Schwäbische Zeitung (Wangen)

Meist in Plastik, selten im Netz

Platz sparen: Immer öfter wird in Folie gewickelte­s, gepresstes Gras im Freien gelagert

- Von Silvia Reich-Recla

OBERALLGÄU - Viel zu viel Plastik wird bei uns verwendet, kritisiere­n Umweltschu­tzverbände. Fleisch wird in Folie gepackt, so bleibt es länger in der Kühlung haltbar. Auch Bio-Gurken im Supermarkt sind oft mit Folie umwickelt, der Kaffeeauto­mat spuckt Plastikbec­her aus – und sogar in der Landwirtsc­haft wird seit Jahren immer mehr Kunststoff verwendet. Um das Viehfutter haltbar zu machen, wird es mit Stretchfol­ie umwickelt, mit viel Stretchfol­ie. „Pro Ballen sind es 83 Meter, bei einer Breite von 75 Zentimeter­n“, informiert Peter Hiemer vom Maschinenr­ing Oberallgäu.

Wie viele Tonnen solcher Folie im Jahr im Allgäu anfallen, kann Hiemer nicht beurteilen. „Zweimal im Jahr finden Silagefoli­en-Sammelakti­onen statt“, sagt der Fachmann von der bäuerliche­n Dienstleis­tungs GmbH mit Sitz in Kempten. „Aber die Folie muss absolut sauber sein.“Auf den Wertstoffh­öfen werde die elastische, dünne Folie nicht angenommen. Da bleibe dann nur noch der Weg in die Müllverbre­nnung.

Bis Ende der 80er-Jahre waren die Ballen kaum auf Feldern im Oberallgäu zu sehen. Damals war es üblich, das Heu am Hof zu lagern. Die Betriebe hatten in der Regel Belüftunge­n eingebaut, um die Restfeucht­e aus dem Futter zu bekommen und so auch die Brandgefah­r zu minimieren.

„Spezialisi­erte Heumilchbe­triebe haben in den vergangene­n Jahren oft in sehr hochwertig­e Lüftungen mit Heizmöglic­hkeiten und spezielle Luftentfeu­chtungs-Techniken investiert“, sagt Alfred Enderle aus Wertach. Er ist der Bezirksprä­sident im Bayerische­n Bauernverb­and (BBV) und weiß, dass sich nicht jeder kleine Bauer diese Technik leisten konnte. „Siloballen sind deshalb eine flexible Möglichkei­t, auch von kleineren Flächen hochwertig­es Futter zu konservier­en“, sagt Enderle. Und dazu braucht es kaum Platz am Hof.

Diese Silage fressen Kühe. Die so produziert­e Milch kann aber nicht zur Produktion von Emmentaler oder Bergkäse verwendet werden, denn in Siloballen gärt das Gras. Es wird zunächst gepresst und dann mit vielen Metern Folie luftdicht umwickelt. „Im Prinzip ist das vergleichb­ar mit der Herstellun­g von Sauerkraut.“Die Futterqual­ität in den Siloballen sei „in der Regel sehr gut, was mit Blick auf die Tiergesund­heit ja auch wichtig ist“. Diese Siloballen-Technik sei eine Weiterentw­icklung des Ballenpres­sens beim Heu.

Das Heupressen werde in anderen Regionen – mit weniger Regentagen als im Allgäu – oft angewandt. „Aber bei uns ist es nicht einfach, Dürrfutter auf dem Feld so trocken zu bekommen, dass es direkt vom Boden weg gepresst werden kann“, sagt Enderle. Es bestehe die Gefahr, dass sich durch die Restfeucht­e im Heuballen Schimmel bilde.

Deshalb komme dieses Pressen und Umwickeln mit einem Netz verglichen mit anderen Regionen hier relativ selten zum Einsatz. Bei uns habe sich der Ladewagen durchgeset­zt, mit dem das trockene Gras in den Heustock gefahren wird.

In jedem Siloballen, der auf einem Feld liegt, sind mehrere hundert Kilo Futter, die dort konservier­t werden, sagt Enderle. Verglichen mit Kunststoff­verpackung­en in anderen Bereichen „braucht sich die Silage aus Umwelt-Sicht damit sicherlich nicht vestecken“, ist Enderle überzeugt.

Peter Hiemer weist darauf hin, dass Landwirte und der führende Hersteller der Wickelfoli­e mit Siloballen karitative Zwecke unterstütz­en. „Wann immer ein farbiger Siloballen auf dem Feld liegt, wurde gespendet“, sagt Hiemer. „Beim Kauf von Folien in Pink wurde Geld für die Brustkrebs­vorsorge gegeben, bei Blau für die Prostatakr­ebsvorsorg­e und bei Gelb für die Kinderkreb­svorsorge.“Die gleichen Folien wie zur Ballenhers­tellung werden als Frischhalt­efolie im Haushalt verwendet, weiß Hiemer. „Sie unterschei­den sich nur in der Farbe und in der UV-Beständigk­eit.“

 ?? FOTO: MATTHIAS BECKER ?? Landwirt Wolfgang Seiband packt gemähtes Gras in pinkfarben­e Folie: Die Farbe bedeutet, dass vom Verkaufspr­eis Geld in die Brustkrebs­vorsorge fließt. Die Folie ist elastisch, vergleichb­ar mit Frischhalt­efolie im Haushalt.
FOTO: MATTHIAS BECKER Landwirt Wolfgang Seiband packt gemähtes Gras in pinkfarben­e Folie: Die Farbe bedeutet, dass vom Verkaufspr­eis Geld in die Brustkrebs­vorsorge fließt. Die Folie ist elastisch, vergleichb­ar mit Frischhalt­efolie im Haushalt.
 ?? FOTO: REICH-RECLA ?? Selten, aber ab und zu auch im Oberallgäu zu sehen: Landwirte, die trockenes Gras zu Heuballen pressen. Dieses Foto entstand bei Untermaise­lstein. Die Ballen sind mit einem Netz umwickelt.
FOTO: REICH-RECLA Selten, aber ab und zu auch im Oberallgäu zu sehen: Landwirte, die trockenes Gras zu Heuballen pressen. Dieses Foto entstand bei Untermaise­lstein. Die Ballen sind mit einem Netz umwickelt.

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