Von Tokio nach Kißlegg
Künstler Kenji Aoki ist zum Arbeiten und Ausstellen ins Neue Schloss in Kißlegg gezogen
Künstler Kenji Aoki ist zum Arbeiten und Ausstellen im Neuen Schloss.
KISSLEGG - Hohe, lichtdurchflutete Räume, darüber barocke Deckengemälde und Stuck, dazu der Ausblick auf den Schlosspark und den Rathausplatz: Dass es sich hier angenehm arbeiten lässt, wird schnell deutlich: Seit einer Woche residiert der Künstler Kenji Aoki im Justitiasaal des Neuen Schlosses in Kißlegg.
„Es ist schön“, sagt der 35-jährige Japaner über sein momentanes Atelier im Rahmen des Projekts „Artist in Residence“. Darin sieht er eine „große große Möglichkeit“. Vom Verkehr, der auch im zweiten Obergeschoss des Schlosses gut hörbar ist, lässt er sich in seiner Konzentration nicht stören.
Er ist daran gewöhnt: Seit 2017 wohnt er in der Schlossstraße. Dort ist auch sein eigentliches Atelier, in dem er etwa sieben Gemälde im Monat anfertigt. Dabei setzt er sich kein geringeres Ziel als „die Natur des Menschen“abzubilden.
Dies versucht er, indem er Naturformen und Erdtönen starke Farben und geometrische Elemente entgegensetzt: „Ich will kommentieren, wie sich die Welt verändert, und das tut sie ständig.“Geometrische und expressionistische Abstraktion will er koexistieren lassen. Im Schloss hat er vor, den großen Raum zu nutzen, der ihm zur Verfügung steht. Es sollen große Leinwände bemalt werden.
Künstler war Aoki jedoch nicht immer: Ursprünglich interessierte er sich für Naturwissenschaften und studierte diese auch. Die Bibliothek, die er dafür in Tokio regelmäßig aufsuchte, befand sich allerdings in einem Museum. „Ich war also jeden Tag von Kunst umgeben“, so der Japaner. Einmal pro Woche sei dann auch der Eintritt zum Museum frei gewesen. Auf diese Weise kam er zur Kunst und verliebte sich in sie. „Dann wechselte ich ziemlich schnell von der Physik zur Kunst.“Inzwischen ist er Doktor in Fine Art, arbeitete unter anderem in New York und hat bereits Kunst unterrichtet.
Der Liebe wegen nach Kißlegg gekommen
Warum es den Japaner nach Kißlegg zog? Der Liebe wegen: Seine Frau kommt gebürtig aus Bad Tölz und arbeitet im württembergischen Allgäu als Musiklehrerin. Der Umzug sei für ihn kein großes Problem gewesen. „Ich kann überall arbeiten“, ist sich der freischaffende Künstler sicher und lächelt. Im Schloss zu arbeiten sei „komfortabel“.
Eingeladen hierzu wurde er von Schultes Dieter Krattenmacher. Aoki erläutert: „Er sagte zu mir, da ist Platz in einem Schloss.“Der Gedanke, dort zu arbeiten, gefiel dem Künstler, schließlich seien viele europäische Museen in Schlössern. „Hier zu arbeiten und auszustellen ist wundervoll.“
Dass es sich beim Kißlegger Schloss um ein Kleinod mitten in der Provinz handelt, stört ihn nicht. Im Gegenteil: „Große Städte haben eine Shoppingmeile im Zentrum. Diese Konsumkultur in der Form gibt es hier nicht“, stellt er fest. In Kißlegg könne er sich voll auf die Kunst kon- zentrieren. Das sei für Künstler ein wichtiger Punkt, erklärt Aoki.
Auch hofft der Japaner, dass nach ihm noch weitere Kunstschaffende ins Schloss einziehen. Dabei ist er ambitioniert: „Ich hoffe, dieses Projekt macht Kißlegg zu einem großen Kulturzentrum im Allgäu. Ich denke das ist möglich.“
Noch bis zum 7. Oktober hat der Künstler Kenji Aoki immer freitags von 14 bis 16 Uhr sowie sonn- und feiertags von 13 bis 17 Uhr die Türen seines Ateliers im Schloss geöffnet.