Vom Gefängnis auf die Anklagebank – und zurück
Richter verurteilt 32-Jährigen wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu einem Jahr und zwei Monaten Haft
KEMPTEN (sir) - Autos, Mobiltelefone, Navigationssysteme: Er habe in den vergangenen Jahren „geklaut wie ein Rabe“, warf der Richter dem 32jährigen Angeklagten vor. Der Litauer musste sich jetzt wegen seiner jüngsten Tat erneut vor Gericht verantworten: wegen des Diebstahls zweier hochwertiger Fahrräder. Direkt aus dem Gefängnis ging es für den jungen Mann auf die Anklagebank und gleich nach der Verhandlung wieder dorthin zurück. Für ein Jahr und zwei Monate. Bei der Fülle der Straftaten ging das Kemptener Amtsgericht von gewerbsmäßigem Handeln aus.
Bei der Gartenarbeit wurde ein 50-Jähriger vergangenen November stutzig: Er entdeckte, dass das Fenster seiner Garage herausgerissen worden war. Seine Mutter erinnerte sich, in der Nacht zuvor von einem Geräusch wach geworden zu sein. Dann stellte der Geschädigte Einbruchsspuren fest, zwei Fahrräder im Gesamtwert von rund 5000 Euro fehlten. Die Polizei konnte DNASpuren des Täters sicherstellen.
Einige Zeit später ergab die Auswertung einen Treffer. Der Litauer saß Anfang des Jahres wegen anderer Vergehen in der JVA Essen ein. Auf ihn aufmerksam wurden die Beamten allerdings erst zwei Tage nach seiner dortigen Entlassung. Seinem Schicksal entging er dennoch nicht: Er wurde geschnappt und nach Kempten überführt. Eine Aussage zu seinem jüngsten Einbruch wollte er vor Gericht zunächst nicht machen.
Unbeteiligt hörte er sich die Anklage der Staatsanwaltschaft an, die eine Dolmetscherin für ihn übersetzte. Erst nach einem kurzen Gespräch mit seinem Anwalt ließ er mitteilen: Das Geräusch, das die Mutter geweckt habe, sei vom Dach fallender Schnee gewesen. Er habe bei seinem Einbruch niemanden beim Schlafen gestört. Er gab zu, die Tat begangen zu haben und betonte: Der Leidtragende sei die Versicherung gewesen, die dem Geschädigten den Wert der Räder ersetzt habe.
„Was haben Sie mit den Rädern gemacht?“, wollte der Richter wissen. Er habe sie nach NordrheinWestfalen gebracht und wollte sie für sich behalten, gab der 32-Jährige an. Dann aber habe ihn ein Fremder auf der Straße gefragt, ob er Fahrräder zu verkaufen hätte und da habe er sie ihm für 1000 Euro überlassen. „Woher wusste der Mann von den Rädern, hatten Sie die unterwegs dabei?“, fragte der Richter weiter. Die Antwort: Nein. „Manchmal gibt es eben einfach Zufälle.“
Zehn Einträge hat der 32-Jährige im Bundeszentralregister. Seit 2012 ist er regelmäßig in Deutschland auffällig geworden. Mal hat er Handys gestohlen oder Autos aufgebrochen. Eine Zeit lang habe er in Holland gearbeitet und seiner Frau Geld nach Litauen geschickt, gab der Täter an. In den Niederlanden sei er aber nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten. „Warum klauen Sie in Deutschland so viel, und dort offenbar nicht?“, fragte der Richter. Nun, in Holland sei er ja nicht so lang gewesen.
Dass er geständig war, kam dem Angeklagten letztlich zugute. Ansonsten, betonte der Richter, hätte er mit mindestens zwei Jahren Haft rechnen müssen. So aber kam er mit einem Jahr und zwei Monaten davon – ohne Bewährung. Ein bereits bestehender Haftbefehl wurde aufrecht erhalten.