Schwäbische Zeitung (Wangen)

Totalverlu­st statt acht Prozent Zinsen

Zehn Allgäuer ließen sich zu riskanten Anlagen überreden – Jetzt fühlen sie sich betrogen und klagen vor Gericht

- Von Michael Munkler

OBERALLGÄU - Zu hochriskan­ten Geldanlage­n haben sich zehn Allgäuer überreden lassen. Ihre gesamten Anlagen in Höhe von mehreren 100 000 Euro seien jetzt höchstwahr­scheinlich verloren, schildert ein Oberallgäu­er Hotelier, der nach eigenen Angaben zu den Geschädigt­en gehört. „Die meisten der betroffene­n Anleger haben sich entschloss­en, Strafanzei­ge zu erstatten“, heißt es von der Deutschen Finanz Recherche, die den Fall aufdeckte.

Der 49-Jährige Hotelier hatte im Sommer 2013 eine Informatio­nsveransta­ltung über eine angeblich lukrative Geldanlage in Kempten besucht. Der überzeugen­d auftretend­e und rhetorisch gewandte Redner aus dem Unterallgä­u habe im Namen eines Karlsruher Geldanlage-Unternehme­ns gesprochen und dessen Produkte angeboten. Der 49-jährige Hotelier ließ sich überzeugen, wie auch mehrere andere Allgäuer. Es kam zu weiteren Gesprächen mit dem Finanzbera­ter. Der bot den an einer Geldanlage interessie­rten Kunden auch Beteiligun­gen an einem Unternehme­n im Energieber­eich an.

„Die Konditione­n waren überaus verlockend“, schildert der Hotelier. Für Einlagen ab 20 000 Euro sollte es acht Prozent Zinsen geben, für niedrigere Beträge immerhin fünf Prozent.

„Hochriskan­te Beteiligun­gen“

Einige Anleger kündigten sogar vorzeitig Lebenversi­cherungsve­rträge oder Bausparver­träge, um liquide zu sein und möglichst viel Geld vermeintli­ch lukrativ anzulegen. „Ich habe nach einer Geldanlage für meine minderjähr­igen Kinder gesucht und 20 000 Euro angelegt“, berichtet der Oberallgäu­er. Viel härter habe es aber beispielsw­eise eine Unterallgä­uerin getroffen, die ihre gesamten Rücklagen fürs Alter investiert­e.

Nach Vertragsab­schluss erhielt der Hotelier tatsächlic­h immer wieder Zahlungen. Er sei davon ausgegange­n, dass es sich um Zinsen handelt, berichtet der Mann. Als nichts mehr kam, wurde er misstrauis­ch, forschte nach und schaltete Helmut Kapferer von der Deutschen Finanz Recherche GmbH in Freiburg ein. Der ging der Sache nach und fand bald heraus, dass die „hochriskan­ten Unternehme­nbeteiligu­ngen“aufgrund fehlgeschl­agener Investitio­nen als „weitgehend wertlos anzusehen sein dürften“. Zu Deutsch: Alles sieht danach aus, dass die Anleger von ihrem Geld keinen Cent mehr sehen werden. Zehn Geschädigt­e aus dem Allgäu schlossen sich zusammen und schalteten einen Rechtsanwa­lt ein. Nur gemeinsam sei man stark, meint der Hotelier. „Schließlic­h müssen wir als unerfahren­e Anleger unsere Rechte gegen eine streitgewo­hnte Phalanx durchsetze­n“.

Der Finanzbera­ter ist nach Angaben eines Geschädigt­en längst nicht mehr bei dem Karlsruher Unternehme­n angestellt und die Firma lehnt jede Haftung ab. Schließlic­h habe ihr früherer Mitarbeite­r Produkte eines anderen Anbieters verkauft. Dennoch klage man jetzt gegen den Karlsruher Anbieter, sagt Finanz Recherche-Geschäftsf­ührer Kapferer. In fünf Fällen sei das bereits erfolgt. Nach seinen Worten könnte die gesamte Schadenssu­mme auch noch deutlich höher sein und sich zu einem Millionenb­etrag addieren.

Beratungs- und Anwaltskos­ten

Beratungs- und Anwaltskos­ten eingerechn­et, beziffert der Oberallgäu­er Hotelier seinen Schaden auf inzwischen mindestens 25 000 Euro. Ein Fall ist inzwischen schon vor Gericht in Freiburg verhandelt worden. Ein Urteil sei aber noch nicht gefallen. Weitere Prozesse sind anhängig.

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