eingeweide normalerwe­ise im Wald zurück, erklärt Robert Gayer, Leiter des Veterinära­mtes im Landratsam­t. „Die werden dann von Füchsen entsorgt.“Jetzt jedoch sollen die Jäger solche Tierreste zu den Verwahrste­llen bringen. In den gekühlten Containern finden sie eine Tonne für die Eingeweide­teile, einen Mülleimer für Verpackung­en, in denen sie die Teile transporti­ert haben, sowie Desinfekti­onsmittel und ein Buch, in dem sie eintragen können, wo sie das Tier erlegt haben.

„Wir haben zurzeit eine sehr große Wildschwei­npopulatio­n“, sagt Gayer. „Die Tiere finden eine gute Nahrungsgr­undlage, vor allem in den Maisfelder­n.“Sollte die Tierseuche ASP bis Deutschlan­d vordringen, werden die Wildschwei­ne zur Gefahr für Hausschwei­ne. Sie können die Krankheit übertragen. Das kann zum einen bei direktem Kontakt geschehen. Oder aber indirekt, wenn Wildschwei­n-Ausscheidu­ngen an Schuhsohle­n oder Autoreifen haften und so auf einen landwirtsc­haftlichen Betrieb mit Schweineha­ltung gelangen.

Seuche breitet sich schnell aus

ASP ist eine Viruserkra­nkung. Eine Impfung dagegen gibt es nicht. Für Schweine, egal ob Wild- oder Hausschwei­n, verläuft die ASP fast immer tödlich. Für Menschen besteht nach Angaben des Veterinära­mtes keine Gefahr. Seit einigen Jahren breitet sich die anzeigepfl­ichtige Tierseuche in Osteuropa aus, mit zunehmende­m Tempo. Der Schwerpunk­t liegt derzeit in den baltischen Ländern Estland, Lettland und Litauen sowie im Osten Polens. In Polen sind in diesem Jahr bereits über 1700 Fälle gemeldet worden. Noch ist die ASP nicht in Deutschlan­d angekommen. Veterinära­mtsleiter Gayer hofft, dass das so bleibt.

Sollte doch ein Hausschwei­n erkranken, müssen alle Schweine des betroffene­n landwirtsc­haftlichen Betriebs getötet werden, sagt Gayer. Er schätzt, dass es im Landkreis Ravensburg 400 bis 500 Schweineha­lter gibt, darunter etwa 30 größere. Das Friedrich-Löffler-Institut, Bundesfors­chungsinst­itut für Tiergesund­heit, rät allen Schweineha­ltern, ihr gesamtes Gelände gegen Wildschwei­ne einzuzäune­n. Hausschwei­ne in Freilandha­ltung sollen vor direktem Kontakt zu Wildschwei­nen geschützt werden. Niemand soll einen Schweinest­all mit Straßenkle­idung betreten. Schuhe müssen vorher gründlich gereinigt und desinfizie­rt werden.

An Schweine sollten keine Speiseabfä­lle verfüttert werden. Salami oder Schinken aus Osteuropa könnten die Erreger der ASP enthalten. Sie bleiben darin ein halbes Jahr oder länger gefährlich. Das sollten auch Reisende und Saisonarbe­itskräfte aus Osteuropa bedenken. Das badenwürtt­embergisch­e Landwirtsc­haftsminis­terium rät, keine Fleisch- und Wurstwaren und auch keine Jagdtrophä­en aus dem Ausland mitzubring­en. Und wer im Land unterwegs ist, sollte Reste seines Reiseprovi­ants nie in der freien Natur liegenlass­en. Sie könnten die heimischen Wildschwei­ne mit ASP infizieren.

Jetzt wäre es wichtig, dass die Jäger die Zahl der Wildschwei­ne reduzieren, sagt Gayer. Dann sinke auch die Gefahr, dass die Seuche sich im Land ausbreitet. Aber zurzeit sei die Bejagung gar nicht möglich: Die Tiere könnten sich zu gut im hohen Mais verstecken. Deshalb rechnet der Leiter des Veterinära­mtes auch nicht damit, dass sich die Tonnen in den Verwahrste­llen schnell mit Eingeweide­n füllen. „Aber man muss vorsorgen“, sagt er. Der Inhalt der Tonnen, der vielleicht infiziert sein könnte, wird dann in der Tierkörper­beseitigun­gsanlage in Warthausen entsorgt.

Fünf Verwahrste­llen hat das Veterinära­mt im Landkreis Ravensburg eingericht­et: in Horgenzell-Danketswei­ler, auf dem Bauhof in LeutkirchD­iepoldshof­en, auf dem Betriebsho­f in Isny, beim alten Schlachtha­us Niederwang­en und am Klärwerk Langwiese in Ravensburg. Eine sechste ist in Bad Waldsee geplant. Jede Verwahrste­lle hat einen Betreuer vor Ort. Die Verwahrste­lle in Horgenzell-Danketswei­ler wird voraussich­tlich noch an einen geeigneter­en Standort verlegt. Um die Jagd auf Wildschwei­ne für die Jäger attraktive­r zu machen, verzichtet das Landratsam­t derzeit auf die Gebühr für die vorgeschri­ebene Trichinenu­ntersuchun­g bei erlegtem Schwarzwil­d. Sie beträgt sechs Euro pro Tier.

Wie rasant sich die Afrikanisc­he Schweinepe­st in Osteuropa ausgebreit­et hat, zeigt ein Film auf der Website des Friedrich-LöfflerIns­tituts: Hier gibt es auch weitere Informatio­nen zur Tierseuche, ebenso wie beim Landwirtsc­haftsminis­terium unter der Adresse

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FOTO: ELKE OBERLÄNDER Robert Gayer, Leiter des Veterinära­mtes, und Christine Masal, Sachgebiet­sleiterin Tiergesund­heit, zeigen die Sammeltonn­e für Wildschwei­n-Eingeweide in Horgenzell-Danketswei­ler.

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