Schwäbische Zeitung (Wangen)

In einem Land vor unserer Zeit

Im bildgewalt­igen Eiszeitabe­nteuer „Alpha“freundet sich ein alleingela­ssener Junge mit einem Wolf an

- Von Stefan Rother

Ziemlich beste Freunde im Jungpaläol­ithikum: „Alpha“erzählt wie die besondere Beziehung zwischen Mensch und Hund begonnen haben könnte. Der Film ist in der letzten Eiszeit vor rund 20 000 Jahren angesiedel­t, doch obwohl sie sich in einer mit Untertitel­n verständli­ch gemachten Fantasiesp­rache unterhalte­n, wirken unsere Vorfahren hier für ein heutiges Publikum erstaunlic­h zugänglich. Filmemache­r Albert Hughes („The Book of Eli“) ist aber auch nicht an einer möglichst akkuraten Annäherung an die ferne Zeit interessie­rt, sondern will vor allem eine klassische Abenteuerg­eschichte erzählen. Und das gelingt ihm ausgesproc­hen gut.

Parallelen zum Oscar-Erfolg „The Revenant – Der Rückkehrer“drängen sich auf, allerdings ist „Alpha“die klar familienfr­eundlicher­e Geschichte. Im Mittelpunk­t steht Keda (Kodi Smit-McPhee) – und der steht vor einem einschneid­enden Wendepunkt in seinem jungen Leben: Zum ersten Mal darf der Sohn von Tau (Jóhannes Haukur Jóhannesso­n) mit den Männern seines Stammes auf die Bisonjagd gehen. Sein Vater ist mächtig stolz, auch wenn der Sprössling beim Töten von Tieren noch Hemmungen zeigt. Als die Männer auf eine beachtlich­e Bisonherde stoßen, scheinen die Vorräte für den nächsten Winter gesichert. Bei der Jagd wird Keda von einem Tier attackiert und stürzt eine Klippe hinunter. Tau ist untröstlic­h, muss aber seinen vermeintli­ch toten Sohn zurücklass­en. Als dieser erwacht, ist er allein auf sich gestellt – und hat einen langen Heimweg vor sich.

Soweit, so „Revenant“, allerdings bekommt Keda auf seiner Reise unerwartet­e Gesellscha­ft: Als er von Wölfen angegriffe­n wird, wehrt er sich und verletzt eines der Tiere, das von seinem Rudel zurückgela­ssen wird. Der junge Mann hat Mitleid mit dem Tier und bemerkt bald, dass dieses ihm bei der Jagd äußerst behilflich sein kann. Auch erinnert Keda sich an die Worte seines Vaters über die Rolle des Alphatiers im Wolfsrudel und macht dem Tier schnell klar wer das Sagen hat. Dennoch bauen die beiden eine enge Bindung auf.

Hundeliebh­aber kommen bei dem Film vermutlich besonders auf ihre Kosten, aber kaum ein Besucher dürfte bestreiten, dass „Alpha“über weite Strecken phantastis­ch aussieht. Das ist vor allem den Naturaufna­hmen in Kanada zu verdanken – bei den Computeref­fekten hat man dagegen gelegentli­ch etwas arg dick aufgetrage­n und lässt schonmal kitschig die Milchstraß­e funkeln. Bei der eigentlich­en Handlung ist dagegen Reduktion angesagt und das bekommt dem Film ausgesproc­hen gut: Die Vorgeschic­hte der Jagd, der Unfall und Kedas langer Weg zurück werden in schlanken eineinhalb Stunden abgehandel­t. Und auch wenn bisweilen Erinnerung­en an liebgewonn­ene frühere Disney-Tierfilme wach werden, verzichtet Hughes weitgehend auf die süßliche Vermenschl­ichung seines tierischen Hauptdarst­ellers. All das macht „Alpha“zu einem vielleicht nicht immer herausrage­nden aber doch ziemlich einzigarti­gen Filmerlebn­is – das man auf der größtmögli­chsten Leinwand genießen sollte.

Alpha. Regie: Albert Hughes. Mit: Kodi Smit-McPhee, Jóhannes Haukur Jóhannesso­n, Marcin Kowalczyk. USA 2018. 96 Minuten. FSK ab 12.

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FOTO: DPA Kodi Smit-McPhee als Keda in einer Szene des Films „Alpha“.

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