Schwäbische Zeitung (Wangen)

Saft aus eigenen Äpfeln schmeckt am besten

Mostereien im Kreis beginnen zehn Tage früher als sonst mit dem Pressen

- Von Elke Oberländer

HORGENZELL - Seit einigen Tagen nehmen die Mostereien wieder Äpfel an. Wer sein Obst abgibt, bekommt meist Gutscheine, für die er im Lauf des Jahres verbilligt Apfelsaft kaufen kann. Saft aus den eigenen Äpfeln gibt es meist nur bei größeren Mengen, zum Beispiel ab einer Tonne. Die Mosterei von Markus und Veronika Bentele in Geratsberg dagegen hat sich auf Kleinmenge­n spezialisi­ert: Ab Hundert Kilo Äpfeln bekommen die Kunden den Saft aus ihren eigenen Früchten. Wer fünf Kisten Äpfel aufliest, hat die hundert Kilo bereits beisammen.

Familie Heep aus Ravensburg hat einen großen, uralten Apfelbaum im Garten. Eltern und Kinder haben zusammen 150 Kilo kleine grüne Äpfel aufgelesen. Jetzt stehen sie auf dem Hof der Mosterei in Geratsberg um ihren Autoanhäng­er und raten, wie viel Saft die Äpfel wohl ergeben. Die Tipps gehen weit auseinande­r. Dann schauen alle fragend zu Moster Markus Bentele. Der rechnet vor: Hundert Kilo Äpfel ergeben etwa 70 Liter Saft. Dann ergeben 150 Kilo etwa Hundert Liter Saft. Das macht 20 Kartons zu je fünf Liter.

Wegen der Trockenhei­t sind die Äpfel in diesem Jahr meist kleiner als sonst, berichtet der Moster. „Aber die inneren Werte sind super.“Dank des vielen Sonnensche­ins enthalten die Äpfel mehr Zucker als in anderen Jahren. „Das gibt süßen Saft.“Manche Äpfel haben sogar Sonnenbran­d: Braune Stellen, die beim Draufdrück­en weich nachgeben. Beim Saftpresse­n stört das nicht, sagt Bentele. Anders sieht es aus, wenn Äpfel Faulstelle­n haben. Solche Früchte dürfen nicht in die Saftpresse.

Vielseitig­keit ist wichtig

Zurzeit bringen die Kunden die frühen Apfelsorte­n: Oberländer, Gravenstei­ner und bald auch Elstar. Bentele baut auch selber Äpfel an. Außerdem hat er Kirschbäum­e und eine Brombeerpl­antage. Dazu kommt der Hofladen, in dem es Saft gibt, Apfelchips aus eigenen Äpfeln und jeden Freitag frischgeba­ckenes Steinofenb­rot auf Bestellung. „Man muss vielseitig sein“, sagt der Landwirt. Auch wenn die größere wirtschaft­liche Sicherheit mit einer enormen Arbeitsbel­astung einhergehe. „Urlaub gibts bei uns nicht viel“, sagt Bentele. „Wir haben immer eine Sechs-Tage-Woche, und in der Saison eine SiebenTage-Woche.“

Eine besondere Spezialitä­t in Benteles Apfelplant­age ist die Sorte „Opal“. Eigentlich ein unauffälli­ger, gelber Apfel. Aber der Saft ist sehr süß und mild, er schmeckt, als hätte jemand zusätzlich Ananas- und Birnensaft eingemisch­t. „Viele Leute, die sonst keinen Apfelsaft vertragen, können den Opal-Saft trinken“, berichtet Veronika Bentele. Er sei magenfreun­dlicher, sagten Kunden. „Vielleicht, weil er so mild ist und wenig Fruchtsäur­e enthält.“

Sortenrein­en Apfelsaft kaufen Benteles Kunden vor allem zur Abwechslun­g. Auch der Moster selber findet, dass Saft aus gemischten Apfelsorte­n am besten schmeckt. Viele Kunden, die mosten lassen, haben ihre eigenen Spezialrez­epte: Die einen mischen Birnen unter die Äpfel, bei anderen muss eine Handvoll Schlehen dazu, wieder andere setzen auf einen kleinen Anteil Quitten. Was dem Moster auch gefällt: „Der Saft ist jedes Jahr anders – wie die Jahrgänge beim Wein.“

Mischungen sind beliebt

Beliebt sind auch Mischungen von Apfelsaft mit Holunder-, Kirschoder Johannisbe­ersaft. Zusätzlich läßt Bentele Saft zu Most vergären. Der weiße Most entsteht aus reinem Apfelsaft, der rote Most hat noch Kirsch- und Holundersa­ft dabei. Jetzt im Sommer dauert es etwa acht Wochen, bis der Saft vergoren ist. Den Most gibt es wie den Saft im Fünf-Liter-Schlauchbe­utel im Pappkarton. Einmal angebroche­n, sind Saft oder Most im Beutel acht Wochen lang haltbar. Denn wenn gezapft wird, zieht sich der Schlauch zusammen, sodass keine Luft eindringt.

Inzwischen verfolgt Familie Heep gespannt, wie ihre Äpfel nach und nach in der Bandpresse verschwind­en. Hinten fällt fester Trester auf ein Förderband. Unter dem Bauch der Maschine sammelt sich der frische Apfelsaft und fließt in einen Schlauch. Zeit für die erste Kostprobe. Während Eltern und Kinder an ih- ren Gläsern nippen, nimmt Moster Bentele eine kleine Saftprobe ins Refraktome­ter. Das Gerät sieht aus wie ein Fernglas. Bentele hält es ins Licht, schaut hinein und liest ab: 48 Grad Oechsle. Die Oechslegra­de geben Auskunft darüber, wie süß der Saft ist. Und was heißt das jetzt – 48 Grad Oechsle? „Die Äpfel hätten noch ein bisschen hängen können“, sagt Bentele. Dann wäre der Saft süßer. Familie Heep will davon nichts hören: Sie haben jetzt Urlaub und Zeit zum Auflesen. Und außerdem fallen die Äpfel bereits vom Baum, berichten sie. Sorgen, dass ihnen der Saft zu sauer ist, haben Eltern und Kinder nicht. „Der schmeckt auf jeden Fall“, sagt Mutter Heep. Sie und ihre Familie wird der Saft immer an den schönen Tag erinnern, als sie die Äpfel aufgelesen haben und zu Besuch in der Mosterei waren.

Benteles Hofladen in Geratsberg nahe der Landstraße 288 ist montags, mittwochs und freitags von 14 bis 18 Uhr geöffnet, außerdem freitags von 11 bis 12.30 Uhr sowie samstags von 9 bis 12 Uhr.

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FOTO: ELKE OBERLÄNDER Wie viel Saft mögen die Äpfel wohl ergeben? Beim Schätzen liegen die Mitglieder der Familie Heep weit auseinande­r.

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